Was ist eigentlich Propaganda?

Erörterung zum Thema Bewusstsein

von  EkkehartMittelberg

1. Begriffsdefinition von Propaganda

Es ist pragmatisch, zwischen Propaganda, Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) und Produktwerbung zu unterscheiden, obwohl ihnen eine wesentliche Zielsetzung gemeinsam ist: Die für sie arbeitenden Gruppen/ Institutionen versuchen die Meinungen, Wertschätzungen, Denkrichtungen und Verhaltensweisen großer Menschenmengen vorzugsweise durch den Appell an Emotionen oder weitergehend durch Manipulation (Schwendinger) zu beeinflussen.

Propaganda zielt vornehmlich auf die Verbreitung und/oder Diskriminierung von Ideen, Ideologemen und Ideologien ab, um die Handlungsbereitschaft ihrer Adressaten in eine bestimmte politische Richtung zu lenken.

Öffentlichkeitsarbeit ist eher wirtschaftlich orientiert. Sie soll für das Produkt bzw. die Dienstleistung der eigenen Firma bzw. Gruppe durch Sprache, Handlung oder sichtbare Symbole eine günstige öffentliche Meinung schaffen. (Vgl. Wikipedia: Öffentlichkeitsarbeit)

Die Produktwerbung ist wie Öffentlichkeitsarbeit auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet. Es geht um den Absatz von Waren und Dienstleitungen.

Bei dieser groben Unterscheidung darf aber nicht übersehen werden, dass Propaganda, Öffentlichkeitsarbeit und Produktwerbung nur auf dem Hintergrund bestimmter Ideologeme der Lebensführung (zum Beispiel American way of life) erfolgreich wirken können.

Die wichtigsten kurz umrissenen Charakteristika der Propaganda lauten:

- Engagement in kontroversen Fragen,
- zielgerichtete bewusste Strategie,
- Beeinflussung in verschiedenen Bereichen der Öffentlichkeit (politischer, wirtschaftlicher, kultureller, religiöser),
- Appell an größere Menschenmengen,
- Meinungsbeeinflussung mit dem Ziel, letztlich Verhalten und Handeln der Adressaten zu lenken,
- Parteien, Verbände, Staaten, Religionsgemeinschaften sind Träger der Propaganda.

2. Abriss der Geschichte der Propagandasprache

Wenngleich Grundtechniken der PS. schon im Altertum entwickelt wurden, z. B. durch den griechischen Sophisten Isokrates (436 v. Chr.), durch den römischen Redner M. T. Cicero (106-43 v. Chr.), wurde die für das 20. Jh. typische Rhetorik der PS., von den streitenden Parteien je nach Bedarf gehandhabt, erst in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. ausgebildet. "Begriffe wie Sprachlenkung, Sprachregelung, Sprachmissbrauch, Umdeutung und Umwertung von Wortinhalten, ideologische Bedeutungsdifferenzierung, politischer Euphemismus, Diffamierung durch verbale Assoziation, Schlagwort etc. lassen sich auf die Zeit der Französischen Revolution in grundsätzlich gleicher Weise anwenden wie auf die Sprache des Nationalsozialismus." (Dieckmann).

Seit in der Französischen Revolution die Forderung aufgestellt worden war, dass sich politische Herrschaft durch und vor dem Willen des Volkes legitimieren müsse, versuchten unterschiedliche politische Gruppen, Parteien und auch der Staat selbst die öffentliche Meinung durch Propaganda für sich zu gewinnen. –

Der Begriff ‚Propaganda’ stammt aus dem religiösen Bereich. Im Jahre 1622 gründete Papst Gregor XV. zur Verbreitung des Glaubens die congregatio de propaganda fide. „Durch den unerforschlichen Ratschluss der göttlichen Vorsehung ohne Unser Verdienst zur Leitung der Kirche Christi berufen, sehen Wir es als Hauptaufgabe Unseres Hirtenamtes an, sorgfältig darüber zu wachen und, soweit es Uns durch Gottes Gnade verliehen wird, Uns eifrig darum zu bemühen, die elend verirrten Schafe zum Schafstall Christi zu führen und zur Anerkennung des Herrn und Hirten der Herde zu bewegen« (Bulle 58 von Papst Gregor XV. vom 22.6.1622)“ (Hundhausen 1975).[...]

Quelle: Auszug aus: Ekkehart Mittelberg (Autor:in), 2008, Propagandasprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114967




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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (26.03.22, 03:48)
...durch den Appell an Emotionen...
So bekommt die Propaganda auch immer etwas lächerliches. Sie wirkt bei den Menschen, weil viele selbst lächerlich sind.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.03.22 um 06:05:
Das  stimmt. Es wirkt lächerlich, dass die russische Propaganda den Krieg gegen die Ukraine als militärische Operation bezeichnet.
IsoldeEhrlich (12) antwortete darauf am 26.03.22 um 09:27:
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 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 26.03.22 um 10:41:
Merci für den Hinweis, Isolde. Propaganda entwickelt sich schnell. Deshalb kann man sich nicht genug informieren.
LG
Ekki

 harzgebirgler (26.03.22, 09:25)
durch das was propaganda propagiert
wird volk erfolgreich oft schwer nasgeführt
und geht lügenbolden leider auf den leim -
wenn nicht leuchtet ihm macht gern mächtig heim.

lg
henning

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 26.03.22 um 10:48:
Gracias, so ist es Henning. Propaganda täuscht  vor, an den freien Willen zu appellieren ("Wollt ihr den totalen Krieg?"), bestraft aber jede Abweichung von Linientreue gnadenlos.
LG
Ekki

 Tula (26.03.22, 09:44)
Moin Ekki
Ich gehe davon aus, dass Propaganda im weiteren Sinne bereits im Altertum bzw. mit den allerersten Kriegen benutzt wurde. Zum einen, um die Menschen in solche zu führen (neben der Aussicht auf Beute, musste der Gegner 'verunmenschlicht' werden), dann die Pogrome (die üblichen Sündenbocke, schon im vielsprachigen Babylon kein Problem) und schließlich die Glorifizierung eigener Misserfolge. So ist sogar der große Ramses im Krieg gegen die Hethiter, insgesamt ein Fiasko, nur um Haaresbreite seiner eigenen Vernichtung entkommen. Zu Hause ließ er sich feiern und seine angeblichen Siege in Stein und Bild verewigen. 

LG
Tula

Kommentar geändert am 26.03.2022 um 09:45 Uhr

Kommentar geändert am 26.03.2022 um 09:47 Uhr

Kommentar geändert am 26.03.2022 um 09:47 Uhr

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 26.03.22 um 10:56:
Gracias,Tula. Ich hatte zwar schon auf die sprachliche Propaganda in der Antike durch Isokrates verwiesen, aber es ist gut, dass du an die noch ältere Propaganda in Stein und Bild erinnerst.

LG
Ekki
Ferdi (70)
(26.03.22, 10:01)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.03.22 um 11:12:
Vielen Dank, Ferdi. Ich würde zur Instrumentalisierung Luthers zu r Propaganda gerne noch mehr erfahren, falls deine Zeit es erlaubt,
LG
Ekki

 GastIltis (26.03.22, 14:57)
Lieber Ekki,
das Thema Propaganda ist sehr zwiespältig. Über die Belange der Nazizeit ist dazu schon genug gesagt worden.
Das Thema betrifft die Deutschen in Ost und West!
Ich wundere mich (als ehemaliger unpolitischer DDR-Bürger) immer wieder, dass sich Leute, die das Leben in der DDR nur vom Hörensagen kennen gelernt haben, zu allem Möglichen, so auch zur Propaganda im Osten zu äußern verpflichtet fühlen. Warum eigentlich?
Die DDR hat rund vierzig Jahre bestanden. Ich kann mich noch an eine Zeit erinnern, als es Leute gab, die ernsthaft daran glaubten, dass sie, also die DDR, den Westen wirtschaftlich überholen kann. Eine propagandistische Parole lautete damals: „Wir tragen solange das Blauhemd (FDJ-Hemd), bis das Ziel erreicht ist!“
Das war natürlich in einer Zeit, in der der Westen mit dem Marshall-Plan den Wiederaufbau des Landes so gut wie abgeschlossen hatte, während im Osten die Trümmer noch nicht vollständig geräumt waren.
Weiter zur Lächerlichkeit der Propaganda: Jedes Jahr zu bestimmten Feiern (1.Mai, Tag der Republik) standen im Neuen Deutschland Dutzende Parolen, die in ihrer Einfallslosigkeit kaum zu überbieten waren, aber den Zweck hatten, die noch Dümmeren zu überzeugen, diese Parolen für ihre Agitations- und Propagandazwecke zu nutzen. Die Witze darüber waren entsprechend: Wir schauen stets vorwärts und nie zurück. Denn hinter uns steht die große Sowjetunion!
Die meisten Leute im Osten haben diesen Unsinn als das akzeptiert, was er war: der vergebliche Versuch der Verdummung. Ob es dafür Parallelen in die Welt der „Freiheit“ gibt? Das muss jeder für sich entscheiden.
Apropos Freiheit: Bisher hat mir noch niemand erklären können, was sich hinter diesem mysteriösen Begriff versteckt. Der Gedanke an die Freiheit ist derart verlockend, dass man ihn nie aufgeben sollte. Er hilft selten, aber er lenkt ab.
Viele Grüße von Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.03.22 um 16:21:
Lieber Gil, Propaganda erscheint manchen sehr einfach und ist doch wegen der widerstreitenden Interessen der Propagandisten sehr komplex. Ich habe in der BRD die Propaganda der DDR verfolgt, die während der Zeit der Neuen Linken die Propaganda des SDS bekämpfte. Interessant für mich war, dass in der DDR ein Professor namens Georg Claus kühlen Kopf behielt. Er war Fachmann für Marxismus Leninismus und meines Wissens einer der ersten Computer-Kenner in der DDR.
Freiheit ist der propagandistische Begriff schlechthin, den alle für sich vereinnahmten, selbst Todfeinde wie Stalinisten und Nationalsozialisten.
Beste Grüße
Ekki
Taina (39) meinte dazu am 30.03.22 um 11:51:
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 GastIltis meinte dazu am 30.03.22 um 19:53:
    Die Freiheit ist das Leergut der Geschichte, für das es keine Rücknahmepflicht gibt.
wa Bash (47)
(26.03.22, 20:42)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.03.22 um 11:59:
Merci, wa Bash, diesmal kann ich dir folgen. Es macht also Sinn, zwischen Propaganda, Public Relation und Produktwerbung zu unterscheiden.
wa Bash (47) meinte dazu am 27.03.22 um 18:34:
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 AchterZwerg (27.03.22, 07:34)
Lieber Ekki,

das finde ich sehr interessant, inbesondere den Hinweis auf die Antike. ---

Im letzten Abschnitt ließe sich locker Herr P. einfügen und die "göttliche Vorsehung" durch die Partei ... 8-) 

Lächelnde Grüße
Piccola

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.03.22 um 12:03:
Vielen Dank, Lilith. 
Zum letzten Abschnitt: Manchmal ist das Irdische vom Geistlichen gar nicht so weit entfernt.  8-)
Schmunzelnde Grüße
Ekki

 TassoTuwas (29.03.22, 19:34)
Hallo Ekki,

nachdem ich so viel Neues zum Thema erfahren habe, bleibt mir nur noch eine letzte Frage. 

Wie Eva den Adam überzeugte in den Apfel zu beißen, war das Propaganda, Öffentlichkeitsarbeit oder Produktwerbung? 
  
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.03.22 um 11:08:
Hallo Tasso,
da muss ich leider passen, weil ich den Apfel nicht mehr fragen kann.  :D
Herzliche Grüße
Ekki
Agnete (66)
(06.09.22, 18:17)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.09.22 um 00:17:
Vielen Dank für dieses Kompliment, Monika. Es bedeutet mir viel.

Liebe Grüße
Ekki
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