Gravitationsschäden

Text zum Thema Körper

von  RainerMScholz

Erdanziehung ist etwas schrecklich Deprimierendes, eine hohle Sache, die einen wirklich nach unten ziehen kann. Neulich am FKK-Strand – und da begegnen einem nicht nur schöne Körper – sah ich einen älteren Mann, ja, also, ungefähr so alt wie ich, auf der Seite liegen, und im Vorbeigehen dachte ich von hinten, was hat der da für ein böses Geschwulst in seiner Kniekehle, bis mir beim schrägen, indirekten Hinschauen sein faltiger Hodensack ins Auge sprang, der ungefähr einen halben Meter von seiner Hüfte entfernt zwischen seinen mageren Schenkeln kurz vor den Kniekehlen eingeklemmt war. Dermaßen konsterniert, versuchte ich mich auf die klare Seebrise, den blanken blauen Himmel und den wellenrauschenden Grundton zu konzentrieren, um durch den klebrigen Sand weiterzukommen. Schöne menschliche Geschöpfe schienen an diesem Strand ohnehin nicht durch Anwesenheit zu glänzen, nur die Abgehalfterten und Alten, die ihr welkes und verzogenes Fleisch der Sonne und sich gegenseitig präsentierten.

Aber ist schon klar, dass das schwache Geschlecht da auch ihr Waterloo bestreitet, wenn im Winterschlussverkauf die ehemaligen Brüste in den Krabbeltisch sinken und man statt der Waschlappen im Angebot nun die Titte der Mitstreiterin in der Klaue hält und daran reißt, als ginge es um das Letzte, um sie zur Kasse zu schleppen.

Kein Muskeltraining, keine Beckenbodenübung, kein Lifting hilft da wirklich, und am Ende werden wir alle in den Boden sinken und die Erde düngen mit unserem Fleisch und der Haut.

Niemand soll glauben, dass noch jemand aufsteht oder sich tatsächlich erheben möchte.



© Rainer M. Scholz



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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (04.03.23, 07:05)
Erfreulich, dass hier nicht wieder das Welken der Frauen in den Vordergrund gestellt wird. <3 
Die gelungene Schlussfolgerung gilt für beide Geschlechter.

 RainerMScholz meinte dazu am 07.03.23 um 21:18:
Ich wollte nur dem Gender-Pubes-Gap vorbeugen.
Gruß + Dank,
R.

 Regina (04.03.23, 10:56)
Alles ist eitel, und auch die vielgepriesene Fitness wird dem Menschen neben der Schönheit und allen seinen Fertigkeiten irgendwann genommen.

 RainerMScholz antwortete darauf am 07.03.23 um 21:19:
Ja, wir kratzen ab.
Gruß + Dank,
R.

 harzgebirgler (05.03.23, 11:20)
zu glauben dass fleisch aufersteht
zeugt wahrlich von naivität!

sonntagsgrüße,
h.

 RainerMScholz schrieb daraufhin am 07.03.23 um 21:21:
Sakrileg!
Von meinem Steg
hüpfen nur Gläubige
und Kopfverstäubige.

Gruß + Dank,
R.

 mrakkkk äußerte darauf am 07.03.23 um 23:59:
Wenn Mann den Spiegel vorgehalten bekommt.... Schöner Text, schmunzelnd gelesen.

 RainerMScholz ergänzte dazu am 08.03.23 um 00:34:
Ich habe auch heimlich gelacht.
Grüße,
R.

 AchterZwerg meinte dazu am 08.03.23 um 06:33:
*prust)
Aber hoffentlich leise!

 FrankReich (30.03.23, 01:11)
Ohne Schwerkraft hätte schon so mancher eine doppelte Portion Mandeln und wäre auf dem Weg nach Sirius, aber was soll 's, Mann lebt nur einmal, Frau übrigens auch. 👋😎

Ciao, Frank

 RainerMScholz meinte dazu am 30.03.23 um 14:38:
Wir wären zerstreute Atome im Nichts - was im Hirn passiert, wenn ich mich nicht konzentriere: freie Fluktuation, vergessene Sentenzen, unwiderbringliche Assoziationen; nur wenn ich die Staubflocken auf das Kehrblech zusammenschiebe, entstehen Flocken, Knäuel, ganze Wollmausscharen.
Gruß + Dank,
R.
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