Die deutsche Sprache meint es ja gut mit uns. Für die Jogger, die sich zu nachtschlafener Zeit durch den Stadtwald quälen, gibt es die Koseform TRIMMI, für die Ungetüme an LKWs, hinter denen wir verzweifelt im Stau stehen, erfand man den Tarnkappenbegriff BRUMMI und alle Fans der Vans und rollenden Schlafcontainer kriegen leuchtende Augen allein schon beim Gedanken an einen BULLI.
In einem solchen Kult-Fahrzeug unterwegs ist gerade mein Sohn, der zum näheren Kennenlernen einer neuen Lebenspartnerin den T4 seines Kumpels Malte ausgeliehen hat. Und Malte ist der absolute Spezi in allen BULLI-Fragen. Er kennt die Geheimnisse vom abschließbaren Fahrradträger bis zum atmungsaktiven Faltdach, vom standsicheren Stauraum für eine zweite Zahnbürste ganz zu schweigen.
Nun ist mein Sohn im Gegensatz zu Malte kein sehr aufgeräumter Typ – will sagen: Er hat es nicht so mit der Ordnung. Sein Spruch dazu lautet: Bisher wusste ich noch immer, unter welchem Haufen ich suchen muss. Nachts muss der Gute überdies zweimal raus und die Blase leeren – das ist genetisch bedingt. Ich leide auch an dieser Art Harnzwang, was uns beide aber nicht daran hindert, in den Schlaf-Phasen munter zu schnarchen.
Was die BULLI-Tauglichkeit meines 1,90m großen Filius ebenfalls leicht einschränken wird: Er ist etwas ungelenk. Turnen mochte er schon von Kindesbeinen an nicht, und das hat sich in leichtem Übergewicht im Hüftbereich niedergeschlagen. Man könnte seine Statur – passend zum Fahrzeug – daher als bullig bezeichnen.
Seine neue Flamme ist Französin, eine Véronique von grazilem, wohlgeratenem Wuchs. Sie wird die etwaigen Platzprobleme locker kompensieren, denke ich. Sie wollte auch voller Enthusiasmus ihren neuen Freund mitsamt BULLI ihren Eltern in Südfrankreich vorstellen. Leider haben die dort keine Villa am Meer mit so einem sexy BULLI-Standplatz, wie man ihn immer in den Katalogen der Van-Vermieter sieht, sondern sie wohnen nur zur Miete, mitten in Nizza.
Falls es mein Sohn im Konvoi mit all den anderen WoMos tatsächlich bis dorthin schafft, wird er wohl zärtliche Nächte auf einem sauber betonierten Stellplatz in der Peripherie verbringen, für 10 Euro die Nacht, immer auf dem Sprung zu einem der vielgenutzten Dixi-Klos. Aber er hätte, da bin ich mir sicher, rasch Kontakt gefunden zu anderen Abenteurern, die ihn garantiert wortreich aufklären könnten über das Ordnung-Halten in einem Van. Véronique – falls sie noch an Bord sein sollte – würde wie enthemmt dem guten französischen Rotwein zusprechen und dann Migräne-bedingt auf die Schlafcouch zu den Eltern ziehen.
Worum ich mir überhaupt keine Sorgen mache: Ich werde tolle Fotos zugesandt bekommen mit echter BULLI-Romantik vor Instagram-Kulissen, irgendwo auf Feldwegen in der Provence, bei 35 Grad, der BULLI sportlich in den Weinbergen geparkt. Mein Sohn wird aber sicher noch andere Erinnerungen mitbringen – ich freue mich schon auf sein – wie nannte er es noch: Survival-Tagebuch.