Das Gestern

Gedicht zum Thema Gedanken

von  Saira

Der Morgen trinkt den Tau von zartem Leben

ein junger Baum betupft sein grünes Kleid

bald wird sein Schatten über allem schweben

der Frühlingsduft verdrängt Vergänglichkeit.

 

Das Gestern lässt Gedanken fliegen

dorthin, wo sich ein Hügel sanft erhebt,
das Kreuz, der Stein verwittert wortlos liegen

und doch das Sein hinauf zum Lichte strebt.
 

Mag sich dein Grab mit Wildbewuchs umgeben

und feinster Zeitenstaub mit ihm verweben

mein Erinnern lässt dich weiter leben.

 

 

 

© Sigrun Al-Badri/ 2023




Anmerkung von Saira:

Dank Teolein, der mir einen wertvollen Hinweis zu Strophe 2, Verse 3+4 gegeben hat, habe ich diese überarbeitet.

 

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Kommentare zu diesem Text

Teolein (70)
(14.06.23, 14:36)
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 Saira meinte dazu am 14.06.23 um 19:24:
Danke Teo, ich freue mich, dass es dir gefällt. Ich könnte mir kein schöneres Lob vorstellen.

Mit einem strahlenden Lächeln grüßt dich
Sigi
Jo-W. (83)
(14.06.23, 16:04)
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 Saira antwortete darauf am 14.06.23 um 19:38:
Lieber Jo,
 
es ist für mich ein gutes Gefühl zu erfahren, dass mein Gedicht bei dir wohltuende Bilder entstehen lassen konnte.
 
Herzliche Abendgrüße
Sigrun

 ginTon schrieb daraufhin am 15.06.23 um 00:00:
in meiner Erinnerung bleibst du Leben. sehr stark die Zeile...

 Saira äußerte darauf am 15.06.23 um 10:35:
@ginTon

Danke! Freu mich :) 

Liebe Grüße
Sigrun

 AlmaMarieSchneider (15.06.23, 00:25)
Liebe Sigrun,

einfach bewegend und sehr gut geschrieben.
Ich bin noch ganz weg.

Herzlichst
Alma Marie

 Saira ergänzte dazu am 15.06.23 um 10:35:
Liebe Alma Marie,

ich danke dir für deine schöne Resonanz und deine *chen :) 


Ganz liebe Grüße
Sigrun

 AchterZwerg (15.06.23, 05:59)
Liebe Sigi,
das finde ich rundherum gelungen. Die Form schmiegt sich an den Inhalt, und die drei letzten Verse arbeiten mit ihren Dreifachreimen klanglich auf den megastarken letzten Vers hin.
. <3

 Rosalinde meinte dazu am 15.06.23 um 09:05:
Hallo Sigrun,

ich fang mal mit dem Technischen an: Drei Jambenstrophen mit vier Versen zu je 5 Hebungen. Wobei die letzte Strophe nur drei Verse mit demselben Reim aufweist, wovon im letzten Vers eine Hebung fehlt mit der für mich etwas unklaren Formulierung "In meiner Erinnerung bleibst du Leben". Fehlt da ein "am" oder ein "das"? Ein "das" würde vieles erklären können. Das Gedicht ist in einer schönen, eingängigen lyrischen Sprache verfasst. 

Ein Grab, schon älter, die Natur setzt sich durch mit Verwildern. Was man so sieht, wenn man durch Friedhöfe geht. Und wenn man das sieht, denkt man, es sei ein vergessenes Grab. Und mit dem Grab ist der Mensch zugleich vergessen. 

Das ist der Tote aber nicht, es gibt ein Erinnern an ihn,
wobei man aber nicht erfährt, wie nahe er dem lyrischen Ich stand. Was mir nicht ganz eingehen will, ist, warum das Grab verwildert, wenn ich an die Conclusio denke,
dass der Tote für das lyrische Ich weiterlebt. Trotzdem ein schöner Gedanke, dass der Tote in der Erinnerung weiterlebt. Das ist zwar schon etwas abgegriffen, das geht jedem Menschen am Grab eines geliebten Menschen so, 
aber warum sollte es nicht ausgesprochen werden.

 Saira meinte dazu am 15.06.23 um 10:32:
@AchterZwerg

Liebe Heidrun,

was für ein wunderschönes Lob! Ich freue mich :) und danke dir!

<3 lichst
Sigi


@Rosalinde

Moin Rosalinde,
 
ich freue mich, dass du dich mit meinem Gedicht auseinandergesetzt hast.
 
„In meiner Erinnerung bleibst du Leben“
 
Hier braucht es keinen Artikel oder eine Präposition + Artikel. Du kannst die Bedeutung auch so erfassen. Ob im letzten Vers eine Hebung fehlt? Mag sein. In dem Fall darf dieser nicht ganz perfekt sein, weil ich ihn ungern ändern würde.
 
Wenn ein geliebter Mensch stirbt, dann braucht es für mich kein Grab zum Trauern. In meinem Herzen, in meiner Erinnerung, bleibt er Leben! … oder anders gesagt: Menschen, die ein Grab besuchen und pflegen, brauchen diesen Ort zum Trauern. Auch das ist gut!
 
„wobei man aber nicht erfährt, wie nahe er dem lyrischen Ich stand.“
Erklärungen in einem Gedicht halte ich für überflüssig. Es ist immer schön, wenn Leser ihre Fantasie spielen lassen können bzw. verschiedene Interpretationen möglich sind.
 
Wann ist ein Thema abgegriffen? Über beinahe alles wurde schon geschrieben. Metaphern kennt man vielleicht in der einen oder anderen Weise, aber ein lyrischer Text ist immer im Kontext zu lesen und Lyrik ist so wandel- und wunderbar.
 
Liebe Grüße
Sigrun

 Rosalinde meinte dazu am 15.06.23 um 16:13:
Hallo Sigrun,

mal eine Frage: Ist Deutsch nicht deine Muttersprache? Ich frage das deshalb, weil ich mit deinem letzten Vers mit dem groß geschriebenen Leben nicht ganz klar komme.

Ich gehe mit dir völlig konform, dass ein Gedicht nicht erklärt werden sollte. Es muss ohne Erklärung alles, was der Autor auf dem Herzen hat, sagen können. Und wenn der Leser eine Passage nicht versteht, ist er dann selbst schuld?

Nein, da irrst du dich, es dürfen nicht viele Interpretationen möglich sein, sondern nur die eine, die der Autor beabsichtigt. Etwas anderes ist es, wenn der Autor bewusst so schreibt, dass er viele Interpretationen herausfordern will. Diesen Fall sehe ich aber in diesem Gedicht nicht. 

Wenn er in deinem Herzen leben (bitte klein schreiben)
bleibt, dann ist er also entweder der Geliebte gewesen oder ein sonstwie sehr nahestehender Mensch. Danke für deine Erklärung. Es könnte ja durchaus ein Fremder sein, dessen Angehörige sich nicht mehr kümmern, worauf das verwilderte Grab hinweist. Das Gedicht lässt sich nämlich auch so lesen, dass dir der unbekannte Tote leid tut, weil sich niemand mehr um sein Grab kümmert.

Was aber die erwähnte etwas abgegriffene Formulierung am Schluss angeht, so ist sie die übliche, die dem Gedicht nach meiner Ansicht etwas nimmt. Dass es sich so verhält, versteht der Leser bereits in den vorhergehenden beiden Strophen, die mir übrigens durchaus sehr gefallen. Denn hättest du das Gedicht geschrieben, wenn dir der Tote gleichgültig gewesen wäre? Du musst dem Leser also nicht verordnen, wie er das zu sehen hat, das ist zu "dick".  

Insgesamt bin ich über deinen Antwortkommentar etwas erstaunt, denn ich hatte angedeutet, dass ich ein paar offene Fragen habe, mehr nicht. Das ist dir unangenehm? 
Dann entschuldige mich bitte.

Rosalinde

 rabenvata (16.06.23, 10:09)
Chapeau, liebe Sigi! Ich ziehe den Hut vor deinem außergewöhnlich schönen Gedicht!

 
LG
rv

 Saira meinte dazu am 16.06.23 um 15:43:
Lieber ravenvater,

da sage ich "Wow" und "Danke"!

Liebe Grüße
Sigi

 TassoTuwas (21.06.23, 09:44)
Liebe Sigi,

wunderschöne, intensive Zeilen, die den Leser begleiten, auf der Suche nach seiner Mitte!

Herzliche Grüße
TT

 Saira meinte dazu am 21.06.23 um 10:25:
Lieber Tasso,

ich danke dir für deine schönen Gedanken zu meinem Gedicht!

Herzlichst
Sigi

 EkkehartMittelberg (25.06.23, 11:18)
Liebe Sigi,

ich freue mich immer, wenn mehrere Interpreten die Stärken eines feinen Gedichts erkennen wie hier. Ein Hinweis fehlt noch: das schöne Zusammenspiel von Metrum und Rhythmus. Das lässt sich in der Schlusszeile, wo zwei Daktylen aufeinander folgen, noch verbessern:
Mein Erinnern lässt dich weiter leben.

Liebe Grüße
Ekki

 Saira meinte dazu am 25.06.23 um 16:51:
Lieber Ekki,

ich habe deinen Verbesserungsvorschlag sehr gerne übernommen. Wie schön, dass du auf ein schönes Zusammenspiel von Metrum und Rhythmus hingewiesen hast.

Ich danke dir und grüße dich herzlich
Sigi
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