Senryu als Motto:
mäuse halten uns
in angst ekel sind widerlich
fressen die reste
Anmerkung von lugarex:
Aber (ver)putzen sie ordentlich
Ich sitze auf der Terrasse und warte. Als würde ich auf Godot warten. Theoretisch schon fünf Tage. Einerseits fordere ich mich heraus, Spaß zu haben. Ich weiß, dass ich in dem Haus sitze, das ich als letztes in meiner „Karriere“ entworfen habe. Um zu verhindern, dass diese „kostbare architektonische Schöpfung“ beispielsweise durch einen Brand zerstört wird, muss ich mich ausserdem um eine alte Katzendame kümmern, die nicht mehr regelmäßig fressen möchte. Sie sitzt nachdenklich neben der Kiste, in der sich regelmässig ein Mäusepärchen aufhält. Sie spielen und essen die verschütteten Samen, die die Hausfrau in der Kiste vergessen hat. Dem Kätzchen macht das nichts aus.
Ein wirklich friedliches Zusammenleben, ein Vorbild für die Menschheit. Außerdem warte ich auf die Crew, die derzeit irgendwo zwischen Tokio und Wien in der Luft hängt. Um vier Uhr morgens verkündeten sie die Abreise. Wenn Wien sie nicht angelockt hätte, hätten sie direkt in Zürich landen können. Aber wen in dieser Welt wird Wien nicht verzaubern?!?
Also sitze ich hier, ganz verlassen, mit einer sprachlosen Katze. Das Haus ist kalt und dunkel, dummer Architekt, er hat nur an die Wirkung gedacht! Seine User waren wohl Wurst! Ich habe den gesamten Aufenthalt auf der Terrasse verbracht, wo ich auch nach dem Essen oft einschlafe. Weil ich alt genug bin, achte ich beim Essen nicht darauf und esse wie ein Schwein. Positive Überraschung: Morgens ist der Boden komplett poliert, nach dem Abendessen keine Krümel mehr.
Endlich habe ich das Geheimnis gelüftet: Meine Mitbewohner, kleine goldene Mäuse mit relativ großen Ohren, meine Mäuse! Die Tatsache, dass ich sie nie wirklich sehe, gefällt mir am meisten. Ich habe noch kein Delirium tremens...