Meine seltsamsten Lehrer

Bericht zum Thema Mensch und Natur

von  LotharAtzert

Mein Freund Volker besaß ein kunstvoll angefertigtes Thanka von Padma Sambhava, das er in einer eigens dafür hergestellten Papprolle transportierte, damit es auch ja nicht beschädigt werden konnte. Er wollte es vom ehrenwerten Kagyu-Lehrer Gendun Rimpoche segnen lassen, nahm es dazu vorsichtig aus besagter Rolle und hielt es ihm hin. Der nahm es ungerührt, zerknitterte es durch allzu beherzten Zugriff, sprach eine Formel und drückte es ihm, wiederum ohne jede Vorsicht in die Hand zurück, wobei ich an Volker Gesicht sah, daß er kurz vor einem Wutausbruch stand, sich aber dann doch beherrschte, sich bedankte und zurückzog.

 

Der fromme Luigi, inzwischen Lama Luigi war sehr fleißig in Prostrationen. Eines Tages, als Shamarpa in Frankfurt weilte, ging er zu ihm und sprach sein Problem an: „Immer wenn ich Verbeugungen vor den Buddhas mache, spüre ich einen merkwürdigen Druck im Kopf. Was hat das zu bedeuten?“

Des Lehrers Antwort, schlicht und ergreifend: „Du solltest vorsichtiger sein beim Verbeugen und nicht mit dem Kopf auf den Boden aufschlagen“.

 

Als der 16. Karmapa eine schwarze Mahakala-Einweihung in der Dordogne gab, versuchte Ole Nydahl, inzwischen auch Lama Ole, alle verfügbaren Menschen dazu zu bewegen, daran teilzunehmen, da der zornvolle zweiarmige Mahakala ein immens starker Schützer der Linie sei und mithin alle einen besonderen Schutz in ihrer Praxis erführen.

Akong Rimpoche, - Steinbock, wie ich später erfuhr, ein ranghoher Lehrer, versuchte nun  gleichzeitig das Gegenteil: wer es später nicht zur Meditation nutzen wolle, sollte auch keine Einweihung nehmen.

Nun, Ole siegte ganz klar, - alle nahmen daran teil.

 

Und als Tenga Rinpoche in Rödby anlässlich eines Thangkamalkurses von seinem Sitz stieg, um unsere Zeichnungen zu begutachten, er war damals schon sehr krank, hielt er mir, der ich in unmittelbarer Nähe saß, seinen Gehstock hin. Ich war so überrascht, daß ich ihn nur wie verblödet berührte und er ihn darauf mit mehr Nachdruck ungeduldig in meine Hand drückte, so daß ich den Stock mit knallrotem Gesicht an mich nahm.

 

Last but not least. Als Namkhai Norbu die Einweihung ins Dzogchen gab, sprach er, daß er während des Prozederes eine „Keimsilbe“, einen Samenlaut jäh und kräftig ausstoßen würde – man solle gelassen bleiben und nicht erschrecken. Wir waren etwa 100 Leute und also gut vorbereitet und als es dann geschah, erschraken 4 oder fünf Frauen doch so sehr, daß ihre Schreie sogar noch lauter zu hören war, was wiederum bei ein paar Männern extreme Belustigung hervorrief. Der Vollständigkeit halber: sein Laut ging tatsächlich durch Mark und Bein.




Anmerkung von LotharAtzert:

Von Graeculus inspiriert, ja was sonst ...

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Kommentare zu diesem Text


 Sekrotas (05.06.24, 15:45)
Lustige Idee, doch da es sich nicht um weltliche Lehrer handelt, dann doch nicht so lustig.

 LotharAtzert meinte dazu am 05.06.24 um 15:54:
Weltlich - unweltlich - wer ist denn da der Unterscheider?

 LotharAtzert antwortete darauf am 05.06.24 um 15:59:
Und wie hab ich mir eine Un- oder Nichtwelt vorzustellen?

Lustigsein ist auch nicht unbedingt mein Ding.

 Sekrotas schrieb daraufhin am 05.06.24 um 16:14:
Doch, durchaus! Die Idee zeigt doch den Schalk in deinem Nacken.

Der wichtigste Unterschied ist der Altersunterschied.
Der zweitwichtigste Unterschied ist die Unfreiwilligkeit

Weltliche Lehrern werden dem Schüler zugeteilt und er muss sie dann ertragen (wie auch andersrum). Heißt, man lernt jmd. u.U. über viele Jahre hinweg kennen, dem man vielleicht lieber aus dem Weg gehen würde. Es besteht ein Machtgefälle, unabhängig von Respekt. 

Kurz: Stoff für lustige Geschichten.

 LotharAtzert äußerte darauf am 05.06.24 um 16:21:
Schockschwerenot. Jetzt hab ich nichts mehr, wogegen ich Widerspruch einlegen könnte. ...

 Graeculus (05.06.24, 17:34)
Mit den Problemen hiesiger Lehrer brauchten sich die Deinen nicht herumzuschlagen. Lauter gesittete, interessierte, freiwillige Schüler.

Sei den anderen nicht undankbar. Inmitten von 30 schreienden, durcheinanderlaufenden, einander diverse Gegenstände auf den Kopf schlagenden Kindern haben sie Dir Lesen, Schreiben und Rechnen beigebracht.

Es spricht natürlich nichts dagegen, aus der Schülerperspektive über die Schrulligkeiten der Lehrer zu lachen.

Was mir immer wieder auffällt, ist die Bedeutung, die der tibetische Buddhismus Rängen und Titeln beimißt.
Selbstverständlich, auch bei uns war ein Leitender Regierungsschuldirektor ein Leitender Regierungsschuldirektor und kam im Rang knapp unter dem Lieben Gott; ansonsten konnte man ihn aber auch als Arsch mit Ohren ansehen. Niemand hätte seinen Titel mit Ehrfurcht ausgesprochen. Dafür waren wir dann doch zu sehr 68er.

So oder so: Wer immer einem Lehrer über den Weg läuft, wird gnadenlos unterrichtet.

 Graeculus ergänzte dazu am 05.06.24 um 17:39:
Ein seltsamer Beruf eigentlich. "He who can does. He who cannot teaches." (George Bernard Shaw)

Wer Literatur schreiben kann, der schreibt Literatur; bei wem es dafür nicht reicht, der unterrichtet Deutsch.

 Graeculus meinte dazu am 05.06.24 um 17:47:
Mir fällt noch etwas ein: Je höher ein Lehrer unseres Schulsystems im Rang steigt, desto weniger unterrichtet er. Ein Schulleiter (Oberstudiendirektor) nur noch wenige Wochenstunden, ein Leitender Regierungsschuldirektor überhaupt nicht mehr.
Das bedeutet: Wer gerne und mit Freude unterrichtet, der macht keine Karriere, der erstrebt keinen hohen Rang.

Das ist bei Euch dann wohl anders.

 Quoth meinte dazu am 05.06.24 um 18:06:
Im hiesigen Finanzministerium gab es Leitende Ministerialdirektoren und Schon leitende Ministerialdirektoren, abgekürzt: Leimis und Schleimis ...

Antwort geändert am 05.06.2024 um 18:09 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 06.06.24 um 09:45:
Natürlich  bin ich meinen hiesigen Lehrern dankbar dafür, daß sie mir die Grundfächer Lesen, Schreiben, Rechnen vermittelten. Darüber hinaus aber waren diese für den Knaben Komplizen des Staates, (ich war halt schon früh Steinbock) mit welchem die Eltern konspirierten.
Ein Beisiel: meine Aufsätze wurden vor der Klasse gelobt. Das freute mich aber nicht, sondern wurde zur arroganten Haltung: die sind zu blöd, um sich auszudrücken und der lobende Lehrer will mich nur benutzen für etwas, womit ich nichts zu tun habe - so in etwa.
Das ist bei Euch dann wohl anders.
Da verkennst du mich. Ein "Euch" lehnt der Einzelgänger vehement ab. Döbereiner war ein Einzelgänger und nicht zuletzt darum schätze ich ihn, der nie im Staatsdienst tätig war. Und so wurde ich auch nie einer, der von "wir von der Münchner Rhythmenlehre" spricht, deren Schüler teilweise natürlich auch konspirativ agieren, bzw. das mißbrauchen, was er lehrte.

Aber ein Kostbarer, wie er, lehrte auch dieses Phänomen zu durchschauen: es ist "normal", den Jupiter eines Erfolgreichen für sich selbst zu rekrutieren, um ihm den eigenen Saturn zuzuschustern. - Das heißt man übernimmt das Beste des Lehrers , tut, als sei es der eigene Verdienst und versucht, den Kostbaren so weit es möglich ist, aus seiner Position zu verdrängen. - So etwas hätte ich gern von den Offiziellen gehört, doch nichts davon, bis heute nicht.
Was mir immer wieder auffällt, ist die Bedeutung, die der tibetische Buddhismus Rängen und Titeln beimißt.
Das ist auch mir nicht geheuer, doch da seh ich nur die Einzelperson, die Dinge nicht nur lehrt, sondern in den Alltag integriert hat, wodurch praktisch alles anschaulich wird. Über schwarze Schafe brauchen wir nicht reden, die gibt es überall. Aber das Vajrayana jetzt zum selbstzufriedenen Würdenträgerclub zu machen, halte ich für falsch, da es neben denen ind den weinroten Roben auch immer die in Höhlen lebenden Weltentsager gibt, die dort außerordentlich geschätzt werden. Ich selbst war nie Mönch und werde auch in diesem Leben keiner mehr.

Literatur - ja gut, schön, aber letztlich, und das darfst du meiner arroganten Haltung anlasten, ist es nur ein Hilfsmittel zu dem, was wir .... also die es zu schätzen wissen ... als Präsenz bezeichnen. Dzogchen ist weder buddhistisch, noch hinduistisch, noch christlich, weder staatsdienlich, noch umstürzlerisch, noch sonstwas. Es ist, was es ist und ich schere mich einen feuchten Dreck drum, ob der Lehrer eine rote Robe oder ein rosa Tütüt trägt, oder etwa nackt unverständliche Worte labert.
Der ursprüngliche Ton ist nie erklungen,
der ursprüngliche Zustand wurde nie verziert,
er wurde nie erzeugt und ist nicht zu erzeugen.
Der aus sich selbst entstandene vollkommene Zustand
wurde nie erleuchtet und ist nie zu erleuchten.
Ende eines Dzogchen-Textes

 Quoth (05.06.24, 18:04)
Habe Deinen Text auch mit Vergnügen gelesen, LotharAtzert, obgleich ich keine Ahnung habe von dem, was diese Pädagogen offenbar unterrichteten ...

 AngelWings meinte dazu am 05.06.24 um 18:58:
Der tibetische Buddhismus ist ein Zweig des Mahayana-Buddhismus und hat viele einzigartige Lehren und Praktiken entwickelt. Einige der wichtigsten Lehren des tibetischen Buddhismus sind: Das Konzept des Karma: Tibetische Buddhisten glauben an die Lehre des Karma, die besagt, dass jede Handlung eine Konsequenz hat. 

 LotharAtzert meinte dazu am 06.06.24 um 10:12:
Danke Quot für die Empfehlung. Wenn du keine Ahnung hast, was diese Pädagogen unterrichten, heißt das aber auch, daß du meine Texte nicht liest, da ich in diesen schon recht viel darüber mitteilte. Die weiter oben stehenden 5 Zeilen sind nur ein Appetitzer, oder wie das heißt.

Angel: Mahayana ist nicht verkehrt, doch das Vajrayana ist noch einmal ... das Sahnehäubchen obendrauf. Diese hierzulande als "Diamantweg" bezeichnete Form hat sich gebildet aus der Konfrontation mit der magischen Bön-Religion, - Zauberer, die es dem Buddhismus nicht leicht machten, sich in Tibet auszubreiten. So flossen viele Elemente in ihn ein, die es im indischen Theravada noch nicht gab.
Tibetische Buddhisten glauben an die Lehre des Karma, die besagt, dass jede Handlung eine Konsequenz hat. 
Der "Glaube" spielt nur eine untergeordnete Rolle, die Erfahrung ist wichtiger.
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