5 Ketatraktor

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von  Isensee

Subkultur aussuchen? Ein simpler Plan. in einer Kiesgrube nach Feingold sieben. Nazis? Klar, die waren verlässlich, wenn's ums Saufen und Feiern ging, aber spätestens, wenn sie anfingen, Heß-Lieder zu grölen, wollte man das Bier schneller runterkippen, als es hochkam. Immerhin hab ich was gelernt: Bis heute kann ich ein Lied über Rudolf Heß auf der Gitarre zupfen. Ob das bleibt? Keine Ahnung. Aber die nächste Haltestelle war klar: die Alkoholiker.

Hier war die politische Lage noch einfacher: „Was der Bauer nicht kennt, wird weggehasst.“ Ein eigentlich angenehmer Ansatz, wenn man mit genug Alkohol gegensteuert. Es war egal, wo du herkamst – solange du nicht aus einem anderen Universum oder, Gott bewahre, sieben Kilometer außerhalb stammtest. Überleben hieß: mitmachen, toleriert werden, und irgendwann kam der Moment, in dem du auf die Fresse kriegst. Warum? Aus Prinzip. Ein Integrationsritual der besonderen Art.

Die Planungsmeetings liefen auf absoluter Effizienz:

  • Ort: Elterngarage (falls).
  • Getränke: Das, was wir dem 16-jährigen Bruder oder der 14-jährigen Schwester aus der Tasche kloppen konnten.
  • Backup: Bushaltestelle. Immer.

Irgendwann war alles organisiert – wenn du fünf Flaschen Klaren, eine Flasche Orangensaft + Wodka und drei Kästen Sterni für zehn Leute als Organisation bezeichnen willst. Aber dann kam unser Jochen ins Spiel. Jochen, Sohn eines Tierarztes. Jochen mit dem Apothekerkoffer. Betäubungsmittel für Großtiere. Jochen, der König.


Typ zwischen Radlader und Zaun.

Der Plan war simpel. Es war spät, wir waren pleite, und dann sahen wir ihn. Ein Radlader. Riesig. Orange. Einsam. Niemand fragte, warum er da war, und niemand wollte es wissen. Das war unser Schiff, unser Leuchtturm, unser verdammtes Schicksal. Jochen vorne, wir hinten drauf – los ging die langsamste Eskalation der Welt.

10 km/h durch die Nacht. Vorgärten? Überbewertet. Gartenzwerge? Eingesackt. Briefkästen, Baumarktdeko, dieser eine scheußliche Betonlöwe, den irgendjemand zu lieben glaubte – alles wurde unsere Beute. Es war der Kreuzzug der Besoffenen.

Irgendwann, als die Nacht schon Richtung Morgen kippte, tauchte er auf. Der Held der Geschichte. Ein Überlandfahrer, dessen Lebenswerk offensichtlich darin bestand, Jugendliche mit schlechtem Timing zu stoppen. Dieser Typ stürmte aus dem Nichts, warf sich gen Radlader – das Beste – blieb zwischen Schaufelaufnahme und Lenkgestänge stecken.

Jochen Kuhauge reagierte aus Zufall, brachte uns zum Stehen, während unser gestohlenes Sammelsurium sich mit einem absurden Knall auf die B61 entlud. Gartenzwerge, Miniatursäulen, Briefkästen – ein Kunstprojekt für Leute mit Bierblut. Der Typ zappelte wie ein gefangener Karpfen und brüllte uns alles entgegen, was seine Lunge hergab. Keine Ahnung, was er sagte. Uns war nur wichtig: Weiter. Jetzt. Maisfeld. Heimat.

  

Aber nicht ohne den Löwen. Dieser Löwe war keine Beute. Er war ein Statement. Beton, schwer, hässlich – und unser. Wir schleppten ihn durch die Felder, ohne zu wissen, dass er unser Untergang werden würde. Zwei Jahre später. Eine Geburtstagsfeier. Ich dachte, es wäre witzig, den Löwen als Geschenk weiterzugeben. „Hier, hässlicher schwerer Löwe, passt zu deinem Gesicht.“ Das Problem? Die Tochter des Mannes, dessen Vorgarten wir damals geplündert hatten, war auch da.

„Das ist mein Löwe!“ brüllte sie, als hätte ich ihr Familienerbstück geschändet. Der Rest ging schnell. Polizei. Verhör. Sondereinsatzkommando. Jochen sagte nichts, Kalle schrie nur „Stabil!“ und die Lokalzeitung machte uns zu Legenden: „Selbstverwaltetes Jugendzentrum in Kiesgrube gestürmt – Gartenzwerg-Syndikat zerschlagen.“

Die Bilder? Reines Mad Max. Und genauso fühlte sich das an. Ölverschmierte Finger, Mopeds, die durchs Gelände heizten, bis der nächste Bruch kam – Knochen, Lenker, Garagentore. So musste das sein.



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