Streiklust und Selbstdarstellung

Betrachtung zum Thema Stärke/Schwäche

von  eiskimo

Natürlich wäre es in einer zivilisierten Gesellschaft möglich, Lohnanpassungen durch eine unabhängige Schiedsgerichtbarkeit vornehmen zu lassen – in regelmäßigen Abständen, nach klar definierten Regeln und objektiven Maßstäben. Das wird ja schon gemacht, wenn es um die Erhöhung des Briefportos geht oder die Festlegung von Rundfunkgebühren, und es hat sich bewährt. Es werden deswegen keine gesellschaftlichen Gräben aufgerissen oder martialische Machtdemonstrationen inszeniert. Schon gar nicht müssen Unbeteiligte um die Versorgung ihrer Kinder bangen oder kurzfristig Reisepläne über den Haufen werfen, weil …STREIK!

Regelmäßig aber haben wir in unserem so vielfältig vernetzten und deswegen so verwundbaren Gesellschaftsmodell diese willkürlich herbei geführten Krisen, wo bestimmte Gruppen ein Ritual der Blockade aufführen mit dem Ziel, möglichst viel Ärger zu provozieren – Ärger wohlbemerkt bei Menschen, die keineswegs verantwortlich sind für das, was jene Blockierer da herausschreien. Der Ärger der "Geiseln"  dient lediglich als Hebel, um „denen da oben Dampf zu machen“.

Was ist das für eine primitive Form der „Politik“?  Inszeniert und konzertiert von Gewerkschaften, die ihren Kampf dramatisch begründen müssen mit "Existenznöten", mit  „galoppierender Inflation“ „mangelnder Wertschätzung“ - jedes Jahr die gleichen Schuldzuweisungen.  Es werden Maximalforderungen aufgestellt, es wird die Verschärfung der Maßnahmen angedroht und zum großen Showdown aufgerufen. Möglicherweise zu recht. Denn über die Entlohnung von Arbeit kann man trefflich streiten. Soll man auch.
Aber die heute praktizierte Form ist nichts anderes als Erpressung, sie billigt willkürliche Geiselnahmen in Kitas und an Flughäfen, nimmt massiven volkswirtschaftlichen Schaden in Kauf. Wie gesagt: Ein Ritual. Archaisch. Die große Bühne. Alle Medien müssen helfen, Druck zu machen. Und eine Organisation wie Verdi ist in aller Munde. Vielleicht am Ende sogar mit einem „vorzeigbaren Abschluss“. Für ein Jahr. Für 16 Monate vielleicht. Toll.

Aber danach geht der Tanz mit Trillerpfeifen und Blechtrömmelchen aufs Neu los. Denn eine gerechte Lohnanpassung am grünen Tisch, unspektakulär per Schiedsgericht dekretiert, ohne medialen Showdown, dafür sind wir offenbar hier noch nicht reif.

 




Anmerkung von eiskimo:

Für all jene, die morgen, am 10. März, unfreiwillig in einen Arbeitskampf hineingezogen werden.

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (09.03.25, 19:48)
Auch der Zeitpunkt ist aus meiner Sicht schlecht gewählt.
In einer Periode wirtschaftlichen Niedergangs sollte auch von den Gewerkschaften etwas Zurückhaltung geübt werden ...
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