Im Haus der alten Zeiten

Gedicht zum Thema Vergessen

von  Saira

Ein Hauch von Heim, das Alter schmeckt,
ein leiser Duft aus fernen Tagen.
Mit Staub vermischt, der Schleier weckt
die Zeit, die wir im Herzen tragen.

 

Der Kühlschrank birgt die Einsamkeit,
hinter Wurst, die alt und grau.
Sie flüstert mir von früher Zeit,
schimmelt heimlich, kalt und rau.

 

Ein Schatten zieht durchs Wasserrund,
die Fische blicken stumm hinaus.
Sie ahnen, was ich nicht mehr kund,
ich such mein Lächeln hier im Haus.

 

Erinnerungen wohnen oben,
im ersten Stock, beim alten Brot.
Sie lassen Lücken, kaum zu loben,
und wenn ich such, ist alles tot.

 

Das Treppensteigen fällt mir schwer,
mein Kopf ist manchmal sonderbar.
Die Stufen tragen mich nicht mehr,
wie’s früher einmal möglich war.

 

Manchmal klingelt mein altes Rad,
fragt, ob ich noch das Stürzen kann.
Ich lache: „Üben tu ich’s grad,
ganz ohne Helm und Sattel dann.“

 

Es lacht und rollt im hellen Schein,
wie einst, als alles leichter schien.
Ich bleibe stehen, ganz allein,
im Flur der Dinge, mittendrin.

 

Die Zimmerpflanze winkt mir matt,
ihr Blattwerk längst im Streik geblieben.
Sie weiß, dass ich vergessen hab,
zu wässern, wie es Pflanzen lieben.

 

In Kisten schlummert Kinderglück,

von Motten leise fortgetragen.

Nun träum ich mich ganz kurz zurück,

zu einem Rest von ein, zwei Tagen.

 

Mein Kopf ist leer, wie ausgelaugt,
verschlampt, was wichtig einst gewesen.
Wurde PINs, Namen, Codes beraubt,
alles fort, was ich je gelesen.

 

Ich winke meinem Ich zum Geh´n,
die Bilder laufen schwarz und weiß.
Der Abspann flimmert, kaum zu seh’n,
das ist des Alters böser Preis.

 

 

 

 

 

 

 

©Sigrun Al-Badri/ 2025


 

 

 

 

 

 

 







Anmerkung von Saira:

Das lyrische Ich dieses Gedichts spiegelt nicht meine eigene Lebenssituation wider. Vielmehr entstand der Text aus der Beobachtung eines mir nahestehenden Menschen und dessen Erfahrungen mit dem Älterwerden.

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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (21.07.25, 17:50)
Oha Sigi,

das ist ja deprimierend. Aber gut beschrieben!

Beste Grüße, 
Dirk

 Saira meinte dazu am 22.07.25 um 08:58:
Moin lieber Dirk,
 
niemand wünscht sich diese Art des Vergessens für sich oder seine Liebsten.
 
Ich danke dir für dein Lob.
 
Liebe Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg (21.07.25, 18:23)
Hallo Sigi,

wer im Haus der alten Zeiten aufräumen will, muss eine illusionslose Bestandsaufnahme machen. Sie ist dir gelungen.

Liebe Grüße
Ekki

 Saira antwortete darauf am 22.07.25 um 08:59:
Hallo Ekki,
 
ich freue mich, dass du diese „Bestandsaufnahme“ als gelungen wertest.
 
Herzliche Grüße
Sigi


 AchterZwerg (22.07.25, 07:40)
Liebe Sigi,

metrisch würd' ich nochnmal rüber huschen.
Aber
Ich winke meinem Ich zum Gehen,
die Bilder laufen schwarz und weiß.
Der Abspann flimmert, kaum zu sehen,
das ist des Alters böser Preis.
wirkt ausgesprochen überzeugend!  <3

 Saira schrieb daraufhin am 22.07.25 um 09:00:
Danke liebe Heidrun für deinen Hinweis. Ich werde nochmal drüber huschen.
 
Freu mich über dein Lob und dein <3 .
 
Liebe Grüße
Sigi

 plotzn (22.07.25, 11:35)
Servus Sigi,

Demenz ist eine deprimierende Krankheit, für das Umfeld sowieso und für die Betroffenen insbesondere in den Phasen, in denen sie es selbst noch mitbekommen.

Meine Mutter ist zum Glück geistig noch top fit, allerdings ist durch einen Schlaganfall ihr Sprachzentrum schwer geschädigt, so dass sie sich nur noch sehr eingeschränkt artikulieren kann. Auch nicht schön...

Liebe Grüße
Stefan

 Saira äußerte darauf am 22.07.25 um 19:32:
Servus Stefan,
 
das Thema „Vergessen“ und „Verlust“ kann sehr unterschiedlich sein. Es ist immer schwer, einen geliebten Menschen so eingeschränkt zu erleben.
 
Danke für dein Feedback dazu!
 
Herzliche Grüße
Sigi

 TassoTuwas (23.07.25, 14:11)
Liebe Sigi,
die Sicht auf die alten Zeiten (gut, dass du nicht "guten" geschrieben hast) ist für jeden Zurückschauenden geprägt durch die eigenen Erwartungen, also die Erfolge und die Niederlagen.
Am besten geht das mit einer Mischung Ehrlichkeit zu sich selbst, Fairness gegenüber der Wegbegleitern und einer Priese Demut.
Auch wenn es manchmal schwerfallen mag.
Herzliche Grüße
TT

 Saira ergänzte dazu am 23.07.25 um 18:31:
Lieber Tasso,
 
die Prise Demut, die du erwähnst, ist wohl das Schwierigste und gleichzeitig das Wichtigste. Sie hilft, Frieden mit dem zu schließen, was war und mit dem, was nicht mehr ist.
 
Danke für deine weisen Gedanken!
 
Herzliche Grüße
Sigi

 Teo (24.07.25, 22:50)
Sigi...und noch sowas Unfröhliches.
Ich fürchte nicht viel im Alter...bis auf das, was du beschreibst.

angstvolle Grüße 
Teo

 Saira meinte dazu am 25.07.25 um 08:04:
Moin lieber Teo,
 
mir geht’s ähnlich wie dir. Manchmal erschreckt mich der Gedanke ans Vergessen auch. Ich mag es mir nicht vorstellen.
 
Lass uns an die schönen Dinge denken und eine Fahrradtour ohne Helm und Sattel planen.
 
Liebe Grüße
Sigi

 Teo meinte dazu am 25.07.25 um 08:16:
Jaaaa....eine Radtour mit dir!!!
Auf dem FKK Gelände in Herne-Eikel. Auf dem Tandem!! Du darfst vorne sitzen!!!!
Aaaach...ich freu mich so!!!!!!

 Saira meinte dazu am 25.07.25 um 13:19:
Ach Teolein, das klingt ja fast zu schön, um wahr zu sein. Aber leider muss ich umdisponieren und absagen, da ich für solche Abenteuer momentan keine Zeit habe … mein Kalender ist voll mit wichtigen Terminen wie Bücher schreiben und Erinnerungen suchen. Sorry! 

 Teo meinte dazu am 25.07.25 um 15:35:
Wie Schade!
Das wäre auf dem Gelände der Fröhlichen Knast Katholiken gewesen....
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