Gedanken
Text
von Saudade
Anstatt zu schlafen, ich muss um sieben Uhr aufstehen, legte mich aber nicht nieder, somit sitze ich, denke ich darüber nach, was ich in der Früh als Erstes machen muss, schlussendlich war ich lange im Krankenstand. Die Mails, es waren unzählige, arbeitete ich bereits seit Freitag ab und die Wahrheit ist, dass ich in der ganzen kranken Zeit gearbeitet habe, Mails sporadisch, so fern sie wichtig waren, bearbeitet hatte, Telefonate führte und Anweisungen schrieb. Als Führungskraft kann man nicht einfach ausfallen, da bricht das Gefüge. So gesehen ist es heute so als ob ich nie weg gewesen wäre, nur tausche ich das Pyjama, zumindest das Oberteil, und ziehe den Blazer an, ja, ich arbeite im Home Office, denn der Kreislauf ist noch nicht ganz auf der Höhe, zumindest diese Woche (noch).
Die Zeiten haben sich geändert, entweder arbeiten die Menschen nur halbtags, das bedeutet 20 Stunden oder Rund um die Uhr, so wie ich eben auch. Dies wurde durch die Lockdowns salonfähig. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die "Bleistift fallen lassen" - Mentalität, gibt es kaum noch. Im Grunde komme ich auf 60 Stunden. Natürlich bekomme ich ein anständiges Gehalt dafür, aber beachtet man das Pensum, darf die Neidgesellschaft die Gosch'n halten.
Nun, jeder ist des eigen Glückes Schmied - das, was man studiert, das muss einem während des Studiums bereits klar sein, was auf einen zukommt. Herauskommen und glauben, man wird sofort Chef und hat von Mitarbeiterführung eine Ahnung, das ist ein Trugschluss. Das ist eben der Jammer in der Wirtschaft, die fliegt noch auf die Nase mit den ganzen Absolventen ohne Empathiefähigkeit. Die muss man nämlich nach und nach lernen. Ja, auch ich wurde gleich am Anfang mit der Weisung einer Entlassung belastet. Dann folgten Kündigungen, Diebstahl, Einsparungen, Gemotze und all das prasselte auf mich ein, lauter menschliche Dinge. Fachlich war kein Problem da.
Vielleicht reagiere ich privat deshalb sehr empfindlich auf Verblödetes, weil es mir beruflich permanent begegnet.
Was ich, z.B. überhaupt nicht leiden kann, das ist Ideenklau. Einmal kam einer zu mir und präsentierte ein wunderbares Konzept als seines. Ich sagte, es sei doch seltsam, denn ich war mit X in einer Besprechung, da besprach X mit mir dasselbe vor drei Wochen. Nach eingehender Prüfung war es tatsächlich Xs Konzept, hierbei ging es um Ideenklau, die mit Prämie in Verbindung stand.
Ich kann das überhaupt nicht leiden, wenn sich einfallslose Menschen, richtige Einfaltspinsel, hinsetzen und fast 1:1 eine Idee abschreiben. Was sind das für widerwärtige Idioten!
Ach, diesen Menschen versetzte ich, der darf woanders herumlügen. Nein, da kenne ich nichts.
Den Ideengeber habe ich nun an meiner Seite und auf den ist 100 Prozent Verlass.
Auch muss ich nun ständig aufpassen, es wird viel mit KI produziert und gelobt, jedoch die Wahrheit kommt immer ans Licht. So mag ich den Kontakt von Aug zu Aug, ich höre Ideen, Konzepte und den schnellen Gedankenswitch, daran sehe ich, dass der Mensch mit seinem Gehirn arbeitet.
Den Anfängern gebe ich Verträge, das sind zumeist Textbausteine, die haben sie ordentlich zusammenzusetzen. Manche sind noch vor dem Abschluss, die prüfe ich ab, lese Bachelorarbeiten durch und schaue, dass sie den Ball flach halten, es gibt zu viele Überflieger, die dann zu hart landen.
Aber, auch ich werde abgeprüft, dies von meinen Chefs, vorwiegend männlich, so im Vorbeigehen, wird gefragt, ob die Betrachtung ex ante oder ex post gesehen wird, auch, wie es mit dem Schadenersatz so ist, einfach so, mitten in einem ganz anderen Gespräch und das macht Spaß und bringt mich weiter. Dass gerade ich im Öffentlichen eine Ehrenrunde drehen muss, das war weniger gern gesehen. Dies nur nebenbei.
Die Faust sitzt mir ebenfalls im Nacken.
Es ist jetzt 4:02, ich werde jetzt schon zu arbeiten beginnen. Was soll ich sonst machen, ich bin auf der Suche nach der verlorenen Zeit... ohne Madeleine.