Überstanden!

Tagebuch zum Thema Abschied

von  tastifix

Es war das Beste für ihn...

Am Donnerstag war es soweit. In der Nacht hatte  Knödelchen viermal sein Körbchen verlassen und dann leicht hechelnd fast desorientiert mitten im Raum gestanden. Es muss die innere Verbindung zwischen uns gewesen sein, die mich automatisch auch wach werden liess. Ich beobachtete meinen Hund. Er war wie so oft in den letzten Tagen gar nicht mehr er selbst. Wieder und wieder sah er mich an und guckte doch durch mich hindurch.

An Schlaf war überhaupt nicht mehr zu denken. Ich spürte, es waren die letzten gemeinsamen Stunden. Mir fröstelte, doch das Frieren konnte ich nicht abstellen. Das kam aus meinem Herzen.
In der Hoffnung, er hörte mich vielleicht doch, sprach ich leise mit ihm. Aber er hörte ja schon so lange kaum mehr etwas. Vielleicht tat ich es auch, um meine Gefühlsaufwallungen in den Griff zu bekommen.

Ich sprach mich mit meiner Nachbarsfamilie ab, die uns samt Hund, Matochens bestem Freund, begleiten wollten. Während der Fahrt drängte sich mein Tier an mein Knie. Soviel bekam es doch noch mit...Es fühlte sich irgendwie unsicher.

Dort angekommen, gab meine Nachbarin in der Praxis Bescheid. Sie kehrte in Begleitung der Ärztin zurück. Diese warf einen Blick durchs Fenster auf meinen Hund und flüsterte daraufhin meiner Nachbarin etwas zu. Später erfuhr ich, dass sie Matochen bereits im Wagen die Spritze hatte geben wollen.

Sie überlegten kurz, entschieden sich dann nach meinem Willen. Meine Nachbarin hob ihn aus dem Wagen und führte ihn an der Leine noch ein paar wenige Schritte auf und ab.  Die Ärztin fand ihren ersten Eindruck bestätigt. Für sie war alles eindeutig. Wir gingen alle gemeinsam in den Behandlungsraum, wo wir Matochen ableinten. Er, der sein Leben lang bei jedem Tierarztbesuch am liebsten durch das geschlossene Fenster geflohen wäre, stand da ganz ruhig wie verloren vor mir und zeigte keinerlei Angst.

Dann trappste er ein paar Schritte auf seinen vierbeinigen Freund zu, blieb wieder stehen. Meine Ärztin sagte von sich aus: "Frau Schumacher, Matochen ist immer ein extrem stolzes Tier gewesen und ein Hund mit einem tollen Charakter. Er ist nicht mehr von dieser Welt. Lassen sie ihn stolz sterben und ersparen sie ihm schlimme Qualen. Die Zuckungen im Bauchraum, die er schon am Sonntag hatte, waren die ersten Anzeichen schlimmer Bauchkrämpfe, die stetig schmerzhafter würden."

Ich war so froh: Sie hatte genau das ausgesprochen, was ich selber dachte. Ich bat sie, ihn einzuschläfern. Aus Sicherheitsgründen ist es vorgeschrieben, so großen Hunden einen Maulkorb aufzusetzen. Doch die Ärztin sträubte sich dagegen: "Ich kenne sie seit Jahren, ich kenne Matochen. Dass er, obwohl er total verwirrt ist, jemals versuchen würde, mich zu beissen, halte ich für absolut unwahrscheinlich."

Sie behielt Recht. Matochen fiepte nur einmal leise, als sie die Spritze setzte. Ich hatte meinen Hund umarmt, der mit seinem Kopf in meiner linken Armbeuge lag. Er schlief sofort ein. Da er ein ganz extrem starkes und gesundes Herz hatte, verabreichte die Äzrtin ihm eine Schlafmitteldosis wie für ein Pferd, damit er auch wirklich nichts mehr mitbekäme.

Dann folgte die zweite Spritze, die ihn dann schmerzfrei sterben liess. Immer noch lag er in meinem Arm. Da war es um meine Fassung geschehen. Die Tränen rollten, ich konnte es nicht verhindern. Ich beugte mich über ihn, schmuste mit ihm und flüsterte ihm zu: "Mein süsser sanfter Trotzkopf, danke für alles!"

Meine Ärztin nahm mich in den Arm, geleitete mich bis zum Ausgang. Dann sagte sie mir etwas sehr Schönes: "Wir bleiben in Verbindung!"
Deser Satz war eine ganz große Freude in ganz grosser Trauer für mich.

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Kommentare zu diesem Text


 BrigitteG (30.01.06)
Hallo Gaby. Dein Hund hat es jetzt überstanden, bei Dir wird es länger dauern. Aber irgendwann ist die Erinnerung an den toten Hund kein Schmerz mehr, sondern liebevolles Zurückdenken (so kenne ich es). Liebe Grüße, Brigitte.

 tastifix meinte dazu am 30.01.06:
Liebe Brigitte! Danke für Deine tröstenden Worte. Ich habe ebenfalls schon Erfahrung , was solchen Abschied angeht. Ich hatte früher drei Hunde. Zwei von ihnen(sie waren jünger als er) habe ich schon in ihrer letzten Stunde begleitet. Du hast völlig Recht und ich weiss das auch. Ich habe einen Tierkurzroman über ihn hier veröffentlicht: Fürs Stricken denkbar ungeeignet...Den habe ich mir gestern ´mal wieder durchgelesen. Ich habe die Erinnerung an all diese köstlichen Situationen trotz des augenblicklichen grossen Schmerzes lächelnd lesen können. Liebe Grüsse Gaby
(Antwort korrigiert am 30.01.2006)
textor (72) antwortete darauf am 30.01.06:
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 Sonnenaufgang (31.01.06)
liebe gaby, man spürt, wie gern du knödelchen hast, er immer in liebevoller erinnerung bleiben wird. mir kamen die tränen bei deinem text, weiß ich doch, wie schwer so ein abschied ist.
zum glück kannst du freude aus anderen hobbys von dir schöpfen. ich denk an dich. liebe grüsse von feli
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