Alle 124 Texte von minimum

mühsamer Spätsommer der sich über Stunden aus dem Grau des Morgens windet: kurz vorm Läuten der Mittagsglocken steht endlich ein Mann im Bademantel auf einem Balkon und segnet mit seinem Smartphone das Lächeln der Passanten

vor Wochen noch der prangenden Kirsche auf dem Bürgersteig ausgewichen dem hellrot sickernden Insektenfraß nur um jetzt im müden Gras der Alleen alle paar Schritte über Kastanien zu stolpern

unter Lack erstarrtes Gesicht dessen Trägerin aber mit einem Säugling hantiert vorm offenen Kofferraum

fast ohne Zeugen die plötzliche Wut des Straßenkehrers im einsetzenden Regen mit verbissenen Besenschwüngen bewegt sich der Mann in der orangen Hose rückwärts und ohne einmal aufzusehen über eine Bürgersteigstrecke von der doppelten Länge...

die von ihr selbst verdrängte kühle Tunnelluft eilt der Bahn auf ihrer Fahrt voran wie ein Schatten der die Initiative an sich gerissen hat und noch bevor ein schweres Rollen allmählich ins Bewusstsein dringt streift den Wartenden am Bahnsteig...

unvermutet und ungerufen erscheint sie nach dem Hochfahren des Rechners mitten im Gewimmel der Symbole: eine alte Bekannte die sich anfangs als schlichtes weißes Viereck gibt (mit eingeklappter Ecke oben rechts) schon nach dem nächsten Neustart...

der aufgelöste Haushalt auf der Rasenfläche gegenüber erzeugt ein beiläufiges Kommen und Gehen stöbernder Gestalten an den Rändern seines burgartigen Aufbaus bei fast jedem Hinsehen scheint wieder ein Stück verschwunden zu sein (mit...

im Augenwinkel die paarweise Annäherung von Hunden (durch eine entschlossene Drehung des Kopfs diesmal noch als Tauben entlarvt)

Grün von unten in kleinen wuchernden Abteilungen mit dem frühen Sommer hochgekommen und der braun verwitterten Mauer auf breiter Front in zäher tödlicher Feindschaft verbunden

manchmal reitet ein kleines Kind vorbei auf unsichtbaren Schultern obere Autohälften eilen und nur die Straßenbahn ist wirklich groß: im Spiegel ihrer Fensterflanke nimmt sie das Bild von Tonnen mit die am Rand des Bürgersteigs in Grüppchen...

das Quietschen des Tors zum Innenhof ist noch nicht ausgeklungen da gleiten schon Schemen am Fenster vorbei: eilige Nachbarn in dunklen Kapuzen beginnen den Tag

Voyeur des Frühlings am Rand der Stadt: die fetten weißen Baumblüten nur Fake im kühlen Wind der es im Lauf des Tages immer eiliger hat

der Gang der Greisin auf der anderen Straßenseite: den Oberkörper windschief nach hinten so nachdrücklich als machte sie sich lustig über die Passanten ringsum während ihr die eigenen Füße buchstäblich einen Schritt voraus sind

vergeblich buchstabiert der Blick urbane Krakel in lila Sprayschrift (über Nacht der Hauswand gegenüber aufgezwungen als ertrüge jemand ihr weißes Schweigen nicht)

die junge Frau biegt in die Kurve des Bürgersteigs hektisch armrudernd im Würgegriff eines riesigen weißen Schals hinterm Fenster kämpft der Blick mit einer gelben Gardine

du bringst den Schnee aus dem Gebirge morgens in die Stadt in merkwürdig geformten Resten auf deinem dunkelgrauen Dach du hältst nur kurz vor meinem Fenster und noch bevor du weiterfährst kehrt der Tag schon wieder an seinen Ausgangspunkt...

kein Nachtfrostschimmel auf dem roten Dach gegenüber aber Punkt halb neun die Abschaltung von Gelborange das teilnahmslos über der Straße hing jetzt bleibt noch das Tagesguthaben schütter und dunkelmittelgrau

vorm Eingang zur Kita auf dem Bürgersteig ein riesiger Löwe aus Plüsch drinnen toben Kinder fünf oder sechs Schritte weiter ein Zebrastreifen

die welken Burschen für alles wühlen im Garten eilen im Innenhof machen den Carport fit mit Brettern gegen Bretter stoßend die Plane auflegend für viele regennasse Jahre

beiläufig offener Hauseingang: verschollenes Kneipengrün wie eine kleinteilig gekachelte Botschaft aus den Siebzigern mitten ins physische Herz

strahlender Mittag: der Hubschrauber zum schwarz vibrierenden Punkt geschrumpft ein Brummen nur fürs Auge in einem Himmel der tiefblau nach den Rändern ausdünnt

kein wehender Bart (nikotingelb) kein verrotztes Riesentaschentuch nur Fressen im Gehen (die Wahrheit beharrlichen Hinsehens: Gebäck aus einer Bäckertüte)

der alte Mann auf dem Bürgersteig tritt einen Fetzen Papier unrhythmisch vor sich her zornig und doch selbstvergessen nach sieben acht Metern Desinteresse

Sommer auf der Schreibtischfläche: ein kleiner dunkelgrauer Fleck der ein sehr kleines Insekt war das mit dem Futteral einer Nagelschere beiläufig zerdrückt wurde