Misanthropologisches Fragment

Kurzprosa zum Thema Ende

von  RainerMScholz

Verwesende Leichen baumeln im Wind, der von jenseits der Sonne durch die Städte weht. Tote bekriegen sich in den Straßen, schlachten lebloses Fleisch. Lastwagenkolonnen transportieren Stahl und Beton, um seelenlose Monstren in die entvölkerten Himmel zu treiben. Babylon liegt bereits im Tiefgeschoss der Parkebene. Der Endzeitalptraum dehnt seine Konsistenz ins Unermessliche. Welten sterben, gehen unter, verglühen in der Stahlschmiede, unerkannt, unerwähnt, beinahe lautlos. Bedrückende Stille im Stimmengewirr des Äthers einer überbevölkerten Holocaustkulisse.
Eruptionen verfluchten Blutlavas ersticken den tiefseeblauen Asphalt, quillen aus lächelnden Fassaden, trocknen auf entfleischten Skeletten gengezüchteter Amphibienwesen, die auf ejakulierten Müllhalden enddeponiert wurden.
Die Himmel sind leergefegt, deportiert in die neuen Konzentrationslager einer glitzernden Antiwelt. Die geheime Besiedlung der Hölle ist annähernd abgeschlossen. Freie Plätze werden hoch gehandelt und bezahlt mit Identitätsverrat, Betrug und den Seelen der Söhne und Töchter. Der Tod kommt nicht nur einmal. Nur für die, die bereits im Wind baumeln, vorangingen.
Verzweifelte Schreie kreischen durch die sternlose, schwarze Nacht. Hilfloses Schluchzen, als offenbar wird, dass der Schalter zum Anhalten des Babylonprogramms nicht funktioniert. Der Stahl wächst weiter, der Beton frisst die Seelen. Das sinnentleerte Warten in der Schlange zum Eingang des Zentralfriedhofs Erde zerstört alle mentalen Beziehungen und klärt jede verbliebene Frage bis zur Erschöpfung oder ignoriert sie schlichtweg. Demokratie: Jeder darf seine Meinung laut äußern und tut das auch. Die Herrschaft der Ratten in der Zeit der Pest.

© Rainer M. Scholz

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text

Misanthrop (31)
(29.12.08)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 RainerMScholz meinte dazu am 29.12.08:
Wen wundert`s.
Grüße,
R.
Leyla (29)
(13.01.09)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 RainerMScholz antwortete darauf am 14.01.09:
Nee, "quillen" scheint mir richtig zu sein. "Winde jenseits der Sonne" hören sich so aus dem Zusammenhang gerissen ein weinig flatulent an. Das muss ich beobachten.
Das dir der Text wuchtig erscheint, ist immer noch besser, als käme er wurstig daher für dich. Aber der Einwand stimmt wohl. Und sich durch den Text kämpfen zu müssen - nun ja, so lang ist er ja nicht.
Danke für den konstruktiven Kommentar.
Grüße,
R.
Leyla (29) schrieb daraufhin am 14.01.09:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram