Ohne Gewähr

Gedanke zum Thema Historisches

von  loslosch

Fero latum (geflügeltes altes Wort; Quelle unbekannt). Wörtlich: Ich überbringe das Überbrachte.

Eine Form der Distanzierung. Die Botschaft Dritter, ohne Gewähr für die Richtigkeit. Nicht immer ohne Risiko für den Überbringer. Wenn es eine schlechte Nachricht war, musste der Bote sie im Extremfall sogar mit seinem Leben bezahlen. Gesichert ist diese Nachricht jedoch nicht, sie ist eine Art fero latum.

Ein Historienschreiber könnte seine Betrachtungen mit fero latum beginnen. Für einen Historiker wäre es jedoch zu wenig. Wenn keine Zeitzeugen zur Verfügung stehen, müssen andere Quellen bemüht werden (Kulturdenkmäler, alte Schriftstücke, Dokumente, Sekundärquellen usw.), um ein konsistentes Bild zu erschließen.

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Kommentare zu diesem Text


 Bergmann (18.02.12)
Der Bezug zum Historiker ist interessant. Allerdings glaubt heute keiner mehr, dass der Historiker à la Ranke berichtet, "wie es gewesen". So gesehen müssten alle Historiker geköpft werden, wenn sie das denken, oder sie bringen sich selbst um, eventuell schon, bevor sie ein "latum" haben.
Tja, ferre fero tuli latum id est nihil demonstratum ...
t. t. Ulius

 loslosch meinte dazu am 18.02.12:
tja, auf -atum reimt sich lateinisch so manches. eben sinniere ich über einen hübschen vertipper: ferro latum. das heißt, uli?

nun, durch eisen überbrachtes. ultima ratio regum. oder: das letzte mittel der könige (kardinal richelieu). wer die rohre hat, schreibt/diktiert geschichte. jedenfalls auf kurze sicht.
t.t. lothar

 Bergmann antwortete darauf am 18.02.12:
Kongenial!

 loslosch schrieb daraufhin am 18.02.12:
und kongenital!

 EkkehartMittelberg (18.02.12)
Mich interessiert wie Uli der Aspekt des Historikers am meisten. Seine Wissenschaft ist trotz allen Bemühens um zuverlässige Quellen interessegeleitet. Sie ist zum Beispiel eine Geschichtsschreibung aus der Perspektive von Thron und Altären , eine Historik unter dem Aspekt von Klassenkämpfen oder eine Gender- Geschichtsschreibug. Je stärker das leitende Interesse ist, umso mehr begnügt sich derHistoriker mit dem „fero latum“, wenn es ihm in den Kram passt.
Ekki

 loslosch äußerte darauf am 18.02.12:
unser griechisch-lehrer war ein verkopfter und verkappter altnazi. in einem hatte er recht: er stufte thukydides (5. jh. v. chr.) - und nicht den etwas älteren herodot - als vater der geschichtsschreibung ein. konzept der neutralen wahrheitssuche. heute wissen wir, dass wahrheitssuche schwer umzusetzen ist. auch g. w. bush hält sich für einen (kleinen) wahrheitssucher. lothar

 loslosch ergänzte dazu am 18.02.12:
plutarch (1./2. jh. n. chr.), vergaß ich zu erwähnen, bleibt ebenso ein vorläufer der moderne. mit seinen vergleichenden biografien verfolgte er einen engeren ansatz. lo

 ViktorVanHynthersin (18.02.12)
Generell stelle ich mir bei Botschaften die Frage: Cui bono? (lateinisch für Wem zum Vorteil?). Schlussfolgerungen und Handlungen, die aus der Antwort auf die Frage resultieren, sind meist richtig.
Herzlichst
Viktor

 loslosch meinte dazu am 18.02.12:
cui bono hat auch seine tücken. nach dem krieg konnte berlin breite straßen anlegen. makaber wohl. die frage nach dem "nutzen" ist nicht immer so eindeutig zu klären. danke dir, lieber viktor
magenta (65)
(19.02.12)
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 loslosch meinte dazu am 19.02.12:
ein subtiler, geradezu intellektueller blick auf die versierteren unter den klatschtanten und klatschonkeln (reihenfolge rein sprachgeschichtlich). lothar
Graeculus (69)
(02.08.17)
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 loslosch meinte dazu am 02.08.17:
ich hab mir ein bisschen die augen gerieben. ob ich sowas heute hinbekäme?
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