Ich war nackt und sie weinte. Dabei hatte dieses Ende doch einen freundlichen Anfang genommen. Es verprach aus einem gewöhnlichen Alltag ein romantischer Abend zu werden. Ich trug gute Schuhe und auch im Rest war eine gute Qualität. Ich roch nach salzigen Wellen, die an hippen Klippen brechen. Ich mag Romantik, coole Romantik, fesche Romantik, heftige, extreme, starke, abgefahrene Romantik mit Kerzen, Sternenhimmel, tief-in-die-Augen-schauen, mit starken Schultern und schwachen Blicken, Romantik zu der man Schnippsen kann.
Ich stehe in meinem Zimmer und habe, unbedacht, doch willentlich, mit Kerzenlicht um mich geschmissen. Geiz ist eben nicht geil, nicht heute und eigentlich auch sonst nicht und ich trete auf Zehenspitzen zwischen brennenden Dochten im Sinne einer feschen Romantik. Ich mag nicht länger warten. Tick, tack, tick, tack, tickiditack. In Gedanken schubbse ich die Zeit vorran. Warten ist Gift für meine Seele und Nährboden unnützer Gedanken. Es klopft. Endlich. Unter langem blonden Haar werfen Blicke eine süße Erwartung in den Raum. Auf viel zu dünne Schultern und einen viel zu schmalen Körper hast du ein hübsches Kleid gelegt. Wir sprechen schöne Worte, mit schönen Klängen, aus schönen Mündern. Es steht uns gut, diese Leichtigkeit eines ungewissen, doch absehbaren Ausgangs. Und zwischen Worte fallen Küsse, so beiläufig, als wären sie uns eben mal so eingefallen. Wir öffnen Knöpfe und Schnallen und schöne Kleider fallen an dir und mir hinab. Du liegst auf weichen Daunen zwischen großen Kissen und einer süßen Hoffnung in deinen Augen.
Plötzlich zerreißt dein lauter Schrei die Unschuld einer stillen Nacht. Zwischen aufgerissenen Augen schlagen Flammen bis an weiße Decken hoch. "Ach du Scheiße". Mein Herz schlägt drum'n base. "Tu doch was". Ich leere den letzten Rest roten Wein auf das entflammte, weise Bett, stülpe Decken auf Decken und schmeiße mit Blumenerde aus großen Kübeln. Ich versuche cool zu bleiben. Ich schnappe die Matratze, ziehe sie durch einen langen Flur und stoße sie in eine viel zu kleine Badewanne. Kurz darauf strömt siffiges Wasser aus verkohltem Stoff und giftiger Atem bleibt in sommerweißen Gardinen hängen. Ich stehe knöchelhoch in widerlichem, grauschwarzem Stinkwasser und ich fühle mich scheiße. In meinem Gesicht bleibt die Ohrfeige einer wütenden Hand und in Gedanken der Nachhall flinker Schritte und dein schöner Rücken - "Goodbye, Adieu, Adios".
In der Tür aber steht nun ein freundliches Lächeln auf einem fragenden Gesicht. "Du, ähm". "Jaha", sage ich. "Was ist?", sage ich. Es gibt Momente, da hasse ich Mitbewohner. "Ähhhmmmm, duuuuuu". Sie schluckt. Ein Zeigefinger bleibt Luftlinie etwa hüfthoch auf mir liegen. Ich schaue hinab. Oh Shit. Ich räsupere mich. "Ohhhhh", sage ich und wende mich in Richtung Durschvorhang. "Hübscher Po". "Danke", brummel ich. Dann lacht sie, durchdringend und erbarmungslos. Dicke Kullertränen fallen auf einen eh schon nassen Boden und schallendes Gelächter wird von eingerußten Wänden zurückgeworfen. Ich liebe dieses Leben.
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