2. Selbst und Nichtselbst

Beschreibung zum Thema Diesseits/ Jenseits

von  LotharAtzert

Um das Vorangegangene noch einmal zusammenzufassen: je mehr man Ablenkendes aufgibt, umso mehr steigt das früher Verdrängte in die Bewußtheit zurück, aus der es kam. Wie in der Natur, die bekanntlich keine freie Fläche duldet. Und logischerweise erscheint immer  zuerst, was jener Bewußtheit am nähesten ist.
Um nicht mit dem Aufsteigenden konfrontiert zu werden, ist der Automatismus des pausenlosen Denkens und Handelns ein probater Schutzmechanismus. Oder man läßt sich berieseln von den hunderttausend Reizen der äußeren Welt.
Wäre alles Ablenkende willkürlich abschaltbar, wäre Wahnsinn die direkte Folge, da das Ungewünschte spontan ans Tageslicht käme. So etwas geschieht mitunter bei einem Unfall, oder unter Drogeneinfluß.

So ist die äußere Welt nichts anderes, als ein Spiegel der verdrängten Innenwelt, die zur Erscheinung wird. Das Automobil wurde zb. in dem Moment erfunden, als das sogenannte Selbst (lat. auto) eben diese Selbst-Ständigkeit einbüßte und der Siegeszug der Industrie mit ihren genormten Teilen unumkehrbar geworden war. Das Wort "normal" stammt ebenfalls aus dieser Zeit, in der die lebendige Gestalt durch Gestelle im Sinne des Herstellens ersetzt wurde. Man fertigte, was man zu brauchen vermeinte und die verarmende Natur, aus der ja alle "Roh-Stoffe" stammen, antwortet seither mit Artensterben.
Die Begriffsbedeutung von Normal beinhaltet demgemäß ein Zerstören des organischen Wachstums und der Gestalt.

Illusion (SAMSARA) nennt Buddha diesen Vorgang.
Historisch gibt es den Buddhismus erst seit ca. 500 v. Chr. SIDDHARTHA Gautama sprach selbst einmal davon, daß alles einen Namen braucht und so nannte ER es Buddhismus. Tatsächlich ist aber die hintergründige Lehre älter, als unser derzeitiges Universum. Schon Veden und Hinduismus rechnen in Weltzeitalter und begründen dieses mit anfangs- und endlosen sich von einander ablösenden Zuständen - universelles Einatmen, Stabilisieren, Ausatmen - oder die ursprünglichen Zwei, die sich in der Mitte neutralisieren. BRAHMA-VISHNU-SHIVA. Für den obersten Gott BRAHMA, so heißt es, dauert ein einziger Tag solange, wie die Ausdehnung des Universums weiter wirkt, der am Ende die Nacht oder Zusammenziehung folgt.

Ein oberster Gott - Budda verneint eine letztendliche und in sich selbst verharrende Geist-Substanz, während es für den frommen Hindu ein ATMAN oder unzerstörbares "höheres" Selbst gibt, das am Ende im apersonalen BRAHMAN aufgeht. Er verneint aber ebensosehr auch die beiden Extreme von Nihilismus und Eternalismus.
Daß auch im Hinduismus später eine Reformation statt fand, dem sogenannten VEDANTA, das heute weitestgehend mit der Philosophie des Mahayanabuddhismus übereinstimmt, soll hier nicht unerwähnt bleiben.

"Buddha" ist ein Zustand und lehrt das Verwirklichen des Nichtselbst oder eben die "Buddha-Natur". Manche nennen es auch Nondualismus. Und so ist ein Weg dorthin natürlich auch immer ein Weg zum Weglosen, Offenen, Freien, zum Dienen am Leben insgesamt - alle Wesen wollen glücklich sein, niemand will leiden. Und doch ist Welt auf Welt am leiden, aufgrund der großen Unwissenheit, die in Gier und Hass münden, jenen Dualismus, der das Lebensrad unaufhörlich in Gang hält.


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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(23.12.13)
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 LotharAtzert meinte dazu am 23.12.13:
Die Gefahr ist durchaus gegeben, ja
Sie wird aber minimiert durch eine pragmatische Vorgehensweise.
Der Buddhismus ist unterteilt in die drei sogen. Fahrzeuge:
Hinayana
Mahayana
Vajrayana
Das Hinayana spricht zu einfachen Menschen. "Tue dies, vermeide jenes" etc.
Das Mahayana - zu dem Bodhidharma als der erste Zen-Patriarch gehörte - spricht hauptsächlich zu den Intellektuellen. (Man denke an die japanischen Koans) Hier ist der Lehrer ein spiritueller Freund.
Und das Vajrayana schließlich, oder Diamantfahrzeug - für Verrückte wie mich - hier ist ein Praktizieren ohne Lehrer und Einweihung/Kraftübertragung nicht möglich. Auch fällt die Unterscheidung in Lehrer und Buddha weg.
Ich werde - als Schüler, der von Kagyudpas eingeweiht wurde (Vielleicht ist Dir Milarepa ein Begriff - Tibets Dichter-Yogi) im Laufe des Fortgangs noch darüber schreiben.
Offenbar gibt's ja Interesse daran.
Danke!
BabetteDalüge (67)
(24.12.13)
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 LotharAtzert antwortete darauf am 24.12.13:
Liebe Babette,
die "Welt" existiert ja nur als Spiegel. Und zwar im selben Sinne, wie der Wasserspiegel, dessen Spiegelung schon beim leichtesten Wind - d. Gier, Hass, Unwissenheit - verzerrt wird.
Wenn Du schreibst "alle werden es sowieso nie verstehen," so ist auch das im absoluten Sinn verzerrt wahrgenommen und hat nur relative Gültigkeit, etwa für dieses Weltzeitalter.
Im Nondualen - Graeculus berührte das thematisch weiter oben schon - gibt es weder Erlösung, noch zu Erlösende. Das befreit sowohl von Hoffnung, als auch von Furcht. Aber weil das schwer zu verstehen ist, gibt es die 84 000 Methoden, je nach Krankheit bzw. Geistesverdunkelung.
Die Heiligen sind vielleicht abgehoben - doch gilt das mehr für Nichtbuddhisten.

Die stille Betrachtung für sich alleine genügt nicht, da hast Du vollkommen recht. Aber das sagte ich auch nicht und deshalb schreibe ich ja so laut.

Danke fürs ausgiebige Reflektieren
Gruß
Lothar
(Antwort korrigiert am 24.12.2013)
BabetteDalüge (67) schrieb daraufhin am 25.12.13:
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 LotharAtzert äußerte darauf am 25.12.13:
Bist Du nicht eine Schülerin der Münchner Rhythmenlehre?
Dann nämlich weißt Du, daß in der Stunde der Rhythmus des Tages, des Jahres, des Lebens liegt. Soviel zu "diesem Leben." - im Tropfen das Meer; im Meer der Tropfen.

"Erst den Geist klären" - nur darum geht es! Die Klärung des eigenen Geistes beinhaltet zugleich ein Stillwerden. Je klarer, umso stiller - je unklarer, umso lauter.
Man kann nicht sagen: "So, heute wird es Zeit, in die Stille zu gehen."
Um zu fliegen, bedarf es zweier Flügel: Reflektion und Meditation. Einer allein ist fluguntauglich.

Ich stelle mir nichts vor, sondern versuche, die Vorstellungen beim Kommen und Gehen bewußt wahrzunehmen, OHNE nach ihnen zu greifen. Das ist schon alles - es erfordert natürlich einiges - unter anderem ein permanentes Scheitern, da man immer wieder zugreift.
Aber immer noch reden wir von Dingen, die ich mir gern - thematisch - für später aufgehoben hätte. Nämlich für dann, wenn es um Meditation geht.
BabetteDalüge (67) ergänzte dazu am 26.12.13:
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 LotharAtzert meinte dazu am 26.12.13:
Ja der einsame Rufer in der Wüste ...
Die Wirkung der Meditation auf ... dem Prüfstein, hätt' ich fast gesagt. So sagen doch die Medien heute ...
Ich werde darüber nachdenken.
Gruß retour
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