Das Zelt

Skizze zum Thema Bewusstsein

von  blauefrau

Greta behielt eine grüne Jacke und ein paar Wollpullover. Am Anfang, wenige Wochen nach dem Tod des Vaters, trug sie die Jacke wie ein Zelt, das sie umhüllte: sie fühlte sich geborgen in dieser Jacke und dem Vater nahe.

Sie existierte als ein geschlechtsloses Wesen in dieser Jacke, fast zeitlos. [Wahrscheinlich gab es nur Sex, dachte sie, weil es die Zeit gab: in dem engen Fenster musste etwas passieren, sonst hätte fast niemand je etwas erlebt.]

Dann hatte sie die Jacke zusammengeknüllt und in einen Wäschebehälter geworfen, und sie hatte gehofft, dass sich dies Relikt des Vaters selbst entsorgt. Als sie das große Aufräumen begann, zog sie die Jacke -muffig riechend- aus dem Behälter wieder hervor: sie wusch und trocknete sie und zog sie als Ersatz an, als bei einem Regenschauer ihre eigene Jacke pitschnass geworden war.

Komisch, die Faszination hatte sich gelegt: sie war fern von dem Vater, und sie fühlte sich auch nicht mehr besonders in der Jacke, höchstens ein wenig hässlicher als sonst.

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Kommentare zu diesem Text


 JDvGoethe (06.11.14)
Hi blauefrau,
schwerer Text - hab ihn vier Mal gelesen. Ich bin mir nicht sicher, ob mehr die Sehnsucht ruft oder die Anklage des Fortseins drückt. Vielleicht auch beides. Kann auch sein, dass noch mehr dahinter steckt.
Aber: Meine Unwissenheit erzeugte Neugier. Und meine Neugier verlangte, nochmal alles zu lesen. tat ich dann auch...
Gruß
JDvG
Graeculus (69)
(06.11.14)
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