Das dunkle Zimmer

Kurzgeschichte zum Thema Erinnerung

von  Hartmut

Paul ist gerade siebzehn, als er zu einer Karnevalsparty eingeladen wird. Allein der Ort, die Umstände der Einladung, der Weg dorthin, die Begegnung selber und das Ende werden wohl für alle Zeit geheimnisvoll im Dunkeln bleiben.

Aber was ist schon hell  in unserer skurrilen Quantenwelt? Die Physiker jedenfalls, ob wortreich oder verschlossen, ergehen sich in dunklen Andeutungen, wenn sie uns das Licht erklären wollen. Welle und Energie zugleich, vielleicht auch Materie – wer weiß - von einer „Größenordnung“10 hoch minus 100 m. Ein Baustein zum Leben ganz sicher!

Er wird von einem  unbekannten Pärchen auf der Straße angesprochen und eingeladen. Er folgt ihnen und schon bald betreten sie ein Haus in einem Viertel, wo die Dunkelheit alle Häuser gleich macht. Man begrüßt ihn freundlich, einige, insb. die Mädchen, sind kostümiert. Man führt ihn in ein fast dunkles Zimmer. Er sieht sie auf dem Sofa nur schemenhaft, das helle Gesicht erkennt man, die Zähne, wenn sie lächelt. Nicht aber die dunklen Haare und nicht ihren Schoß und ihre Beine in ihrem Kostüm. Die Deckenlampe  ist ausgeschaltet, nur die Schreibtischlampe strahlt ein wenig  Rotlicht. Das Karnevalsfest kann beginnen, da auch das letzte Mädchen einen Jungen hat.
Schon bald küsst man sich, so wie es die anderen auch tun. Es sind aber nicht allein die Küsse, die die Zeit vergehen lässt, sondern eher geheimnisvolle  akustische Schwingungen. Wenn sie nicht gerade den Mund ihres (unbekannten und fast unsichtbaren) Partners sucht, spricht sie zu ihm in/mit einer warmen, dunklen Stimme. Er beginnt sie zu lieben, den Tonfall, die Melodie der Worte  und mit der Zeit begehrt er sie mehr als ihren Mund. Gegen Mitternacht – wie abgesprochen – trifft man sich in der Diele. Die Paare verabschieden sich. Die schöne Stimme küsst ihn schnell noch einmal, sagt Tschüss und geht mit ihrer Freundin nach draußen. Er ist  wieder allein. Die Nacht ist hell und stumm.

Ein Jahr später. „Bettgeflüster“ heißt der Film. Ab 18! Eine lange Schlange hat sich vor dem Bavaria  Kino gebildet. Noch ist er nicht 18, macht nichts, hier wird nicht kontrolliert. Zwei Mädchen stehen vor ihm. Eine dreht sich um, spricht, beide lachen.  Es muss sie sein, die Stimme hat er nicht vergessen. Hat sie ihn bemerkt, ihn angeschaut? Noch waren sie nicht im hellen Bereich der Kasse. Licht ist Leben!

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