Wein ist ähnlich wie Freiheit

Glosse zum Thema Freiheit/ Unfreiheit

von  loslosch

Sed, ut libertatis, ita vini salubris moderatio est (Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr.; De tranquillitate animi - Über die Ausgeglichenheit der Seele). Sondern wie bei der Freiheit, so ist auch beim Wein maßvoller Gebrauch heilsam.

Seneca spricht von Freiheit (libertas), nicht von Zügellosigkeit (effrenatio). So manche Sprüche antiker Schriftsteller und Geistesgrößen wirken auf den modernen Leser verstaubt und überholt. Man sollte aber stets die Zeitumstände und das verfügbare Wissen würdigen. In diesem Spruch wirkt indes der Vergleich von Freiheit mit Weingenuss nicht nur weit hergeholt, sondern er legt auch einen Blick auf partiell schlichtes Denken frei. Mehr als nur ein schlechter Tag eines Schreibers. Dieses vordemokratische Politikverständnis bleibt weit zurück hinter älteren griechischen Vorbildern wie denen eines Solon und eines Perikles (6./5. Jh. v. Chr.).

Solch geistlose Sprüche ohne Wortwitz dürften bei den zeitgenössischen notorischen Weintrinkern als Ermahnung angekommen sein. Eine Ermahnung, die wohl kaum gefruchtet hat. Die übrigen Leser der Antike könnten versucht gewesen sein, zögerlichen Sklaven (mit ihrer Sehnsucht nach Freiheit) ein paar Ohrfeigen und Rutenschläge mehr zu verpassen. - Eine anstößige wie abstoßende Sentenz.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (03.03.16)
Es war so frei ...

 loslosch meinte dazu am 03.03.16:
... der herr seneca. der brachte es fertig, auf einen dummen satz einen klugen folgen zu lassen.

 niemand antwortete darauf am 03.03.16:
Ich finde diesen Spruch sehr gut und weise. Maßlose Freiheit die in unserem Land so vergöttert wird, dass keinerlei Grenzen mehr angestrebt wurden, halte ich auch für einen Nährboden dessen was heute geschieht und was man mit einem Ruck nach rechts bezeichnet. Ich glaube, dass dieser Ruck kein Bestreben nach den Nazis und ihrem Wahnsinn ist [ber den meisten jedenfalls] sondern er ist eine Sehnsucht nach Grenzen, nach Form in der inzwischen vor lauter Freiheitswahn wabernden Masse.Einer Masse, welche sich allenfalls an Cola und Fanta festhält [beides Blubberwasser] und nichts mehr hat was sonst zusammenhält. Und hier, an diesem Punkt, kommen die Flüchtlinge. Menschen, die noch Festigkeit haben, die Form haben, sei es im Glauben, oder Familie. Wie man dies auch werten möchte, es ist ein Halt, ein Stand und ein Standpunkt.
Wir haben dem nichts entgegen zu setzen, außer unsere Blubberfähigkeit, unser Jacke wie Hose. Kommt da nicht unterbewußt Neid auf, Neid weil wir nichts vorzuweisen haben, was hält, was den einzelnen hält. Keine Werte außer dem neueste Auto, dem besten Fußbalergebniss und dem perfektesten Outfit. Ansonsten ein richtungsloses Wabern.
Kann sein, dass wir uns unserer geistigen Armut schämen, weil uns diese Flüchtlinge einen Spiegel vors Gesicht halten?
Kann nicht sein, dass deswegen ein Schrei nach Grenzen, nach Schließung durchs Land geht? Das nennt man dann gerne einen Ruck nach Recht, was verpönt ist, jedoch die Wurzeln in einer Orientierungslosigkeit hat. Noch nichtmal unserer Politiker haben eine feste und richtungsweisende Form. Vor allem hat man Angst, ganz besonders vor einer festen Meinung, da schlägt man sich lieber verbal die Köpfe ein. Man ist so frei. Diese Freiheit scheint mir nicht viel wert zu sein, weil sie keine ist, es ist nur ein wahlloses sich Ergießen. Freiheit ist was anderes. Freiheit ist auch Mäßigung, insofern hat der Spruch seine Weisheit, und er trifft den Nagel auf den Kopf grade in dieser Zeit. LG Irene

 loslosch schrieb daraufhin am 03.03.16:
die freiheit, die ich meine ... nimm es als seufzer. im text unterschied ich zwischen libertas und effrenatio. lo
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