Wer sagte das? Ben Furman etwa? Vermutlich. Und doch ist es für uns als Personen nicht relevant, denn der Spruch hätte auch von jedem (abgesehen von gewissen Einschränkungen) sonst stammen können. Was jedoch nichts an seinem Wahrheitsgehalt ändert: Er ist wahr.
Wie schon des Öfteren pointiert, unterstelle ich den Menschen einen gehörigen eigenen Willen und demnach im Sinne der Erkenntnis über sich selbst als gleichermaßen autonome und interdependente Wesen auch eine entsprechende Freiheit, etwas wollen zu können. Doch ich möchte davon ablassen, über die Willensfreiheit zu (anzunehmen) disputieren. Denn dann müsste ich zumindest mental ein Streitgespräch in meinem Kopf mit verschiedenen anderen Personen (Kant, Vater usw.) austragen. Und das will ich nicht.
Zurück zum Kontext "Glückliche Kindheit trotz...". Denn das geht wohl mehr oder minder eindeutig daraus hervor. Also beispielsweise: "Ich habe meine Kindheit bereits hinter mir und sie war nicht schön - wegen Traumata. Doch heute lebe ich noch einmal meine Kindheit und mit einem Mal ist sie anders. Das soll nicht heißen, dass ich keiner Arbeit nachgehe und mit Puppen spiele oder Autos, sondern schlichtweg, dass ich heute freier bin als ich das damals sein konnte; und einfach, weil ich das so will."
Nein, das hat mir kein Patient erzählt, das habe ich mir soeben erdacht und deshalb ist es auch ein beliebiger Text. Ein Text jedoch, der darauf abzielt, dass etwas trotz bitterer Erfahrungen besser werden kann. Und das muss auch nicht im Widerspruch zu beispielsweise Bindungstheorie oder diesbezüglicher anderer psychologischer Erklärungsansätze stehen, sondern soll schlichtweg Mut machen.
Wenn jemand mich fragte, was ich am leichtesten verzeihen könnte, würde ich wohl antworten wie folgt: "Mutlosigkeit." Und doch ist Mut etwas, das ich zumindest in meinem persönlichen Umfeld als unerlässlich empfinde. Zunächst einmal, weil ich selbst sehr mutig bin und auch, weil ich mir mein persönliches Umfeld selbst aussuche und schließlich Wert darauf lege, dass wir alle ungefähr an einem Strang ziehen.
Verankert sehe ich hier stark die Salutogenese, die auch davon spricht, dass vor allem der Aspekt der Bedeutsamkeit/Sinnhaftigkeit sehr hilfreich und gar notwendig ist, um über etwas hinwegzukommen oder gar anders damit umzugehen. Hier ließe sich jetzt darüber streiten, ob und inwiefern Motivation extrinsisch sein darf oder gar nur intrinsisch, doch das will ich einmal außen vor lassen.
Für mich persönlich gilt (sogar) kein Erlebnis als (tatsächlich) in Stein gemeißelt: "Wenn ich etwas Schlimmes erlebt habe, spiele ich; spiele ich so lange, bis ich das Erlebte in einem anderen Licht betrachten kann. Am Ende ist es so, als erlebte ich nur noch mich selbst und mit einem Mal hat alles und somit auch ich eine andere Bedeutung erlangt." Oder gar überhaupt einmal eine Bedeutung erlangt?
Ja, auch diese Zeilen stammen aus meiner Feder. Ich habe mich nicht den Worten anderer bedient. Ohne abschließend zu wissen, wer vor mir bereits einmal etwas dergleichen gesagt hat.
Das Leben ist wahrhaftig ein Vabanquespiel, das heißt etwas sehr Risikoreiches. Wer (zwar) nicht wagt, der (tatsächlich) nicht gewinnt; doch genau in diesem Wagnis steckt das eigentliche Wagnis: Meta-Wagnis? Wenn ich über das Wagnis als solches nachdenke, bin ich vielleicht erst einmal darin gehemmt, zu sagen, dass bereits das Leben ein Phänomen darstellt, das allzu großen Mut erfordert. Vorausgesetzt, ich beginne damit, mich zu fragen, was ich eigentlich wirklich will: "Ich habe lange daran geglaubt, lediglich ein Teil meiner Eltern zu sein und nie danach gefragt, was mir wirklich gefällt. Es ist auch schwer, sich für eine der zahlreichen Möglichkeiten zu entscheiden. Das hat mich immer maßlos verwirrt, wenn ich darüber nachgedacht habe. Also habe ich mich darauf verlassen, dass das Naheliegendste schon das sein wird, was mich irgendwie erhellt. Doch das war nicht so. Und irgendwann habe ich erkannt, dass meine Eltern einfach meine Eltern sind und ich demnach nicht sie bin. Danach habe ich über meine Vorlieben nachgedacht und bin jedoch zu dem Entschluss gekommen, dass auch hier das Naheliegendste nicht unbedingt das Richtige sein muss. Also begann ich damit, mich selbst herauszufordern, indem ich eine Richtung einschlug, die mich ganzheitlich prägen, also verändern sollte."
Was uns dieser Protagonist hier sagen will, ist nicht mehr als (und doch so viel): Es ist nicht zwingend förderlich, sich den Dingen hinzugeben, die vordergründig gut tun. Das ist es auch und vermutlich vor allem dann nicht, wenn ich in der Vergangenheit schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht habe. Denn dann begebe ich mich ERST RECHT auf eine Stufe, die nicht mehr der Person gerecht werden kann, die ich eigentlich sein kann. Ich muss also umso größeren Schmerz erfahren als andere Personen mit den weniger schlimmen Erlebnissen, um im Anschluss zu der bereits genannten Bedeutsamkeit/Sinnhaftigkeit zu gelangen. An dieser Stelle mache ich schließlich auch die Bekanntschaft mit dem Kind in mir, das immer da sein wird: Ja, im Sonnenschein, im Regen und immer sonst.