Brieftaubenpost 2

Brief zum Thema Grenzen/ Grenzen überschreiten

von  LotharAtzert

An das Göttliche glauben die allein,
die es selber sind.
Friedrich Hölderlin (20.03.1770-07.06.1843)

Hallo Swetlana,
vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Schreiben ist nicht sinnlos, nein, das ist richtig, aber das Veröffentlichen an Plätzen, wo man dem Inhalt des Geschriebenen nicht nur nicht gerecht wird, sondern ihn der Einfachheit halber ignoriert - vielleicht aus dem Instinkt heraus, daß der Inhalt dem Leser das Abgründige des Unbewußten zu nahe bringt, also den Spiegel vorhält und eine entmenschlichte Dämonenfratze in ihm auftaucht.
Gewirkt haben Deine "Kritzeleien" schon - nur das Ergebnis, Dein Rausschmiß, war doch weder in Deinem, noch in meinem Sinne. Der Webmaster hat Angst gekriegt, daß man ihm den Laden dicht macht, oder ihn sogar gerichtlich belangt, nichts anderes. Vor allem keine spirituelle Einsicht. Und Judenkritik ist in Deutschland bekanntermaßen ein heißes Eisen.

Mit den Gegnern hast Du dagegen völlig recht. Viel Feind’, viel Ehr’, wie ein deutsches Sprichwort lautet.
Feiner sagt es unser Dichter Friedrich Hölderlin: "Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch."
Die Gefahr, von der hier die Rede ist, ist ja nichts anderes, als eine Herausforderung von dem, was im gefährdeten Menschen noch tief schläft und später wird das Erwachte Erfahrung genannt. Dh. es wird nicht nur so genannt, sondern er ist Erfahrung, da man sie gemacht hat, was sich daran zeigt, daß man zum einen noch lebt und zum anderen gereift ist.
"Viel Feind’, viel Ehr’" appeliert an die Ehre, die Seinen zu schützen" Jedenfalls ist es unehrenhaft, sie im Stich zu lassen. Warum heißt es wohl sonst "im Stich"?
Ach ja, dem Hölderlin trauer ich nach und ich hoffe, du verzeihst mir diese Sentimentalität. Aber manchmal fühle ich, daß es mehr ist, als bloße Träumerei, eher eine Art tiefempfundene Seelenverwandtschaft. Und wenn die in Gefahr ist, dann jubel ich über Möglichkeit der Herausforderung dessen in mir, was noch schläft. Und mir schlottern nicht selten die Beine aus Furcht vor dem Feind, den alten Verdrängungen, zum Teil aus Vorväterzeit.
Ich weiß, es ist für Dich als Russin nicht immer leicht, wenn ich Dir das deutsche Dichterwesen, das Bild in den Wortbedeutungen näher bringe - umso dankbarer bin ich Dir, daß Du Dich an ihnen erfreust, denn von unserer Art gibt es momentan nicht mehr viele. Freilich sind wir die Letzten - und als solche die Ersten, das ist klar! So ähnlich steht es auch in der Bibel: "Die Letzten werden die Ersten sein". -Doch ich will zurück zum Thema, zurück sozusagen an den Fluß. Den Themafluß.
Alles fließt, egal wer das sagte, nichts beharrt, es fließt und fließt. Bis zur Gefahr, um dort das Rettende wachsen zu lassen. Wer die Gefahr bloß umschifft, der wacht nicht auf in diesem Leben, ein solcher Mensch wird nicht eigenständig und der Tod überrascht ihn irgendwann irgendwo im Schlaf.

Ob Russe oder Inder oder Deutscher: man muß die Bilder pflegen in jeglicher Sprache. Die Ur-Bilder, nicht die abgeleiteten Pissflüsse in Pisseoirs. Ursprung und Urbild. Sie bringen uns zu anderen Bewohnern anderer Sphären, soviel ist klar, draußen wie drinnen, was irgendwann ein und dasselbe ist. So eine mentale Planetenwanderung um unsere Sonne, das wäre, als Bild, mal ein Abenteuer-Urlaub der höchsten Gefahrenstufe. Sollen wir "buchen"?
- Abgefahren - das Diamantfahrzeug!

Zuguterletzt: Du denkst, ich mache mich klein? Das stimmt nur zur Hälfte. Ein Graeculus nennt mich zum Beispiel großspurig, aggressiv und so weiter. Ihr habt beide recht. Bedingt durch meine Wassermannprägung (Mond-Venus-Merkur. Sonne im 11. Haus) ertrage ich es nicht lange, groß oder klein, so oder so zu sein. Alles ist im Fluß, nichts bleibt, wie es ist und so sind auch groß und klein in steter Abhängigkeit zu ihrem jeweiligen Gegenpol.
 Medieval Chant of the Templars. Antiphona: Salve Regina 

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Kommentare zu diesem Text

mondfrosch (33)
(25.04.17)
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 LotharAtzert meinte dazu am 25.04.17:
"Heute im übertragenen Sinne!
"
Eben - heute im übertragenen Sinne. Der ursprüngliche Sinn ist ein anderer: Wer flüchtet, um seine eigene Haut zu retten, setzt die Seinen - Familie, Kinder, Frauen etc. - dem finalen Todesstoß oder Schlimmerem aus. Und das ist sowohl ehrlos, als auch zeitgemäß.
Die heutige Flüchtlingssituation ist eine andere: wenn sich Väter mit ihrer Familie auf die Flucht begeben, haben sie längst schon zuvor ihre Heimat verloren - aber wo Gefahr ist, wächst das Rettende weiterhin.
mondfrosch, aha - Danke Dir.
mondfrosch (33) antwortete darauf am 25.04.17:
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 LotharAtzert schrieb daraufhin am 25.04.17:
Ah ja, klingt jetzt verständlicher, auch ehrenvoll! Ritterlichen Dank!
Mir fiel in der Zwischenzeit noch das Kartenspiel ein, wo es auch um’s Stiche machen geht. Ich persönlich steche lieber in See (-als Pirat ins Meer des Unbewußten).

 harzgebirgler (09.05.17)
dergleichen post stößt meist auf taube ohren - / an menschen wie swetlana mangelt’s foren! mit solidarischen grüßen henning

 LotharAtzert äußerte darauf am 09.05.17:
Danke Henning
Swetlana liest hier übriges noch, aber darf nicht antworten.
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