Und wie ein Schwein.
Erzählung zum Thema Erinnerung
von franky
Ich schrie aus Leibes Kräften! Ich wäre am liebsten vom Fahrenden Bett gesprungen.
Wieder diese schrecklichen Ätherdämpfe einatmen!
Die Beruhigungstablette die ich morgens von der Schwester bekommen hatte, blieb bei mir Wirkungslos. Meine Nerven flatterten wild durcheinander!
Sie waren wie ein Pulverfass, das jetzt und jetzt explodieren konnte.
Meine entsetzlichen Schreie hallten durch die Gänge des Unfallspitals in Graz:
„Ein Schwein wird zur Schlachtbank geführt.“
Total aufgelöst wurde ich in den Operationssaal geschoben. Da halfen die tröstenden Worte eines mitfühlenden Arztes nicht, der mir sachte, tröstend mit seinen Händen über die Haare strich. Ich wehrte mich mit Händen und Füßen (Fuß), am Ende ergab ich mich in mein unabwendbares Schicksal.
Der Wattebausch auf meine Nase mit dem schon bekannten grauslichen Äthergestank, beförderte mich in drei Sekunden ins Jenseits von Gut und Böse.
Unvorstellbare Alpträume quälten mich wieder durch die Zeit der Operation.
Mühlsteine rollten über meine Brust, so dass das Atmen mir unendlich schwer fiel.
Spitze Sterne prasselten über meinen Kopf, sie stachen unbarmherzig in meine aufgewühlte Seele. „Ting, tong! Ting Tong!“ Sie sprangen aus einem Berg, der vor Hitze innerlich glühte und unheimliches Licht über die kahle Erde verbreitete.
Nach dem der Operateur die letzten Muskelfasern vernäht hatte, wurde ich für den Aufwacheprozess ins Zimmer geschoben. Aufwachsaal kannte man damals noch nicht.
Nach dem ich mich aus den Wirren der Narkose etwas befreit hatte, stellte ich meinem Bettnachbarn die Frage, wie lange ich schon im Zimmer sei?
Mein Durst war unbeschreiblich, könnte einen ganzen Brunnen aussaufen. Ich wusste aber, dass ich erst nach zwei Stunden etwas trinken durfte. Wenn ich nun schon zwei Stunden hier liege, durfte ich doch wohl ein Glas trinken. Ich trank das Glas Wasser in einem Zug leer.
Dann aber bemerkte ich rasch, dass meine Berechnung ziemlich daneben lag.
In einem hohen Bogen entleerte sich das vorher so gierig getrunkene Wasser zwischen die Betten von Hasewent und mir. Die Schwestern mussten meine angerichtete Sauerei wieder wegputzen.
Die große Naht an meinem linken Beinstumpf schlief noch durch das Morphium, Wird sich aber nach und nach in mein Bewusstsein schleichen.
Auf der linken Seite unseres Zimmers standen vier Betten mit Kindern belegt. Auf der rechten Seite vier Weitere, in die vier erwachsene Frauen untergebracht waren.
Bald begann ich meine im laufe des Jahres schon erworbene Spitalerfahrung auszuspielen.
Ich entwickelte mich als Lautstarker Fiesling, der sich rasch auch Gegner auf der Erwachsenenseite zuzog.
Schräg Visavie von mir lag ein vierzehnjähriges Mädchen, die sich mit Verkehrsunfall auf einem Motorrad einen Beinbruch zugezogen hatte. Dem dieses Motorrad gehörte, war ein Soldat aus der Britischen Besatzungsmacht, was in mir unerklärlich starke Aggressionen hervorrief. Mir kam in den vergangenen Monaten zu Ohren, wie erwachsene Menschen sich über Frauen abfällig äußerten, die sich mit Besatzungssoldaten einließen und deshalb sie als Huren beschimpften,
Diese Einstellung der Erwachsenen übernahm ich eins zu eins und warf diese schlimmen Sätze der jungen Vierzehnjährigen brutal an den Kopf. Sie sei eine Hure, die mit den Engländern ins Bett ginge. Sie solle sich schämen so was zu tun.
Die junge Frau ärgerte sich derart, dass sie vor Wut zu weinen begann. Wild entschlossen nahm sie ihre Krücken und humpelte zu meinem Bett, wo sie mir zwei Mal kräftig ins Gesicht schlug.
„Das ist für die „Huren“, damit du das nie mehr im Leben vergisst.“
Ich saß wie vom Blitz getroffen vor ihr. Mir wurde jedoch sofort klar, was ich vorhin für bodenlose Gemeinheiten ihr frech ins Gesicht geschleudert hatte. Mit dieser Aktion war dann das leidige Thema abgeschlossen.
Bei der Tagesschwester beklagte ich mich, dass ich starke Schmerzen an meiner Operrationsnaht hatte. Sie wollte mir Schmerztabletten anbieten, doch ich verweigerte die Einnahme des Medikaments, wollte heldenhaft mein Leiden ertragen, was mir vom Arzt und Schwester hoch angerechnet wurde. Ich wollte auf keinen Fall wieder in die Abhängigkeit von Morphiumgeraten.
Am 2.12.1945 nach dem Mittagessen besuchte mich Vater und brachte mir die freudige Botschaft, dass ich gestern ein kleines Brüderchen bekommen habe. Er wird zu Ehren des in Stalingrat gefallenen Onkel auf den Namen Georg getauft.
Ehrlich gesagt war ich durch die Botschaft von Vater gar nicht überrascht, durfte es mir aber nicht anmerken lassen. Tante Mizi hat es mir bei ihren Besuch heute Vormittag schon geflüstert. Da hatte mein Vater seine Lieblingsschwegerin in den vergangenen Tagen heimlich Besucht und die streng geheime Neuigkeit verraten.
„Georg, mein Bruder, den ich als fünftes Geschwisterchen nie mehr von Angesicht zu Angesicht sehen durfte.“
Es wird allein meiner Phantasie überlassen, wie sein Gesicht in Zukunft in mir spiegeln wird.
Wieder diese schrecklichen Ätherdämpfe einatmen!
Die Beruhigungstablette die ich morgens von der Schwester bekommen hatte, blieb bei mir Wirkungslos. Meine Nerven flatterten wild durcheinander!
Sie waren wie ein Pulverfass, das jetzt und jetzt explodieren konnte.
Meine entsetzlichen Schreie hallten durch die Gänge des Unfallspitals in Graz:
„Ein Schwein wird zur Schlachtbank geführt.“
Total aufgelöst wurde ich in den Operationssaal geschoben. Da halfen die tröstenden Worte eines mitfühlenden Arztes nicht, der mir sachte, tröstend mit seinen Händen über die Haare strich. Ich wehrte mich mit Händen und Füßen (Fuß), am Ende ergab ich mich in mein unabwendbares Schicksal.
Der Wattebausch auf meine Nase mit dem schon bekannten grauslichen Äthergestank, beförderte mich in drei Sekunden ins Jenseits von Gut und Böse.
Unvorstellbare Alpträume quälten mich wieder durch die Zeit der Operation.
Mühlsteine rollten über meine Brust, so dass das Atmen mir unendlich schwer fiel.
Spitze Sterne prasselten über meinen Kopf, sie stachen unbarmherzig in meine aufgewühlte Seele. „Ting, tong! Ting Tong!“ Sie sprangen aus einem Berg, der vor Hitze innerlich glühte und unheimliches Licht über die kahle Erde verbreitete.
Nach dem der Operateur die letzten Muskelfasern vernäht hatte, wurde ich für den Aufwacheprozess ins Zimmer geschoben. Aufwachsaal kannte man damals noch nicht.
Nach dem ich mich aus den Wirren der Narkose etwas befreit hatte, stellte ich meinem Bettnachbarn die Frage, wie lange ich schon im Zimmer sei?
Mein Durst war unbeschreiblich, könnte einen ganzen Brunnen aussaufen. Ich wusste aber, dass ich erst nach zwei Stunden etwas trinken durfte. Wenn ich nun schon zwei Stunden hier liege, durfte ich doch wohl ein Glas trinken. Ich trank das Glas Wasser in einem Zug leer.
Dann aber bemerkte ich rasch, dass meine Berechnung ziemlich daneben lag.
In einem hohen Bogen entleerte sich das vorher so gierig getrunkene Wasser zwischen die Betten von Hasewent und mir. Die Schwestern mussten meine angerichtete Sauerei wieder wegputzen.
Die große Naht an meinem linken Beinstumpf schlief noch durch das Morphium, Wird sich aber nach und nach in mein Bewusstsein schleichen.
Auf der linken Seite unseres Zimmers standen vier Betten mit Kindern belegt. Auf der rechten Seite vier Weitere, in die vier erwachsene Frauen untergebracht waren.
Bald begann ich meine im laufe des Jahres schon erworbene Spitalerfahrung auszuspielen.
Ich entwickelte mich als Lautstarker Fiesling, der sich rasch auch Gegner auf der Erwachsenenseite zuzog.
Schräg Visavie von mir lag ein vierzehnjähriges Mädchen, die sich mit Verkehrsunfall auf einem Motorrad einen Beinbruch zugezogen hatte. Dem dieses Motorrad gehörte, war ein Soldat aus der Britischen Besatzungsmacht, was in mir unerklärlich starke Aggressionen hervorrief. Mir kam in den vergangenen Monaten zu Ohren, wie erwachsene Menschen sich über Frauen abfällig äußerten, die sich mit Besatzungssoldaten einließen und deshalb sie als Huren beschimpften,
Diese Einstellung der Erwachsenen übernahm ich eins zu eins und warf diese schlimmen Sätze der jungen Vierzehnjährigen brutal an den Kopf. Sie sei eine Hure, die mit den Engländern ins Bett ginge. Sie solle sich schämen so was zu tun.
Die junge Frau ärgerte sich derart, dass sie vor Wut zu weinen begann. Wild entschlossen nahm sie ihre Krücken und humpelte zu meinem Bett, wo sie mir zwei Mal kräftig ins Gesicht schlug.
„Das ist für die „Huren“, damit du das nie mehr im Leben vergisst.“
Ich saß wie vom Blitz getroffen vor ihr. Mir wurde jedoch sofort klar, was ich vorhin für bodenlose Gemeinheiten ihr frech ins Gesicht geschleudert hatte. Mit dieser Aktion war dann das leidige Thema abgeschlossen.
Bei der Tagesschwester beklagte ich mich, dass ich starke Schmerzen an meiner Operrationsnaht hatte. Sie wollte mir Schmerztabletten anbieten, doch ich verweigerte die Einnahme des Medikaments, wollte heldenhaft mein Leiden ertragen, was mir vom Arzt und Schwester hoch angerechnet wurde. Ich wollte auf keinen Fall wieder in die Abhängigkeit von Morphiumgeraten.
Am 2.12.1945 nach dem Mittagessen besuchte mich Vater und brachte mir die freudige Botschaft, dass ich gestern ein kleines Brüderchen bekommen habe. Er wird zu Ehren des in Stalingrat gefallenen Onkel auf den Namen Georg getauft.
Ehrlich gesagt war ich durch die Botschaft von Vater gar nicht überrascht, durfte es mir aber nicht anmerken lassen. Tante Mizi hat es mir bei ihren Besuch heute Vormittag schon geflüstert. Da hatte mein Vater seine Lieblingsschwegerin in den vergangenen Tagen heimlich Besucht und die streng geheime Neuigkeit verraten.
„Georg, mein Bruder, den ich als fünftes Geschwisterchen nie mehr von Angesicht zu Angesicht sehen durfte.“
Es wird allein meiner Phantasie überlassen, wie sein Gesicht in Zukunft in mir spiegeln wird.