Gutes Versteck.

Erzählung zum Thema Erinnerung

von  franky

Bei einem Versteckspiel, wo ich als Zehnjähriger Knirps 1946 in Ottilienblindenheim in Graz mitmachte, hatte ich ein gutes Versteck hinter einer Relieflandkarte von Steiermark ausfindig gemacht. Dort war auch ein großer Reisekoffer mit knackigen Äpfel verstaut, zu denen ich durch ein Loch zugriff hatte. Jedes Mal, wenn ich mich dort verkroch, aß ich heimlich so einen kleinen Apfel. Meine blinden Mitschüler fragten mich schon, ob ich sonst kein Versteck wüsste? Ich hütete jedoch mein Geheimnis und schlüpfte sofort beim nächsten Spiel wieder hinter die Landkarte, die Mannsgroß an der Wand stand. Mein permanenter Hunger war für ein Paar Stunden gestillt.
Wenn ich an die Zuckerrüben vom Mittagessen dachte, war dies eine willkommene Abwechslung. Zuckerrüben, die meine Mama nur als Schweinefutter verwendete. 
Die Knabenschwester wunderte sich in den nächsten Tagen, warum ihr Äpfelvorrat so geheimnisvoll geschrumpft war. Sie hatte jedoch keinen Grund, einen von uns Schülern zu verdächtigen, sonst hätte es schon was Knackiges auf die Mütze gegeben. Knabenschwester Kolianna führte ein strenges Regiment! Dafür war sie schon Bekannt.

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Kommentare zu diesem Text


 Borek (21.08.20)
Ja, lieber Franky
1946 war ich 12 Jahre und hatte furchtbaren Hunger.
und die Zuckerrüben wurden in den kupfernen Waschkessel
zu Sirup umgewandelt. Der Hunger war ein täglicher Gast
und Strom gab es nur selten, so erfand man die Kochkiste.
Wenn es Strom gab kochte man und stellte dann das Gericht
in die Kochkiste die mit Stroh oder Heu und Zeitungspapier in
dicken Schichten gefüllt war. Und oh Wunder das Essen war
am Abend noch warm.1946/47 kam der schlimmster Winter
den ich je erlebt habe, mit Frostbeulen an den Füßen.
Eine schlimme unvergessene Zeit
Liebe Grüße
Borek

 EkkehartMittelberg (21.08.20)
Lieber Franky, wahrscheinlich binich nicht der Einzige, dem die authentischen Berichte aus deinem Leben besonders gut gefallen.
LG
Ekki
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