C´ est la vie (bourgeoise)

Erzählung zum Thema Existenz

von  eiskimo

Monique und Thierry genießen ihre wohlverdiente Rente. Sie haben keine Kinder, dafür aber ein schönes Haus mit Garten bei Nantes, der Stadt an der Loire-Mündung und eine Ferienwohnung im 150km entfernten La Tremblade, einem ehemaligen Fischerdorf am Atlantik. Dort und auf den Zubringerwegen dazwischen spielt sich ihr Leben ab. Der Hauptwohnsitz nahe der Großstadt beansprucht sie sehr, da sie dort einen 600qm großen Garten mit wunderbaren Bäumen und einem kleinen Pool ihr eigen nennen –  kein leichter Job, wenn man deutlich auf  die 75 zu geht. Aber der Gedanke, dieses doch sehr belastende Haus aufzugeben, nein, den wollen sie einfach nicht zulassen. Denn beide, der ehemalige Ingenieur und die pensionierte Lehrerin, sie haben ihr ganzes Geld da hinein gesteckt. Zuletzt für eine ausgeklügelte Alarmanlage, dann für die  per Handy aktivierbaren Rolläden und – Thierrys ganzer Stolz – den computergesteuerten Wassersprenger, der reihum all ihre Blumenpracht feucht hält … und auch den stets perfekt gepflegten Rasen.
Nur im Wissen um diese Sicherheitsvorkehrungen können sie diesem schmucken Anwesen den Rücken zukehren, um auch ihr zweites zu Hause zu genießen, das Appartement am Atlantik, das in einer gepflegten „Résidence“ liegt. Es ist eine gut gesicherte Anlage von 40 Wohneinheiten mit Tennisplatz, Schwimmbad, Garagen – natürlich nur den Eigentümern vorbehalten.
Monique und Thierry konnten sich diesen Luxus leisten, weil sie beide recht gut verdient haben, und sie hatten es immer sehr gut verstanden, ihr Geld vernünftig anzulegen. Außerdem vermieten sie in der Hauptsaison ihre Ferienwohnung an Bekannte, so dass sie damit die Umlagen für die „Résidence“ schon wieder hereinholen.
An und für sich hatte sich ihr Leben so eingespielt, dass sie regelmäßig pendelten zwischen ihren Immobilien. Das Planen dieser „Reisen“ hatte Monique auch immer Spaß gemacht, denn es gefiel ihr, die vorhandenen Lebensmittel entweder klug aufzubrauchen oder sie mit erprobtem Weitblick für den  jeweils anderen Wohnsitz einzupacken – das leckere Picknick für unterwegs natürlich als besondere  Dreingabe. Und auch Thierry hatte immer das Auto und die Wohnungen akkurat präpariert, mit dem ihm eigenen Stolz und  Ehrgeiz des Ingenieurs.
Diese Art partieller Haushaltsauflösung mit Ortswechsel war nie ganz einfach gewesen. Kühlboxen und verschließbare Behälter für die Lebensmittel wollten gefüllt werden, die Betten abgezogen,  das Auto betankt, die Wohnungsschlüssel mit den Beepern für Garage bzw. Wohnanlage gewechselt.... um nur die ganz harmlosen Verrichtungen zu nennen. Das Scharf-Schalten der Alarmanlage, die Programmierung des Rasensprengers und die Einbindung der Nachbarn (bitte den Briefkasten leeren, die Mülltonnen rausfahren, das Laub in der Einfahrt beseitigen...), das konnte schon einmal zusätzliche Nerven kosten.
Da Monique eine Wohnung nie ohne abschließende Grundreinigung verlässt und Thierry stets noch einmal alle Fenster- und Kellersicherungen durchprobiert, war jeder Aufbruch im Leben der beiden also derart zeitaufwändig, dass damit irgendwelche neuen Pläne, touristische Einfälle und – oh, Graus,  eventuelles Umdisponieren undenkbar geworden waren. 
Warum auch? Sie freuten sich stets auf ihre andere Bleibe, wussten schon während  ihrer genau durchgetakteten  Anfahrt, wie lange sie für das Einräumen bräuchten, was sie wann äßen, welche Nachbarn sie wo anträfen, bei welchem Lokal sie an welchem Wochentag zum Apéritif einkehrten...
Ja, tatsächlich hätte dieses emsige Hin und Her unserer beiden Zweitwohnungsbesitzer  noch ewig so weiter gehen können. Für sie stimmte ja alles. Es fehlte ihnen nichts. Weder emotional, noch materiell. Und sie hatten alles im Griff. Fast alles.
Denn:  Es  passierte  das, was man nie ausschließen kann, auch nicht bei so abgeklärten und  geerdeten Typen wie Monique und Thierry. Und es passierte so, dass die beiden selber es nicht merkten. Zumindest haben sie es bis jetzt noch nicht gemerkt.
Ja, gerade haben sie ihre drei Wochen in La Tremblade zu Ende gewohnt. Sie packen wieder für den obligaten Tapetenwechsel, lösen  routiniert ihren kleinen Haushalt am Meer auf und stimmen sich innerlich wieder ein auf das große, wohl behütete Haus in Nantes.  Zig Mal haben sie das so erlebt. Aber jetzt? Was ist plötzlich los mit ihnen ?  Da stimmt doch etwas nicht!  (…)
(Auflösung demnächst)


Anmerkung von eiskimo:

Haben oder Sein, die alte Frage

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (14.10.18)
Handlung-berechenbare Folge, verbunden mit sozialem Ansehen. So sollte es immer sein. Mort au chaos!

 Dieter_Rotmund (14.10.18)
Der Text ist bis "... zum Apéritif einkehrten..." super, weil nicht wertend und handwerklich gut gemacht. Durch jeden wie auch immer gearteten Epílog oder eine Fortsetzung machst Du alles kaputt. Wir Leser sind nicht dumm, wir können uns unseren Teil denken!
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