Von Werbung erschlagen...

Kommentar zum Thema Absurdes

von  Reliwette

…mag einer ausrufen, der sich eine Sendung bei einem der freien Sender zu Gemüte führen will, sei es eine Dokumentation, sei es ein Spielfilm, sei es eine soap, die den Namen auch verdient nach dem Motto: „Es ist noch Suppe da, dünn aber kräftig! Kameraden müssen satt werden – noch nen Eimer Wasser rein!“ Wie oft werden Sendungen durch Werbeeinlagen unterbrochen – und wie lange muss jemand auf dem WC ausharren, damit die Wartezeit mehr oder weniger sinnvoll überbrückt wird? Nach dem Werbespot eines Bau- Discounters, der mit einem durchgeschwitzten Männerhemd, das eingeschweißt in die Hände einer erfreuten Japanerin gelangte, um für die Frühlingstätigkeit im Garten zu werben (Jippi jippi Jeh)überbot ein Werbespot für eine Zock-Firma den geistigen Ausfall mit zwei bumsenden Gorillas, die im TV von einer Fernseh-Familie beobachtet werden ohne die Mine zu verziehen:“ Wenn Sie das aushalten ohne eine Mine zu verziehen, können Sie auch eine Chance haben beim Poker.“ Jedenfalls sinngemäß.

Dagegen nimmt sich die Werbung für Gummibärchen mit den albernen Erwachsenen geradezu harmlos aus.

Wieviel Blödsinn lassen sich die zappenden und nicht zappenden Gerätequäler noch gefallen? Die Ausweichmanöver, bei Werbeeinlagen auf den nächsten und übernächsten Kanal umzuschalten, gestalten sich zunehmend schwieriger, weil sich nahezu zeitgleich auf jedem Kanal eine Flut von mehr oder weniger dusseligen Reklameeinlagen auf die Betrachter ergießt. Oft ist im Nachhinein gar nicht zu erkennen, für welches Produkt soeben geworben wurde.

Dennoch gibt es geradezu eine Industrie für Sprücheklopfer, die viel Geld von den betreffenden Firmen bekommen, die beworben werden wollen. Da scheint fast jedes Mittel recht, den Verbraucher auch wirklich zum Verbraucher abzustempeln. Die Bezeichnung „Kunde“ scheint aus dem Sprachgebrauch zu verschwinden.

Eine neue Spezies hat sich weltweit etabliert: es sind die so genannten Influenzer, Werbeträger in Person – nicht zu verwechseln mit Influenza, der Grippe.

Für geistigen „fallout“ lassen sich immer wieder neue Bezeichnungen finden. Wenn eine Torfrau aus der deutschen Frauenfußballszene für dünne, auslaufsichere Damenbinden wirbt, wird es gar peinlich. Welche Frau schmeißt sich schon während ihrer Periode vor einen scharf geschossenen Elfmeter?

Man könnte einen weiteren Award ins Leben rufen – für den dusseligsten Reklamespot. Weshalb ist das nicht schon längst geschehen? Bei der Sendung ZDF Heute-Show wurden den auffälligsten „Vollpfosten“ jene Vollpfosten aus gedrechseltem Holz zugedacht, weshalb nicht ein weiterer Award“?

Anscheinend ist die Gesellschaft sehr leidensfähig geworden und weiß schon nicht mehr, welchem Leiden sie mehr Anteilnahme zusprechen soll, oder wir nehmen auch diesen Blödsinn achselzuckend kritiklos hin, letztlich haben wir uns anscheinend in die „Verbraucherrolle“ einführen lassen.

Deutschland, das Volk der Dichter und Denker? Das ist schon sehr lange her!

Prost! Austrinken!
Denn noch sind wir! Dennoch sind wir!

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Kommentare zu diesem Text


 Teichhüpfer (04.05.19)
Die will, daß alle tun, was Sie will.

Kommentar geändert am 04.05.2019 um 21:44 Uhr

 Reliwette meinte dazu am 04.05.19:
Früher trug man den Absatz unterm Schuh, heute geht das "just in time". Zu Kreuze kriecht der Verbraucher.

 Teichhüpfer antwortete darauf am 04.05.19:
Wer schickt mir die Sohle zum Absatz?

 Reliwette schrieb daraufhin am 05.05.19:
Für viele Menschen, so befürchte ich, wird es in Zukunft das Sozialamt sein, welches einen bunten Namen bekommen hat.

 Teichhüpfer äußerte darauf am 05.05.19:
Das gibt es so nicht mehr, da hat sich viel getan.

 Reliwette ergänzte dazu am 06.05.19:
Agentur für Soziales?

 Teichhüpfer meinte dazu am 06.05.19:
Soziale Dienste.

 Oggy (05.05.19)
Werbespots sind ein exzellentes Abbild des geistigen Zustands einer Gesellschaft. So wie Werbung Konsumenten beeinflussen soll, so ist die Art ihres Zustandekommens letztlich vom Konsumenten verursacht.
Die in absurder Weise zunehmende Akzeptanz von Schleichwerbern (amerikanisiert: "Influencer") zeigt, wie eigenständiges Denken und Handeln im Zeitalter des domestizierten "freien" Internets zunehmend an die dubiosesten Figuren delegiert wird.

LG,
Oggy

 Reliwette meinte dazu am 06.05.19:
Sehr schön einander zugeornet. Danke für den Kommentar LG zurück! Hartmut
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