wo kein Wille ist

Gedicht zum Thema Wahrheit

von  GastIltis

Die Lüge ist der Ausstieg aus dem Leben.
Die Wahrheit läuft verzweifelt hinterher.
Mit Wissensdurst durch Wüstensand zu streben,
ist wie die Fahrt auf dunstverhangnem Meer.

Der Bootsmann ahnt vorn links ein rotes Leuchten,
als wäre es des Kriegsgottes Panier.
Er weiß, das Dasein ist ein fernes Deuchten,
und kaum mehr als nur dieses Jetzt und Hier.

Die Lüge ist der Einstieg zum Verstehen.
So wahr mein Körper nicht was andres spricht.
Ich stehe hier, bin nicht bereit zu gehen.
Denn wo kein Wille ist, da ist er eben nicht!


Anmerkung von GastIltis:

Empfohlen von: tueichler, plotzn, Kreuzberch, TassoTuwas, franky, Jo-W., LottaManguetti, Didi.Costaire, Sätzer, AZU20, AchterZwerg, EkkehartMittelberg, Jorge.
Als Einstieg!

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Kommentare zu diesem Text


 TassoTuwas (27.08.19)
Lieber Gil, die Wahrheit macht es keinem leicht, es gibt zu viele ihrer Art. Nur ein Beispiel, ich bin gerade mit dem Frühstück fertig und ich vergaß zu erwähnen, dass ich mir ab und zu ein Gläschen Aldi Prosecco dazu gönne und das ist die ganze Wahrheit Es grüßt TT.

 GastIltis meinte dazu am 27.08.19:
Hallo TT, da kann ich dir nur ein begeistertes Prosecco zurufen. Unterdessen habe ich schon (nach dem Frühstück, das seinem Namen alle Ehre gemacht hat) einige Kilometer in den Beinen. Die Zeit, in der sich meine Frau einer Physiotherapie unterzieht, nutze ich für eine intensive Wanderung. Leider besitze ich keinen Schrittzähler wie mein Freund Friedrich-Wilhelm. Als ich letzten Donnerstag nach dem Kaffee (Tee) mit ihm unterwegs war, piepte das Gerät plötzlich. Auf Nachfrage meinte er locker: zehntausend Schritte. Kein Einstieg zum Verstehen! Danke für deine Zeilen und weiter viel lockere Fröhlichkeit wünscht Gil.
Jo-W. (83)
(27.08.19)
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 GastIltis antwortete darauf am 27.08.19:
Hallo Jo, gut, dass du die Kurve so genommen hast. Es wäre zu schade gewesen, deinen Erkenntnisprozess mit philosophischen Problemen zu unterbrechen bzw. zu stören. Der Bootsmann im Hier und Jetzt: das ist eine gute Metapher. Danke und sei herzlich gegrüßt von Gil.

 LottaManguetti (27.08.19)
Lieber Gil,

du ziehst einen Kreis, den Kreis vom Ausstieg aus dem Leben hin zum Verstehen.
Lüge steht hier für Nichterkennen, Wahrheit für scheinbares Erkennen (Wüstensand, dunstverhangen, ahnt, fernes Deuchten).
Dabei bleibst du vage, so vage wie möglich, denn nichts anderes ist unsere Wahrheit: ein vages Zurkenntnisnehmen des Erkennbaren.

Ein schönes und tiefschürfendes Gedicht.
Komm, wir mixen Wahrheit und Lüge und reden uns die Welt zurecht! :D

Lotta

Kommentar geändert am 27.08.2019 um 10:17 Uhr

 GastIltis schrieb daraufhin am 27.08.19:
Liebe Lotta, kannst du noch eine Woche warten. Dann reden wir sie nicht nur zurecht, sondern auch schön. Bis dann mit LG von Gil.

 GastIltis äußerte darauf am 01.09.19:
Liebe Lotta, mit dem „sie“ meine ich natürlich nicht die Woche, sondern die Welt, die wir uns aus Wahrheit und Lügen zurecht mixen. Auf jeden Fall sieht die Welt in Brandenburg heute freundlicher aus als in Sachsen (und wahrscheinlich demnächst in Thüringen). Und das alles ohne Hochwasser! Da ich mit dem letztgenannten Thema einigermaßen vertraut bin, immerhin hat mein Elternhaus in Sachsen-Anhalt im Jahre 2002 bis zur Höhe der Arbeitsplatte in der Küche im Wasser gestanden, vom Keller samt Ölheizung ganz zu schweigen, weiß ich, wo die Wahrheit endet und die Lügen gelegentlich beginnen. Dennoch, hinterher lassen sich oft wunderbare Geschichten erzählen, wenn man dabei gewesen ist. Danke und viele liebe Grüße von Gil.
Sin (55)
(27.08.19)
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 GastIltis ergänzte dazu am 27.08.19:
Hallo Rothaut, ich muss dir wohl nicht erklären, dass du mir mit dem letzten Satz aus der Seele sprichst. Erst einmal. Bis bald sei herzlich gegrüßt von Gil.

 Didi.Costaire (27.08.19)
Darauf von mir ein Clerihew, lieber Gil, und schon bin ich mit der Eintracht in einem Boot.

Ich vertraue dem   Optiker Wille.
Der verpasst jedem die richtige Brille.
Schon seit Jahrzehnten siehst du als Realist,
dass wo kein Wille auch nicht Braunschweig ist.

Schöne Grüße, Dirk

 GastIltis meinte dazu am 27.08.19:
Danke Dirk, Mann, mir fiel gerade auf, dass viel vom Titel abhängt. Zum Glück habe ich nicht „Das Kind im Mann“ oder etwas Ähnliches gewählt. Denn irgendwann beginnt die Sympathie in ihr Gegenteil umzuschlagen. Selbst bei der Werbung. Glück gehabt! Liebe Grüße von Gil.
PS: bei Clerihew musste ich erstmal nachsehen! Bin jetzt im Bilde.

Antwort geändert am 27.08.2019 um 11:52 Uhr
Sätzer (77)
(27.08.19)
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 GastIltis meinte dazu am 27.08.19:
Hallo Sä, das ist ein guter Rat. Preiswert und dennoch schwer umsetzbar. Gut, ich bin schon zwanzig Jahre nicht mehr geflogen, fahre aber noch Auto. Von A nach B komme ich nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Also? Zu Fuß gehen. Habe ich letztens versucht. Da hat mich meine Familie zurückgehalten. OK, die Umstände waren nicht optimal, aber im übernächsten Ort, er heißt übrigens Gräben, habe ich hinterher eine Pension entdeckt. Ich will damit sagen, dass Aufmerksamkeitsdefizite noch nicht vorhanden sind. Ansonsten: Danke. LG von Gil.

 AchterZwerg (27.08.19)
Lieber Gil,

ein spannender Text.
Wenn es wahr ist, dass die Wahrheit immer nur individuelle Interpretation ist und sein kann, was ist dann eine Lüge?
Einen Dichter darf man dies mit Sicherheit nicht fragen.
Denn bedeutet die Lüge eine "schönere" Auslegung erfahrener Wahrheit, wird er die wählen.
Und das zu Recht. - Im "richtigen" Leben können Wahrheit und Lüge gleichviel Unheil anrichten. Davon bin ich überzeugt. -

Herzliche Grüße
der8.

 GastIltis meinte dazu am 01.09.19:
Hallo Achtel, es gibt ja z.B. den notorischen Lügner, dem eigentlich der Unterschied zwischen der Wahrheit und der Lüge unwesentlich zu sein scheint. Ich hatte mal zwei Kollegen, einen, der diesen Typus verkörperte, und seinen übergeordneten Leiter, der genau wusste, worin der Unterschied lag. D.h., er bezog die Wahrheiten in seine Aktivitäten ein, den Rest ignorierte er. Um diese Gabe habe ich ihn beneidet, zumal ich gelegentlich allein mit dem ersteren zu tun hatte. Und es stimmt, als es ernst wurde, nämlich zur Wende, wollte der Ganove mir tatsächlich etwas unterjubeln, um mich zu diskreditieren. Lang ist es her. Danke und sei herzlich gegrüßt von Gil.

 EkkehartMittelberg (27.08.19)
Lieber Gil,
wer bis jetzt die Relativität von Wahrheit und Lüge nicht erkannt hat, dem kann dein Gedicht weiter helfen.
Herzliche Grüße
Ekki

 GastIltis meinte dazu am 01.09.19:
Hallo Ekki, deine Weisheit ist natürlich unerreicht. Und sie enthält bei all ihrer scheinbaren Leichtigkeit doch die Substanz, die man benötigt, um bejahend mit dem Kopf zu nicken oder laut vor sich zu murmeln: „Ja, so ist es!“ Danke Ekki, wie immer sende ich dir herzliche Grüße. Gil.

 Jorge (27.08.19)
Je länger man mit anderen Menschen zusammenlebt, desto häufiger wird einem das ambivalente Verhältnis von Wahrheit und Lüge bewusst. Die Erkenntnis von beidem macht uns oft zum Opfer und zugleich zum Täter.
LG
Jorge

 GastIltis meinte dazu am 01.09.19:
Hallo Jorge, natürlich ist es eine Freude, jemandem etwas zu erzählen, von dem man weiß, dass irgendwann der Moment kommt, wo er/sie/es bemerkt, dass er/sie/es beschwindelt/belogen wird. Gut kommt man immer dann weg, wenn sich beide mit breitem Grinsen der Sache bewusst sind. Jemand ernsthaft mit einer Unwahrheit zu belegen, um dann noch einen Vorteil daraus zu ziehen, ist verwerflich. Einem Autohändler ein hochgepriesenes Auto nach einer Probefahrt nicht zurückzugeben, halte ich für angemessen. Es zu bezahlen, ist leichtsinnig, und sollte mit einer Strafe für den Verkäufer geahndet werden. Richtig: Opfer und Täter muss man zunächst unterscheiden! Danke für den Hinweis. Herzlich grüßt dich Giltis.
Kreuzberch† (66)
(28.08.19)
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 GastIltis meinte dazu am 01.09.19:
Hallo Stefan, ich wette, dass du irgendwo einen passenden Song stehen hast, in dem Wahrheit und Lüge derart miteinander verwoben sind, dass du selbst nicht mehr weißt, wo die Anfänge und die Enden sind. Textlich oder melodiös oder rhythmisch. Und wenn du es nicht zugibst, dann wird es die Unwahrheit sein, vermute ich mal. Oder du bist zu faul nachzusehn, d.h., du willst nicht. Lass dich grüßen von Gil. (echt!).
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