Wünsch dir was

Märchen zum Thema Wünsche

von  Graeculus

Einer alten Einsicht zufolge ist die Erfüllung unserer Wünsche ebenso gefährlich wie deren Nichterfüllung. Was geschähe, wenn alle Menschen ihre Wünsche erfüllt bekämen?

Die Folge wären – nach einer kurzen Phase der Bescheidenheit – extreme Wünsche aus Launen heraus, später Langeweile. Zerstörerisch-aggressive Wünsche würden einander durch entsprechende Gegenwünsche blockieren: es können gar nicht alle Wünsche erfüllt werden. Selbst die Christen und Moslems im Paradies sähen spätestens nach einer Million Jahre die Sache anders. Immer nur Hallelujah, immer nur Jungfrauen. Vermutlich würden sie sich einen Abenteuerurlaub in der Hölle wünschen.

Nur die Buddhisten und andere Pessimisten würden im Nirvana erlöschen und hätten weder Grund noch Möglichkeit, sich zu beklagen.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (18.02.20)
Naja, ich verstehe das wortwörtlich. Und da bleibt ja nur die Möglichkeit, sich immer wieder ein "Was" zu wünschen. das würde übrigens zu Odin passen. Der liebte es, den Menschen ihre Wünsche zu erfüllen - samt Pferdefuß und kotzenden Pferden.

 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Ach, Odin ist eine meiner Bildungslücken. Ich war immer auf Seiten der Römer, nicht der Germanen, dieser homines illiterati.

 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 18.02.20:
Unser Bild von Odin stammt aus dem Mittelalter. Und aus Skandinavien. Außerdem waren Odin & Co. die Götter der Oberschicht.

 Graeculus schrieb daraufhin am 18.02.20:
Wir müssen uns da ja auf archäologische Funde beschränken. Und die literarischen Quellen stammen aus dem Mittelalter. Schon zu christlicher Zeit, oder?

 TrekanBelluvitsh äußerte darauf am 19.02.20:
Die Hauptquelle für die nordische Götterwelt ist die sogenannte "Snorri-Edda", verfasst von Snorri Sturlurson (1179 - 1241), einem isländischen Gelehrten und Politiker und der sogenannten "Lieder-Edda), die aus der selben Zeit stammt. Beides sind Kompilationen.

Auch ein Großteil der archologischen Deutungen z.B. von Ruhnensteinen beruht auf diesen Werken, bzw. sind auf Ruhnensteine oft Teile von Geschichten wiedergegeben, die man aus den beiden Eddas kennt.

Nun sind beide leider unvollständig, obwohl die Snorri-Edda fast komplett ist(bei der Lieder-Edda weiß ich das aus dem Kopf nicht so genau). Nun sind zwei Punkte entscheidend:
a) Die Snorri-Edda ist eine Skalden-Lehrbuch. Skalden waren Dichter im nordischen Raum. Es ist also anzunehmen, dass Snorri zwar viele wichtige Geschichten sammelte, aber diese natürlich auch nach den dichterischen Techniken auswählte. Da ist bestimmt etwas unter den Tisch gefallen.
b) Snorri Sturlurson war Christ. Die christlichen Einflüsse sind in seinem Werk eindeutig festzumachen.

Grundsätzlich kann man sagen, dass wir eine Vorstellung von der nordischen spätantiken-/frühmittelalterlichen Götterwelt haben. Diese kann jedoch kaum 1:1 auf die Zeit der klassischen Antike übertragen. Daher ist es auch falsch, in dieser Zeit von einer nordischen oder nordischen Religion zu sprechen. Es gab viele.

Und wie viele nichtschriftliche Religionen waren diese auch sehr wandelbar. So hat man z.B. in der Eifel einen Ablageplatz für Dankes- und Bittsteine gefunden (wahrscheinlich von wohlhabenden Bürgern aus dem Kölner Raum), auf denen die Namen von römischen und nordischen Göttern vermischt wurden.

Und natürlich hat auch die Begegnung mit dem römisch-griechischen Glauben/ dem Christentum die nordischen Religionen verändert. So war Odin zwar zu Beginn eine wichtige Gotteit, jedoch kein "Göttervater". Das wurde er erst nach dem Zusammentreffen mit der mittelmeerischen Kultur, quasi um deren mächtigem Hauptgott ein Gegenstück entgegensetzen zu können.

Ein wichtiger Punkt, den ich bereits angedeutet habe, ist, das Odin & Co. die Götter der Kriegerklasse waren, d.h die einer Minderheit, der Oberschicht (zumindest in Zeiten der klassischen Antike). Ansonsten verehrte man nördlich und östlich der mittelmeerischen Kultur Naturgottheiten. Da es sich bei deren Anhängern aber eben um die Ärmeren handelten, konnten diese es sich nicht leisten, ihre Verehrungsutensilien aus langlebigen Stoffen wie z.B. Stein herzustellen. So gingen diese nicht nur im Wandel der Zeit sondern z.B. auch einfach mit dem Verrottungstempo des Holzes verloren.

 Graeculus ergänzte dazu am 19.02.20:
Du bist jetzt schon der zweite Mensch innerhalb weniger Tage, der mit auf die Edda hinweist; ich muß mich damit wohl einmal befassen. Zum Glück steht sie bei mir, wenn auch noch ungelesen.

 DanceWith1Life (18.02.20)
Der Text ist ein wenig irreführend, denn das meiste davon ist bereits passiert, das erwähnte märchenhafte himmlische Spektakel mit erneuter Wunschaktivierung, liest sich wie eine Kriegsberichterstattung.
Der Einkaufszettel der Waffenhändler wie immer unsichtbar und scheinbar nicht erwähnenswert,
Insofern Odin erwähnenswert.

 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Diesen Kommentar verstehe ich nicht recht; darauf kann ich inhaltlich nicht antworten.

 DanceWith1Life meinte dazu am 18.02.20:
ich meine, all unser technischer Fortschritt entsprang aus unseren Wünschen

 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Wir sind wunschgesteuert, ja. Und verwechseln auch gerne das, was wir wünschen, mit der Wirkllichkeit.
Cora (29)
(18.02.20)
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 Bluebird meinte dazu am 18.02.20:
Lieber Greaeculus,
ich bin mir sicher, würdest du nur zwei Minuten Aufenthalt im Himmel gewährt bekommen, würdest du dort nicht mehr wegwollen.
Das berichten jedenfalls alle, die schon mal dagewesen und wieder zurückgekehrt sind:   Neunzig Minuten im Himmel

Antwort geändert am 18.02.2020 um 08:52 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Neunzig Minuten sind toll. Das Problem, das ich sehe, liegt darin, daß die Ewigkeit verdammt lang ist. Und das Wort "lang" steckt in "Langeweile".
Bei manchen Büchern oder Filmen wünsche ich mir, sie würden nie aufhören - aber das meine ich nicht wörtlich.

 Bluebird meinte dazu am 18.02.20:
Das es so etwas wie Zeit im Himmel gar nicht gibt, der Gedanke ist dir noch nicht gekommen? Oder wie soll ich es sonst interpretieren, wenn du von "lang" sprichst?
Vielleicht ist der Himmel ja das, wovon Buddhisten hier auf Erden träumen: Ewige Gegenwart

Antwort geändert am 18.02.2020 um 09:39 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 18.02.20:
Ei lasst sie doch schwätzen. Sie, die den eigenen Intellekt über den vorgestellten Himmel stellen, werden nie verstehen, daß es Dimensionen gibt, die nur zu erreichen sind durch entsprechende Vorleistungen, als da sind: Gedankenstille, Gebet, Fasten, Meditation, Mitgefühl, reinen Lebenswandel und so weiter.
Sie wollen sogar übers Nirvana Bescheid wissen - was für eine seltsame Hybris! Aber was solls, es schützt sie vor dem, was sie "um den Verstand" bringen würde, so sie, und sei es auch nur versehentlich, damit konfrontiert würden. Aber selbst das ist nur redensartlich - Intellekt ist ja nicht mit Verstand gleichzusetzen.
@ Bluebird - Ewige Gegenwart trifft es zwar nicht ganz, kommt dem aber schon nahe. Buddhisten träumen nicht vom Nirvana, sie sagen eher, daß Nirvana und Samsara ein- und dasselbe sind. (Nondualismus) Auch du frönst gern der Hybris, wenns um Nichtchristen geht.

 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
An Bluebird:
Ewige Gegenwart, nunc stans - das ist freilich etwas ganz anderes: der Kollaps der Zeit. Mystik. Damit kann ich viel anfangen! Dann 'passiert' freilich nichts mehr. Ewigkeit ist nicht eine unendliche Abfolge glücklicher Ereignisse im Paradies.
Die Mystiker werden ihr Ego, sich selbst los. Es ist, wie Rumi sagte, wie wenn der Tropfen in den Ozean eingeht.

 Dieter_Rotmund (18.02.20)
Gerne gelesen, hätte ausführlicher sein dürfen.

P.S.: BNN schreibt, in Dobel gäbe es bald keinen Arzt mehr.

Kommentar geändert am 18.02.2020 um 09:35 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Danke.

Dobel: ist so. Bisher sind alle Bemühungen um einen Nachfolger gescheitert. Die beiden Allgemeinmediziner im Nachbarort, in Bad Herrenalb, hören ebenfalls bald auf. Für einen Menschen ohne Auto keine angenehme Situation.

 niemand (18.02.20)
Das sieht man an der heutigen Gesellschaft. Die meisten erfüllen sich ihre materiellen [zuweil auch andere] Wünsche im Ruck-zuck-Verfahren. Danach flippen sie schrittweise aus. Aus Langeweile.
LG niemand
aliceandthebutterfly (36) meinte dazu am 18.02.20:
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Cora (29) meinte dazu am 18.02.20:
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 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
An alice:
Religionskrieg? In den Religionskriegen, die ich kenne, werden Menschen getötet. Wir aber diskutieren nur.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung sichert bloß zu, daß niemand für seine geäußerte Meinung bestraft werden darf (was ja nicht in allen Ländern der Fall ist). Es besagt nicht, daß alle Meinungen gleichwertig oder gar alle gleich wahr wären. Dazu kann sich der Gesetzgeber vernünftigerweise nicht äußern.

Ich respektiere Bluebird als Gesprächspartner, werde ihm nichts tun und seine religiöse Praxis (worin auch immer sie bestehen mag) nicht behindern. Das schließt nicht aus, daß ich seine Ansichten ebenso für falsch halte wie er meine für falsch hält.
Der Rest ist eben ... Diskussion. So what?

Antwort geändert am 18.02.2020 um 13:37 Uhr
Cora (29) meinte dazu am 18.02.20:
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 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
An Cora:
Noch ist es in Deutschland erlaubt, Religionen zu kritisieren. In vielen Ländern ist das nicht so. Ein Land, in dem der Atheismus staatlich vorgeschrieben ist (was ich ablehne!), sehe ich gegenwärtig nicht.
Bildet China eine Ausnahme? China kontrolliert die Religionsausübung sehr streng, nicht nur bei Uiguren - weit strenger, als ich es für angebracht halte; aber in China wird ja eigentlich alles kontrolliert. An Gott darf man aber dort noch glauben, sofern die Religionspraxis parteikonform ist.

P.S.: Selbst Karl Marx wollte Religionen nicht verbieten, sondern überflüssig machen, nämlich die Menschen vom Bedarf nach Opium befreien. Das wäre gut, halte ich aber für völlig unrealistisch.
aliceandthebutterfly (36) meinte dazu am 18.02.20:
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Cora (29) meinte dazu am 18.02.20:
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 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Die Anführungszeichen und den Zusatz "verbal" habe ich nicht übersehen. Ich wollte nur auf den Unterschied zum echten Krieg hinweisen. "Krieg" ist hier also für alice nur eine Metapher; doch ist verstehe nicht das Gemeinsame zwischen Bild und Gemeintem (das tertium comparationis): Ist es der Vernichtungswille? Aber er richtet sich nicht gegen die Existenz von Menschen!
Und es sind Religionen, die zu vielen Kriegen geführt haben, in denen es sehr wohl um die physische Vernichtung Anders- oder Ungläubiger ging bzw. geht.
Damit solltet Ihr mich nicht in Verbindung bringen, auch nicht durch das martialische Wort "Krieg".
aliceandthebutterfly (36) meinte dazu am 18.02.20:
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Cora (29) meinte dazu am 18.02.20:
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 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Ich schlage eine andere Metapher vor, die Bluebird sicherlich verstehen wird: ein Schachspiel der Meinungen.
Bei dem manche Partien keinen Sieger haben, es aber immer zwei Überlebende gibt.
Das Ziel heißt: Matt.
"Du machst mich nieder!" ist kein Zug in diesem Spiel und habe ich auch noch nie von einem Mitspieler gehört. Es wäre ihm ja selber lieb, den anderen matt zu setzen.
Cora (29) meinte dazu am 18.02.20:
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 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Sie sind schwächer.
Allerdings muß man beim Schachspiel die Farben wechseln. Da hinkt meine Metapher.
Cora (29) meinte dazu am 18.02.20:
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 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Nicht vollständig passend, aber eine bessere Metapher als Krieg - vor allem eine, die besser zu Bluebird und mir paßt. Du weißt, daß Bluebird Schachspieler ist?
aliceandthebutterfly (36) meinte dazu am 18.02.20:
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 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Das gefällt mir sehr gut! Sofern Bluebird mithüpft. Das nimmt der Diskussion viel von ihrem bitteren Ernst, den sie manchmal annimmt oder anzunehmen scheint.

Wir Tempelhüpfer. Schön.
Cora (29) meinte dazu am 18.02.20:
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 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Niemand kommt dorthin, wo er hinwill? Das ist bitter, gibt uns aber viel Gelegenheit dazuzulernen.
Pädagogisch erinnert mich das an Gandhis Plan, die Hindus muslimische Kinder erziehen zu lassen und die Moslems hinduistische.

 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
An niemand:
(beinahe übersehen durch das Dutzend angehängte Kommentare)

Ich stimme Dir zu: Man muß nur beobachten, was unsere Zeitgenossen an Wünschen entwickeln und wie sie sofort neue entwickeln, sobald die alten erfüllt sind.
Es ist nicht mehr fern davon, daß sie, zuhause mit dem neuesten Smartphone angekommen, schon an das nächste denken.
Und ich? Na, bei Smartphones nicht, aber bei Büchern.
Cora (29)
(18.02.20)
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 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Ja, er hofft, daß einmal alles zuende ist.
Samuel Beckett: "Das ist es doch, worum es geht: daß wir es hinter uns bringen."
Lord Byron: "To be the nothing that I was."
Daß das möglich ist, ist in gewissem Sinne optimistisch gedacht. Aber nur, solange er ein Erlöschender ist; als Erloschener ist es das nicht mehr.

Das Pessimum, das diese Welt ausmacht, besteht freilich nicht nur in Langeweile oder in Angst vor Langeweile. Bei weitem nicht!
aliceandthebutterfly (36) meinte dazu am 18.02.20:
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Sin (55)
(18.02.20)
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 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
(Ich bin ganz zurückhaltend bei mir unbekannten Links. Das tut mir leid.)

 EkkehartMittelberg (18.02.20)
Dem, der sich ein Bild von der Gefährlichkeit von Wünschen machen möchte, empfehle ich das alte plattdeutsche Märchen von Philipp Otto Runge " Vom Fischer und syner Frau", das auch die Gebrüder Grimm in ihre Sammlung aufgenommen haben.

 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Das ist auch gut, ja! Es ist in "Grimms Märchen" aufgenommen worden, oder? Ich wußte nicht, daß es von Ph. O. Runge stammt.
"Hans im Glück" ist ebenfalls gut.
Überhaupt handeln viele Märchen davon. Teils sind die Wünsche töricht, teils wachsen sie ins Maßlose.

 LottaManguetti (18.02.20)
"Wenns dem Esel zu gut geht, geht er aufs Eis zum Tanzen."

Gut erkannt und verwortet, Graec.

Lotti, die Langeweile nicht kennt

 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Nee, Langeweile kennen wir nicht ... solange es was zu schreiben, zu lesen, zu sprechen, zu lachen gibt. Oder?

Auf den Test, ob ich das ewig durchhalte, möchte ich dennoch verzichten.

P.S.:
Was macht das kV-Treffen in Brandenburg? Gibt es den Plan noch?

 LottaManguetti meinte dazu am 18.02.20:
Das Angebot steht fest, für mich.

 Graeculus meinte dazu am 18.02.20:
Gut zu wissen. Es wird ja vielleicht/vermutlich das letzte Mal sein.
Bringen wir es doch in Kürze nochmal im Forum zur Sprache.

 Fridolin (15.12.21, 15:48)
Alles reizt mich hier zum Widerspruch.
In einem Kommentar lässt Du durchblicken, dass Deine Wünsche sich auf Bücher richten. Was soll daraus schlechtes entstehen? Ich kann mir absolut nicht vorstellen, wie daraus "extreme Wünsche aus Launen heraus", oder gar "Zerstörerisch-aggressive Wünsche" resultieren sollten. Auch für den Wunsch nach einem friedlichen Miteinander der Menschen halte ich solche Folgen kaum für möglich.
Mir scheint also, es kommt schon auch auf die Art der Wünsche an. Und ich komme nicht an der Erkenntnis vorbei, dass die Welt der Wünsche heutzutage hochgradig manipuliert ist. Zählen immaterielle Wünsche überhaupt noch?
Und die Warenwelt?
Man erklärt Wachstum zur "conditio sine qua non" und überlässt es weitgehend den Produzenten, was sie produzieren wollen. Wie frei können sich Wünsche da noch entwickeln?

Andererseits bin ich mir sicher: Die Wünsche der Pazifisten werden niemals erfüllt sein, denn das wird die Rüstungsindustrie zu verhindern wissen. So gesehen ist die Erfüllung aller Wünsche ohnehin unmöglich.
Ich denke, die "alte Einsicht" hilft uns nicht mehr wirklich weiter, wir brauchen zeitgemäßere Alpträume ...

 Graeculus meinte dazu am 15.12.21 um 16:51:
Alles reizt mich hier zum Widerspruch.
Das ist schonmal eine gute Grundlage für eine Diskussion. Ich pro-voziere gerne Gedanken.


Aggressivität entsteht (fast) immer dann, wenn die Menge der Wünsche die Menge der zur Verfügung stehenden möglichen Befriedigungen dieser Wünsche übersteigt. Und so ist es.
Ich bin mir gar nicht sicher, ob manche nicht für manche Bücher morden würden. Stehlen, da bin ich mir sehr sicher.

Und auch die Pazifisten haben ja jenseits des Friedens Bedürfnisse.

Wenn wir Thomas Hobbes' Argumentation folgen, dann kann man selbst durchaus friedfertig gesinnt sein, muß sich aber auf den Krieg vorbereiten (si vis pacem, para bellum), weil man damit rechnen muß, daß einige andere eben nicht so friedfertig sind. Daran scheitert vermutlich der ganze Pazifismus.

Das alles liegt an der Naturordnung, die darin besteht, daß man, um leben zu können, anderes Leben töten muß. Ich weiß nicht, wie das im Himmel anders gelöst sein könnte. Allenfalls dann, wenn wir dort weder essen müssen noch das Bedürfnis haben, uns fortzupflanzen. Doch was wäre das für ein Himmel?

 Fridolin meinte dazu am 17.12.21 um 03:45:
Ich glaube, ich sehe schlicht und einfach die größeren Probleme mit den Wünschen woanders. Ich habe hier mal einen Beitrag geschrieben mit dem Titel "Wunschschlagzeilen", in der Hoffnung, dass andere eigene Wünsche daneben stellen. Es kam nur einer, und der kam von Dir. Ich schließe daraus, dass man sich gar nicht recht traut, Wünsche zu äußern.
Nun gehören Schlagzeilen wohl eher in den Bereich immaterieller Wünsche. In der Warenwelt ist das offensichtlich ganz anders, denn der Konsum wächst und wächst. (Bücher sind hier nebenbei ein interessanter Grenzfall). Aber ich frage mich, wie weit es da noch um eigene Wünsche der Verbraucher geht: Bestimmen nicht längst die Produzenten, was wir uns wünschen sollen oder dürfen? Mit anderen Worten: sind wir denn noch die Herren unserer Wünsche?
Und schließlich: was wäre, wenn Konsumverzicht um sich greifen würde? Ist der volkswirtschaftliche Zusammenbruch dann überhaupt noch vermeidbar? Wenn alle Wünsche erfüllt wären, bedeutet das ja, dass nicht mehr konsumiert wird, es käme also unvermeidbar zur Katastrophe des auf Wachstum ausgelegten, vom Wachstum abhängigen Gesellschaftssystems.
Deine Geschichte liest sich so, als wäre das alles weit weg, aber wenn ich mir ansehe, wieviel neuwertiger Müll heutzutage produziert wird, beschleichen mich Ahnungen, das könnte schon ziemlich nah vor der Tür stehen.

Antwort geändert am 17.12.2021 um 03:48 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 17.12.21 um 14:38:
Hier ich mich in der Tat nicht mit unserem Wirtschaftssystem auseinander, sondern mit der Vorstellung vom Himmel als einem idealen wünschbaren Zustand.

Die Wünsche, die unserer Warenwelt zugrunde liegen, kann man so beurteilen, wie Du es tust. Allerdings ist mir keine Alternative bekannt, speziell keine Gesellschaft, die nicht vom 'Mehr' geprägt wäre. Was in dem bekannten Spielfim "Die Götter müssen verrückt sein" dargestellt wird (die Gesellschaft der Buschmänner in der Kalahari), ist eben nur ein Spielfilm. Bei den 'Naturvölkern' ist in den Forschungen der letzten Jahrzehnte der ökologische Lack arg abgebröckelt.
Eine Gesellschaft ohne den Fetisch des Wachstums, ja, was wäre das? Wo gibt es das?

 Fridolin meinte dazu am 18.12.21 um 06:47:
Ich halte Wachstum nicht per se für schlecht. Es kommt halt nur drauf an, was da wächst und wer die Kontrolle darüber hat. Das dem Geldadel zu überlassen, wie das immer mehr der Fall ist, halte ich nicht für eine gute Idee..
Vielleicht noch zu Thomas Hobbes: si vis pacem, para bellum
Nicht ganz so bekannt, aber meines Erachtens gut auf den Punkt gebracht ist die Erwiderung: si vis pacem, para pacem, John Nobles zugeschrieben. Ein Verteidigungsministerium haben wir, haben alle, aber wo ist ein Friedensministerium? Ist es skurril, darüber nachzudenken? Und da es Dir um die Vorstellung vom Himmel geht: Warum gibt es eigentlich himmlische Heerscharen? Ist das nicht paradox? Dort sollte so etwas doch wirklich überflüssig sein!

Antwort geändert am 18.12.2021 um 06:47 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 18.12.21 um 16:47:
Die himmlischen Heerscharen, stimmt. Wenn ich recht informiert bin, kommen sie im Kampf um 'das Gute' auf der Erde zum Einsatz - allen voran der Erzengel Michael mitsamt Schwert und Schild, auf dem "Wer ist wie Gott?" als Parole steht.
Der Krieg für das Gute, der "Heilige Krieg", ist ja nicht nur eine islamische, sondern auch eine christliche Idee.
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