Ikea ist nicht nur Billy

Gedanke zum Thema Urteilsvermögen

von  eiskimo

Wenn ich behaupte, Politik sei mehr als nur endlose Laberei, werdet ihr mir staatstragende Zustimmung signalisieren. Dass Autofahren mehr sein kann als nur im Stau Stehen, auch das werdet ihr mehrheitlich per Lichthupe bestätigen.  Sport bedeutet mehr als immer nur Fußball – ich kriege euer Schulterklopfen. Und Fußball wiederum  kann so viel mehr sein als Kick and Run – yes! 
Nein, ihr ließet auch nicht gelten, dass  Ikea nur Billy sei und  die Aida nur ein Altenheim mit Seeblick. Auch da würdet ihr die plumpe Vereinfachung von euch weisen und mich auffordern, doch ein bisschen mehr Augenmaß walten zu lassen.
Aber würdet ihr das auch sagen bei ……Kirche ist nicht nur Missbrauch ?

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Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(11.12.20)
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 EkkehartMittelberg (11.12.20)
Solch eine überraschende Pointe muss man erst einmal hinbekommen.
LG
Ekki

 eiskimo meinte dazu am 11.12.20:
Danke.
Wie so oft hilft genaues Hinsehen und Abwägen.
LG
Eiskimo

 Graeculus (11.12.20)
Zustimmung. Die traditionelle Kirchenkritik hat sich ja auch nicht auf sexuellen Mißbrauch an Kindern bezogen - dieses Thema ist erst relativ neu. Die Frage ist dann immer noch, ob die Kirchen nicht nur viele schlechte Seiten, sondern auch gute haben.

 eiskimo antwortete darauf am 11.12.20:
Die vielen schlechten Seiten der Kirche überwiegen in der öffentlichen Wahrnehmung. Vieles wird auch zu Recht bloßgelegt.
Mir ist es insgesamt zu einseitig. Es ist, als würde man beim Thema Fußball nur noch über korrupte Funktionäre, abgehobene Trainer und miese Vermarktung reden ... und überhaupt nicht mehr über die Faszination, in einem Team von Gleichgesinnten den Rasen zu verzaubern

 Graeculus schrieb daraufhin am 11.12.20:
Du meinst die Gottesdienste?
(Ich war mal Meßdiener und habe genug hinter die Kulissen geschaut.)

 eiskimo äußerte darauf am 12.12.20:
Die Gottesdienste eigentlich nur als regelmäßige Rückbesinnung - was mir mehr Schub gab, das war das praktische Tun: Caritas, der sog. Dritte-Welt-Laden, Jugendarbeit...
Dass ich da Leute traf, die nicht als erstes fragten: Was nützt mir das, wie viel kommt da für mich ´rum, dient das denn auch meiner Karriere? Die waren in einer Art frei, die mir sehr imponierte. Einerseits frei von (Egoismus), andererseits frei für (den Nächsten).
Das meinte ich mit Zauber oder Faszination. Und das fehlt in einer Welt, die mehr und mehr auf "business" abgestellt ist. Jeder ein kleiner Haifisch auf der Jagd nach dem eigenen Vorteil

 Thomas-Wiefelhaus (11.12.20)
Bei der ersten Behauptung werde ich bereits ziemlich unsicher.

Bei der letzten Behauptung (bzw. Frage) kommt mir die Erinnerung an ein Nonnenkloster mit Kindererholungsheim in den Sinn, in dem ich in jungen Jahren die Sommerferien verbrachte. Entgegen mancher Klischees, für MICH (!) das einzige Heim, bei dem es im Grunde später nichts zu kritisieren gab.
Nur, dass ich die Nonne, die uns betreute, leider nicht heiraten durfte. Sie war halt eine Nonne und ich leider erst in 7 Jahren volljährig.
Schade!
Andererseits kann ich mir auch vorstellen, dass es dort Missbrauch gegeben hat?
Und hübsche, nette Frauen im heiratsfähigen Alter von der Liebe abzuhalten, sollte die Kirche nicht stolz machen. Finde ich.

Aber natürlich ist bei der Kirche nicht alles Missbrauch. Habe gar nichts gegen meinen alten Gemeindepfarrer. Im Gegenteil! Die normale Kirche hat mir nicht wehgetan.
Bei der freikirchlichen Sekte, die ich kennenlernte, war für Kinder der Missbrauch (wenn auch nicht der sexuelle) mehr als gegeben. Da überdeckte der seelische Missbrauch praktisch alles, auch das normale, wie etwa den falschen Hasen, den ich dort zum ersten mal aß.
Und der Glaube war so falsch, wie der Hase. Nein, noch viel falscher!
Persönlich glaube ich zwar an Gott, aber nicht unbedingt an Religion.

Kommentar geändert am 11.12.2020 um 13:29 Uhr

 eiskimo ergänzte dazu am 11.12.20:
Ich finde das Klasse, wie Du Dich hier sehr persönlich und mit Erfahrungen aus erster Hand zu diesem Thema äußerst - das ist spannend und bringt Fakten in die Debatte. Da gibt es ja Viele, die haben seit Jahrzehnten keine Kirche mehr von innen gesehen geschweige irgendeinen Geistlichen je gesprochen, aber die wissen bestens Bescheid über diesen Sündenpfuhl.
Ich selbst war vom Kindergarten an dieser Kirche ausgesetzt, lange Zeit Messdiener, Pfadfinder, Jugendleiter bei Sommercamps - mir sind keine übergriffigen Amtsträger begegnet. Im Gegenteil: Da waren Leute aktiv, die ihr Christentum beispielhaft lebten.
Dass es andere gab und gibt, das ist nicht zu bestreiten. Auch dass nicht radikal aufgeklärt und bestraft wird, ist kaum zu ertragen.
Im Gegenzug sollte man aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Differenzieren, heißt das Motto.
lG
Eiskimo

 Graeculus meinte dazu am 11.12.20:
Ich selbst war vom Kindergarten an dieser Kirche ausgesetzt, lange Zeit Messdiener, Pfadfinder, Jugendleiter bei Sommercamps - mir sind keine übergriffigen Amtsträger begegnet. Im Gegenteil: Da waren Leute aktiv, die ihr Christentum beispielhaft lebten.
Einen 'übergriffigen' Kaplan samt Vertuschung etc. gab es in unserer Pfarre schon, Erzbistum Köln, frühe 60er Jahre (noch vor den 68ern, die der emeritierte Papst Benedikt ja für all diese sexuellen Entgleisungen verantwortlich macht).

Die Gesprächssituation hier erinnert mich an eine öffentliche Disskussion in der Zeit des Skandals um Kardinal Groër in Österreich. Die eine Hälfte der Disputanten meinte, dies sei ein Angriff auf die katholische Kirche, völlig einseitig usw., während die andere Hälfte sagte: Das haben wir genauso erlebt!

 eiskimo meinte dazu am 11.12.20:
Umso lieber würde ich aus dieser wechselseitigen Verkrampfung heraus und die befreiende Kraft des Christentums zurück in den Fokus holen. So reformbedürftig die katholische Kirche ist - sie könnte eine mögliche Gegenposition entwickeln zum Raubtier-Kapitalismus, der mehr und mehr die Szene beherrscht.

 Graeculus meinte dazu am 11.12.20:
Es gab ja die sog. Befreiungstheologie; die ist unter Johannes Paul II. mundtot gemacht worden (Ernesto Cardenal usw.).

 Dieter_Rotmund (11.12.20)
im Stau Stehen -> im Stau stehen (eigentl. im Stau zu stehen)
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