Wandlungen II

Kurzprosa

von  uwesch

Dieser Text ist Teil der Serie  PHASEN DES LEBENS (Prosa)

Sie war nicht mehr dieselbe. Phasen des Alleinseins und flüchtiger Liebschaften wechselten sich ab. Zwischen ihr und ihr war eine Distanz entstanden. Sie weigerte sich zu sehen, wenn sie schrie um gesehen zu werden. Und doch wusste sie, dass es nicht geschehen würde - wenn sie sich morgens im Spiegel betrachtete.

Die Überbrückung dieser Diskrepanz musste sie noch lernen. Doch mit dem Verstand war ihr Problem nicht zu lösen. Deshalb beschloss sie, sich wöchentlich eine Massage von einem Körpertherapeuten geben zu lassen.

Wenn sie sich von dem Mann massieren ließ bewirkte das einen Schwindel, sodass sie sich mit beiden Händen an der Massageliege festklammern musste. Nach etwa zwanzig Terminen mit viel Angst, Schreien und Tränen konnte sie endlich ihrer tief sitzenden Wut freien Lauf lassen.

Ihr Leben bekam mit der Zeit eine andere Substanz. Sie lernte es zu genießen und merkte sofort wenn etwas mit Menschen nicht stimmte auf die sie traf. Auch mit Situationen, in die sie geriet, obwohl auf den ersten Blick alles normal und schlüssig erschien.

Sie beschloss Urlaub auf den Seychellen zu machen. Wenn dort nach einem heißen Tag der Abend mit intensiver Trägheit zwischen tropischen Bäumen herabsank fragte sie sich ob sie überhaupt noch nachhause wollte. Doch ein Leben woanders zu leben hieß auch die Konsequenzen zu tragen, die sich daraus ergeben. Darüber wollte sie nachdenken.



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Kommentare zu diesem Text


 AlmaMarieSchneider (01.05.23, 22:54)
Zwischen ihr und ihr war eine Distanz 
Diesen Zustand kenne ich auch sehr gut.


Sehr gern gelesen.

Herzlichst
Alma Marie

 uwesch meinte dazu am 02.05.23 um 01:44:
Den müssen wohl viele Menschen im Verlauf ihres Lebens durchmachen.
Dank Dir, auch für Deine Empfehlung.  LG Uwe

 EkkehartMittelberg (02.05.23, 18:36)
Tiefsitzende Probleme lassen sich nur im Wechselspiel von Körper und Geist aufbrechen.

LG
Ekki

 uwesch antwortete darauf am 02.05.23 um 19:47:
Das sehe ich auch so. In den letzten Jahren hat gerade auch der Körper bei Psychotherapien stark an Bedeutung gewonnen, denn der drückt aus, was an Verletzungen im weitesten Sinne geschehen sind. Es sind dann entsprechende Therapieformen vor allem im angloamerikanischen Raum entwickelt worden.
Eine reine Psychoanalyse greift meist viel zu kurz.
Dank Dir für Kommi und Empfehlung. LG Uwe
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