Erpressung

Erzählung zum Thema Möglichkeit/ Unmöglichkeit

von  EkkehartMittelberg


Er war 18 Jahre alt und in einer Mafia-Familie aufgewachsen. Seine Eltern und Geschwister waren durch kriminelle Handlungen, von denen andere wussten, ohne Aussicht auf Befreiung im kriminellen Milieu gefangen. Er hatte sich noch nichts zuschulden kommen lassen, einfach deshalb, weil er bisher noch nicht für ein Verbrechen benötigt wurde.

Ihm war klar, dass er als Einziger in der Familie gegenüber dem Gesetz frei war. Aber ihm war auch bewusst, dass diese Freiheit zeitlich engt begrenzt war, denn seine Familie würde ihn für Aktionen einsetzen wollen, in denen er als von der Polizei nicht Gesuchter erforderlich war.

Es gab nur eine Möglichkeit. Er musste in einer ausländischen Stadt untertauchen und unter einem Pseudonym eine legale Arbeit suchen. Das funktionierte einige Jahre und da er sich inzwischen vor Nachstellungen sicher fühlte, gründete er eine Familie und er hatte zwei Kinder.

Als sein vierjähriger Sohn verschwand, wusste er sofort, dass seine Familie die Entführung inszeniert hatte. Man brauchte ihn also mit den sauberen Papieren für einen größeren Coup.

Er erhielt eine verschlüsselte Botschaft, sich in der Familie einzufinden, wenn er das Leben seines Kindes retten wollte.

Er glaubte nur einen Moment, dass familiäre Rücksicht höher als das Geschäft bewertet würde. Bald sah er ein, dass man ihn mit äußerster Brutalität zur Kooperation zwingen würde.

Es gab freilich die Möglichkeit, sich der Polizei des Gastlandes anzuvertrauen. Doch er kannte die zu allem entschlossene kriminelle Energie seiner Familie. Das Leben seines Kindes war ein zu hoher Preis für das Experiment, auf Seiten der Legalität zu kämpfen.

Er stellte sich der Familie, verlor seine Freiheit, aber rettete sein Kind.



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Kommentare zu diesem Text


 uwesch (09.11.23, 10:15)
Oh je was für ein Stress in diesen Kreisen. LG Uwe

 harzgebirgler (09.11.23, 10:23)
hallo ekki,

du belebst einen spruch, durchaus weithin bekannten:
familien gibt's, die kennen keine verwandten. :angry:

lg
henning

 AZU20 (09.11.23, 10:50)
Das ging nicht anders, denke ich. Freilich ein hoherPreis. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.11.23 um 16:02:
Merci, Armin, 
manche werden ohne Ausweg kriminell.

LG
Ekki

 plotzn (09.11.23, 13:08)
Servus Ekki,

so kann man unverschuldet in den Sumpf aus Verbrechen und Erpressbarkeit geraten. Ein Dilemma, aus dem es keinen vernünftigen ausweg gibt...

Liebe Grüße
Stefan

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 09.11.23 um 16:06:
VCielen Dank, Stefan,

es klingt sentimental und doch ist es wahr: Es gibt tragische Existenzen unter Mafiosi.

Liebe Grüße
Ekki

 Saira (09.11.23, 19:40)
Hallo Ekki,
 
eine beklemmende Erzählung. Natürlich würde wohl jeder sein Kind retten wollen, koste es was es wolle.
 
Wer sich einmal in den Fängen der Mafia befindet, wird sich kaum daraus befreien können. Das sogenannte Zeugen-Schutz-Programm wird bei dieser Organisation keinen 100prozentigen Schutz bieten können. Zu groß sind die Netzwerke der Mafia.
 
Liebe Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 09.11.23 um 21:45:
Liebe Freundin,

die Geschichte lehrt: 


Wer niemals aufgibt, wird am Ende siegen.

Herzliche Grüße
Ekki

Antwort geändert am 09.11.2023 um 21:46 Uhr

 TassoTuwas äußerte darauf am 10.11.23 um 11:44:
Hallo Ekki,
mein Deutschlehrer erklärte uns die "Dramatik" in der Literatur, als auch im Leben, dass es für die handelnde Hauptperson am Ende, egal was sie tut, keinen guten Ausweg gibt.
Glücklich ist, wer nie in die Gefahr gerät
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 10.11.23 um 11:56:
Merci, Tasso, das ist interessant, mein Deutschlehrer hat es ähnlich erklärt. Vielleicht ist es etwas genauer, wenn wir sagen, dass diese Definition Tragik definiert.
Du hast jedenfalls erkannt, in welcher Kalamität sich mein Antiheld in der Mafia-Geschichte befindet.
Herzliche Grüße
Ekki
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