Noch einmal Boris Vian nachempfunden: Die Inseln

Interpretation zum Thema Möglichkeit/ Unmöglichkeit

von  eiskimo

Im Schwarzen Meer gibt es Inseln

Sie sind aus kaltem und grauen Stein

Dort ist man immer alleine

aber man kann Schlösser betreten

in deren Mauern sind viele Zimmer

und man findet dort mollige Frauen

dicke Frauen mit weißer weicher Haut

die auf offenen Betten liegen

Über ihren Haaren steigt Parfüm auf

wie blauer Rauch der sich kringelt

in der farblosen Luft der Zimmer

Man soll hier nicht stehen bleiben

denn sie sind da, sie warten

sie können alles Mögliche machen

sie nehmen beliebige Formen an

sie fließen dahin wie Wasser

Man sollte nicht dorthin gehen

Auf die Inseln im Schwarzen Meer

Man sollte besser Schinken kaufen.

 

(aus dem Manuskript Cantilènes en gelée, 1950)




Anmerkung von eiskimo:

Von Boris Vian kannte ich bislang nur „Le Déserteur“, dieses Chanson aus den 50er Jahren, das in Frankreichs Radiostationen seinerzeit nicht gespielt werden durfte , weil sich bereits der Algerienkrieg abzeichnete und man darin so etwas wie Wehrkraftzersetzung befürchtete ….
Mit dem Gedicht  „Les araignées“ (Die Spinnen) hat mich der Autor von „L´ écume des jours“ (Der Schaum der Tage) aber sehr neugierig gemacht. (siehe mein  Beitrag vom 16.8.)  Am meisten Echo bei  der Literaturkritik  fand aber wohl  im Jahre 1946/47 „J´irai cracher sur vos tombes“ (Ich werde auf eure Gräber spucken), mit dem Boris Vian für einen Skandal sorgte, auch, weil er dieses Werk unter einem lange geheim gehaltenen Pseudonym herausbrachte.
Es lohnt sich, mehr von diesem etwas schrillen Autor zu lesen, der 1959 im Alter von nur 39 Jahren verstarb.

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