Viel Spa, lieber Maurice, du Nichtschwimmer!

Bericht zum Thema Gefangen

von  eiskimo

Müssen wir uns Sorgen machen um Maurice, 82, Nichtschwimmer und zur Zeit täglich mit dem Karabiner unterwegs, weil er die verdammen Bisamratten auf seinem Grundstück erledigen will?

Ja, das müssen wir.

Wir müssen es nicht wegen seines Alters. Maurice Gardet ist nämlich ein „tennis-man“ der alten Schule, und er spielt hier mit uns auf der dorfeigenen Anlage drei bis vier Mal die Woche, und das gar nicht schlecht.

Wir müssen es auch nicht wegen des Karabiners und der Bisamratten. Maurice hat nämlich ein Traum-Grundstück hier im Morvan, ein paar Tausend Quadratmeter groß, durchströmt von einem munteren Bächlein, das direkt aus den Bergen kommt. Das Bächlein speist einen künstlich angelegten Tümpel, in dem Maurice ein paar Forellen züchtet. Wenn er da auf der Lauer liegt und in Richtung dieser verdammten „ragondins“ ballert, sind Menschenleben in dieser extrem dünn besiedelten Region nicht in Gefahr. Die Bisamratten wohl auch nicht, jedenfalls hat Maurice noch nie eine erwischt. Seine Sorge, diese umtriebigen Viecher könnten die Folie des Tümpels zerstören, ist also dauerhaft akut. Wir Tennisfreunde, die regelmäßig über seine Jagdversuche unterrichtet werden,sehen das aber eher sportlich – Maurice packt halt gerne selber an.

Nein, worum wir uns definitiv Sorgen machen bei Maurice, das ist sein Nichtschwimmer-Status. Gut, er kann halt nicht schwimmen. Dieses Defizit will unser Freund aber jetzt unbedingt vergessen machen. Mit 82. Es sitzt wohl sehr tief in ihm drin, dass er zeitlebens weder Seepferdchen- noch Freischwimmer-Abzeichen hat erwerben können. Sich auf seinem Traum-Grundstück einen Pool bauen lassen, das war deswegen nie eine Option gewesen.

Umso begeisterter verfolgt er seit ein paar Wochen dafür das Projekt, das ihm jetzt doch noch, im zarten Alter von 82 Jahren, dieses Pool-Feeling ermöglichen soll, ihm, dem Nichtschwimmer. Er hört gar nicht auf, von Karibik-Atmosphäre, Drinks in lauwarmem Wasser und dem totalen Relaxen zu schwärmen: In seinem Spa!

Bis zu sechs Personen sollen sich da aalen können, ein Cocktail-Glas in Vorhalte, und der Blick auf seinen Forellenteich gerichtet und die Bergwelt dahinter.

Bei jeder Tennis-Einheit bekommen wir neue Details berichtet. Alle Feinheiten der Whirlpool- und Jacuzzi-Welt tun sich uns auf. Und wie ärmlich wir uns fühlen, die wir im Morvan nur ab und zu in einen der Badeseen springen.

Aber – und jetzt kommt der Punkt, warum wir uns erheblich Sorgen machen müssen um Maurice: Sein Projekt stößt auf immer neue Hindernisse und Komplikationen. Und die Anfangsbegeisterung ist längst einem Riesen Ärger gewichen. Die ausgesuchte Sechs-Personen-Einheit (die er dummerweise auch schon verbindlich geordert hat) ist sehr schwer und braucht viel Platz. Sie in den Hang mit Blick auf den Tümpel zu integrieren, verlangt großes Gerät, sehr viel Erdaushub und massive Beton-Verschalung – von der Elektrik und den Klempnerarbeiten ganz zu schweigen. Mindestens vier verschiedene Handwerksbetriebe, so erfahren wir in detaillierten Tagesberichten, müssten sich zeitlich koordinieren. „Und allesamt sind sie Verbrecher!“

Nicht eingehaltene Absprachen, überhöhte Preise, falsche Berechnungen – Maurice hat es echt mit den Nerven. Neue Betriebe werden uns genannt, weil er sich mit den anderen überworfen hat, und der Gipfel: Plötzlich wolle auch die Gemeinde eine Baugenehmigung.

Statt Tennis zu spielen, müssen wir uns das Klagelied des Freundes anhören. Er sieht schlecht aus.

Und wenn wir nach vielen Worten des Trostes doch mal den gelben Filzball ins Spiel bringen, dann ist es wie mit den Bisamratten: Maurice trifft nur daneben.

Am Ende sind wir uns ausnahmsweise total einig: Bloß allen Menschen die Schwimmfähigkeit vermitteln, am besten schon im Kindesalter!



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