Nun ja....

Text

von  Mondscheinsonate

... was schreibe ich und dann bestätigt es sich doppelt. Manche denken keine Sekunde nach, fahren über alles und jeden drüber und verwenden Texte als Klowand, wo Narrenhände Tisch und Wände beschmieren. Wenngleich mich das immer schon fasziniert hat, denn so besoffen konnte ich nie sein, dass ich eine Wand beschmiert hätte, auch war ich nie so unerzogen, dass ich jemals eine Wand nüchtern beschmiert hätte. Gut, vorsorglich verpackten die Eltern diese mit Packpapier, klebten ab wie Christo, aber da kritzelte ich nur einmal kurz, dann interessierte mich das nicht mehr, somit war der Maler und Anstreicherberuf einmal von der Liste der möglichen Berufe für die Tochter gestrichen, was gar nicht unerfreut zur Kenntnis genommen wurde. Ich hatte eher Forschergeist, wollte wissen, woher die Stimmen aus dem Radiogerät kamen und schraubte dieses auf, das Gerät hing noch am Strom. Oder ich leerte Wasser in die Fernseherritze, wollte die Blumen am Bildschirm gießen, seitdem gab es ein Gartensendungsverbot, so lange, bis man mir tatsächlich vertrauen konnte. Eigenes Eigentum war wegen dem Entdeckergeist gefährdet, aber fremdes war mir immer schon heilig, einmal nur ließ ich ein Glas unabsichtlich bei R. fallen, da kaufte ich am nächsten Tag ein neues. Früher gab es noch diese Gläser mit den Erdbeeren darauf, so eines fand ich nicht mehr, es war schlussendlich fünfzehn Jahre nach dieser Modeerscheinung, das neue Glas mahnte im Schrank ständig zur Vorsicht, ragte heraus, R. nannte es das "Prinzessinnenglas". Ja, ich küsste damals viele falsche Prinzen, das war stimmig. 

Nun, mich faszinierte also die Zerstörungswut der Gestörten, die fremde Klowände beschmierten, so gingen diese her und feig wie sie waren, machten sie es im stillen Kämmerchen, schrien ihren Männer- und Frauenfrust heraus, betätigten sich kreativ, schrieben Gedichte, politische Parolen und drückten frisch und fröhlich ihre Zigaretten an der Wand aus.

Am Damenklo stand "Frauen sind wie Schallplatten, alles dreht sich um ihr Loch." Highlight war auch: "Für ein Cornetto Heidelbeer, zeig ich meinen Beidl her." Für die Germanen "Cornetto" ist ein Stanizeleis der Firma Eskimo und "Beidl" der Penis. Wobei ich das Wort noch nie verstanden habe. "Hurenbeidl" auch so ein schönes Schimpfwort von damals. Unverständlich und hässlich. 

Solche hübschen Kreationen merkte ich mir fast ein Leben lang, daneben Plakate von Konzerten, die vor Jahren waren, die waren nie beschmiert, nur halb abgerissen, gleich neben dem Hygieneartikelautomat und Kondomautomaten. Zehn Schilling eine Packung "O.B.", wobei nur zwei drinnen waren und Kondome kosteten zwei Zehner. Saver Sex kostet Geld. Zweimal ging damit. Zumeist schoben sich die Gierigen daran vorbei in die Kabine und trieben es gratis, nicht einmal. Die Zehner gingen für das Flippern drauf. 

So sah es aus, so war es, jetzt sind die Narrenhände im Internet, hinterlassen überall Spuren, das stille Kämmerchen blieb. Die krampfhaften Textzerstörer zerstören am liebsten Texte, die sie persönlich für nicht sehr wertvoll erachten, denken dabei nicht an die Schreiber, denen Texte eventuell wichtig sind, aus verschiedensten Gründen, manche psychologisieren dann auch noch weiter via Nachricht, bombardieren regelrecht, ob man will oder nicht, man kommt sich wahrlich vor wie so eine Klowand, schrecklich, aber geduldig.


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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (28.09.24, 15:26)
Das sehe ich ein wenig anders.
Zwar kann ich diese ellenlangen Diskussionen unter Texten auch nicht leiden, mit Ausnahme der komischen, hätte aber gegen ein wenig Textarbeit rein gar nix einzuwenden. Weil ich sehr gern dazulerne und mich nicht unbedingt für den reinkarnierten Rilke halte.

Habe allerdings gemerkt, dass ich mit einer solchen Vorstellung auf wenig Gegenliebe stoße.

Is' schoo Recht

 Mondscheinsonate meinte dazu am 28.09.24 um 15:28:
Von Textarbeit ist keine Rede, Zwergi. Nur von Zerstörung.
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