Zurück zu Gier, Geilheit und Gewalt

Predigt zum Thema Respekt

von  eiskimo


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Da haben Menschen Generationen für gebraucht, ach, was sag ich: Jahrtausende. Nämlich ihren platten Alltag zu überhöhen mit etwas Heiligem. Zum Beispiel: Nicht jeden Tag wie wild zu malochen, sondern einen Sonn-Tag zu begehen und diesen feierlich auszugestalten. Anderes Essen, andere Klamotten, ein anderes Miteinander. Diese Sehnsucht nach etwas Größerem finde ich bemerkenswert!

Dann: Nicht ungeordnet und jeder nach Lust und Laune einfach losfeiern, sondern eine Liturgie zu entwickeln für einen ganz besonderen Versammlungsort; ein Ort, der besonders schön gestaltet war, der Aufwand erfordert hatte und innere Beteiligung. Auch bemerkenswert.

Nicht das Recht des Stärkeren und Ruchlosen walten zu lassen, sondern sich auf Gebote zu berufen und auf eine Schöpfung, die alle gleichermaßen zu Kinder „Gottes“ machte – geschwisterlich, weil Gier, Geilheit und Gewalt als unwürdig galten. Welch tolles Projekt!

Und schließlich nicht die Macht, den privaten Besitz und materiellen Wohlstand des Einzelnen als höchstes Gut zu hofieren, sondern den inneren Frieden und Zusammenhalt der Gemeinde, deren Baustein man war. Das war doch was!

Da haben Menschen Jahrtausende für gebraucht, für diese Be-Sinnung, für diese spirituelle Überhöhung ihrer Existenz. Für dieses Modell von Harmonie. Auch mit der Natur. Und es gab auch immer welche, die das ehrlich vorlebten, in Demut und Unbestechlichkeit. 

Im Moment aber erleben wir eine Zeit, da wird dies alles nach Kräften eingerissen. Es gibt - so mein Eindruck - nichts Heiliges mehr. Man entweiht die spirituellen Orte, banalisiert die Sonn- und Feiertage, huldigt dem Konsum und überhöht - wenn überhaupt - nur noch sich selbst. Wer genau hinschaut:  dieser Wandel geschieht in blindem Eifer und rasantem Tempo. Und die ganz Selbstbwussten nennen das Befreiung.




Anmerkung von eiskimo:

Foto: Vigeland-Park Oslo

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Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (16.10.24, 09:29)
Mit dem Menschendöner im Hintergrund scheint zumindest die Ernährung noch für einige Zeit gesichert. Vielleicht eine Geschäftsidee für Krisengebiete wie Gaza ... :D

 Regina (16.10.24, 09:50)
Verständlich erscheint die pessimistische Sicht auf die heutige Zeit. Trotzdem haben auch Veganismus, Vegetarismus, Umwelt- und Tierschutz an Popularität gewonnen und manche Menschen wandten sich tieferen spirituellen Lehren zu. Diese Zeit scheint beide Möglichkeiten in sich zu tragen, eine höhere Entwicklung oder einen tiefen Fall.

 LotharAtzert meinte dazu am 16.10.24 um 10:20:
und manche Menschen wandten sich tieferen spirituellen Lehren zu
Ach ...


Diese Zeit scheint beide Möglichkeiten in sich zu tragen, eine höhere Entwicklung oder einen tiefen Fall.
Ja! OM MANI PEME HUNG

 eiskimo antwortete darauf am 16.10.24 um 14:33:
@Regina
Ja, da stimme ich Dir zu. Der Freiraum ist da. Aber ich sehe nur ganz selten Leute, die diese höhere Entwicklung spürbar machen.

 Regina schrieb daraufhin am 16.10.24 um 15:55:
Lothar sieht diese Leute auch nicht. Aber sie hüpfen vielleicht nicht alle im Keinverlag herum.

 Saira (16.10.24, 10:06)
Wir leben in einer Zeit, in der alles schnelllebig und oberflächlich erscheint, in der materielle Werte oft über das Gemeinwohl gestellt werden. Vielleicht sollten wir wieder einen Schritt zurücktreten, um die Werte zu reflektieren, die uns als Gesellschaft zusammenhalten, anstatt in einem Zustand der Selbstbezogenheit zu verharren.
 
Eindrucksvoller Text, lieber Eiskimo!
 
Liebe Grüße
Saira

 Graeculus äußerte darauf am 16.10.24 um 10:17:
Haben nicht schon Deine Eltern Dir genau das vorgeworfen?
Wir sind bzw. waren doch wirklich eine Generation, der man ihren Hedonismus vorgehalten hat.

Und haben nicht schon die Nazis "Gemeinnutz geht vor Eigennutz!" propagiert? Dies sicherlich doch deshalb, weil sie da einen Verfall, eine Gefahr sahen nach den Jahren der relativ freiheitlichen Weimarer Republik.

 eiskimo ergänzte dazu am 16.10.24 um 14:47:
@ Saira
Du nennst diese Zeit schnelllebig und oberflächlich. Sie ist auch respekt- und verantwortungslos. Wenn man allein sieht, wieviel Nahrungsmittel weggeschmissen oder vernichtet werden, wie beliebig für viele das Tierwohl ist, vom Artensterben ganz zu schweigen...
Wenn diese Dinge vielen Leuten egal sind, dann - so meine Erklärung: weil sie kein Gewissen haben, keinen moralischen Pegel...

Danke auch für Deine Empfehlung!
Eiskimo

 Saira meinte dazu am 16.10.24 um 17:44:
@Graeculus
 
Hallo Wolfgang,
 
jede Generation hat ihre eigenen Kämpfe und Werte. Es ist wichtig, dass wir aus der Vergangenheit lernen.
 
Ich denke, dass es wichtig ist, über unsere Werte nachzudenken, unabhängig von der Generation. 


@Eiskimo
 
Die Verschwendung von Nahrungsmitteln und das Ignorieren von Tierwohl und Artensterben sind alarmierende Zeichen unserer Zeit. Ich sehe sie mit großer Ratlosigkeit. Diese Verantwortungslosigkeit macht wütend.
 
LG
Saira
 

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 17:59:
Ich bin ja, liebe Saira, groß geworden mit Bob Dylan und erinnere mich gut an sein "The times hey are a-changing", in dem es heißt:


Come mothers and fathers
Throughout the land
And don’t criticize
What you can’t understand
Your sons and your daughters
Are beyond your command
Your old road is
Rapidly agin’.
Please get out of the new one
If you can’t lend your hand
For the times they are a-changin’.

Das haben wir den alten Leuten damals um die Ohren gehauen, und sie haben es nicht gerne gehört. Wir galten als aufsässig, als Verächter guter, alter Werte etc.
Da haben wir es uns wohl verdient, daß nunmehr, da wir alt geworden sind, uns das um die Ohren gehauen wird.

Jede Generation hat ihre Werte, ihren Stil, und sie hat ein Recht darauf, die neue Generation zu sein. Wenn wir Alten "Untergang des Abendlandes!" schreien, ist das ... nicht gut.

Ob die neue Generation aus der Geschichte lernt, werden wir abwarten müssen. Die bisherigen Generationen waren damit nicht sehr erfolgreich - gerade dort nicht, wo sie es versucht haben. Denn wir sollten nicht vergessen, daß sowohl der Marxismus als auch der Faschismus genau dies im Sinn hatten: aus der Geschichte zu lernen. Daraus sind dann der GULag und die Konzentrationslager geworden.

Übrigens sind die heutigen jungen Menschen diejenigen, die wir erzogen haben. Waren wir gute Vorbilder?

P.S.: Am kommenden Sonntag besuche ich ein Bob-Dylan-Konzert in Stuttgart. Wir sind gespannt, ob wir unter uns bleiben oder ob auch junge Leute dort sein werden.

Antwort geändert am 16.10.2024 um 18:01 Uhr

 Saira meinte dazu am 16.10.24 um 19:25:
@Graeculus

Es ist wahr, dass jede Generation ihre eigenen Ideale und Herausforderungen hat, und es ist wichtig, diese Unterschiede zu respektieren, anstatt sie zu verurteilen. Die Erwähnung von Bob Dylans Lied verdeutlicht, dass der Wandel ein unvermeidlicher Teil des Lebens ist und dass Verständnis und Offenheit zwischen den Generationen entscheidend sind.
 
Die Frage, ob die heutige Jugend aus der Geschichte lernt, ist komplex. Es ist wichtig, dass ältere Generationen als Vorbilder agieren und die Verantwortung für die Werte, die sie vermitteln, übernehmen. Der Hinweis auf die negativen Beispiele der Geschichte zeigt, dass das Lernen aus der Vergangenheit nicht immer erfolgreich war, was uns ermutigen sollte, den Dialog zwischen den Generationen zu fördern.
 
Das bevorstehende Bob-Dylan-Konzert könnte eine wunderbare Gelegenheit sein, diese Brücke zu schlagen und zu sehen, wie Musik als verbindendes Element fungiert, unabhängig vom Alter. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich die Dynamik zwischen den Generationen in solchen kulturellen Räumen entfaltet.
 
Ich hatte ein schwieriges Verhältnis zu meinen Eltern. Trotzdem habe ich es geschafft, meinem Sohn Ideale zu vermitteln, die er heute seinen Kindern vorlebt.
 
Für den kommenden Sonntag wünsche ich dir und deiner Begleitung einen fantastischen Abend!



 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 19:49:
Danke. Ich freue mich.

 eiskimo meinte dazu am 17.10.24 um 08:20:
Bob Dylan in allen Ehren, aber zu sagen, dass dieser Wandel immer schon so war, klingt in meinen Ohren etwas zu fatalistisch.
Wenn, lieber Graculus,es an Deiner Schule plötzlich deutlich mehr Vandalismus, Respektlosigkeit, Mobbing oder Lernverweigerung gegeben hätte - wärest Du da mit dem Kommentar "Alter, the times, they are changing..." zufrieden gewesen?
Anders gefragt: Gibt es nicht Standards, die wir unbedingt erhalten sollten?

 Graeculus meinte dazu am 17.10.24 um 13:32:
Nicht "dieser Wandel", sondern es gab immer schon einen Wandel von Generation zu Generation, von dem die jeweils ältere Generation nicht begeistert war.
Über Vandalismus in Schulen habe ich, was frühere Zeiten angeht, keine ganz präzisen Kenntnisse (Zahlen), wohl aber Erinnerungen: an Schul- und Uni-Toiletten, an Konzerte, bei denen das Mobiliar zertrümmert wurde, an Gewalt bei Demonstrationen usw. "Macht kaputt, was euch kaputt macht!" ist kein Motto, das die heutige Generation hervorgebracht hat - es ist älter.

Ob es überzeitliche Werte gibt, die uns eine Norm gegen Gewalt und Zerstörung vermitteln? Ja, als Norm gibt es das, auch schon aus sehr alter Zeit. Geholfen haben sie nach meinem Eindruck nie viel.

Was würde ein Mensch aus dem 30jährigen Krieg über unsere Zeit sagen? Würde er sie nicht als extrem friedlich erleben? Du und ich, wir haben nie einen Krieg am eigenen Leibe erlebt. Weißt Du, wie selten dies in der Geschichte Europas ist - falls es das überhaupt schonmal gegeben hat?
Schon für Frankreich bzw. Franzosen kann man das nicht uneingeschränkt sagen, wenn man nur an den Algerien-Krieg mit seinen schrecklich brutalen Szenen denkt.
Großbritannien hatte einen Bürgerkrieg in Nordirland, wobei der britischen Regierung 2003 bescheinigt worden ist, Mord und Folter eingesetzt zu haben (FAZ vom 19.4.2003).

War "unsere Zeit" eine friedlichere, eine sozialere? Ist es heute schlimmer?
Wenn Du ein bestimmtes Dorf mit einem offenbar sehr liberalen Pfarrer als Bezug nimmst, sagt das noch nicht viel über eine ganze Epoche.

Mit all dem möchte ich nicht leugnen, daß es Veränderungen und Probleme gibt; ich bezweifle lediglich, daß es früher besser war. Repräsentanten der katholischen Kirche mögen das - aus ihrer Perspektive - anders sehen. Doch diese Perspektive mache ich mir nicht eigen, wobei ich mir bewußt bin, daß ich darin auch in einer alten französischen Tradition stehe.

 Graeculus meinte dazu am 17.10.24 um 13:53:
Vielleicht kann ich noch eine eigene Beobachtung über das dörfliche Leben und seinen Wandel beisteuern:

1. Als ich vor neun Jahren hierher gezogen bin gab es noch einen Zahnarzt und einen Allgemeinmediziner. Heute gibt es weder noch, und die Ärzte in den umliegenden Orten nehmen oft keine neuen Patienten mehr an.

2. Die Zahl der kleinen Läden und der Restaurants, schon damals nicht sehr groß, ist weiter zurückgegangen.

Was dies für die beweglichen Autofahrer bedeutet, ist die Frage; ich bin halt keiner und empfinde es als Verschlechtertung.

 eiskimo meinte dazu am 17.10.24 um 16:32:
Danke für Deine ausführliche Stellungnahme.
Was aus der alten Zeit bewahrenswert wäre und was den Menschen an Neuerungen mehr dienen könnte - schwere Frage. Vielleicht wird demnächst die KI dabei entscheidend eingreifen...

 Graeculus (16.10.24, 10:10)
Was mir auffällt und was doch sicher etwas zu bedeuten hat, ist der Umstand, daß, als wir jung waren, die alten Leute die gleiche Klage angestimmt haben. 
Vgl. z.B. Hans Sedlmayr: Verlust der Mitte

Eine Generation vorher: Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes

(jeweils zu ihrer Zeit spektakuläre Bestseller!)

Die älteste mir bekannte derartige Predigt bzw. Litanei ist 4000 Jahre alt.
Vgl. Das Gespräch eines Mannes mit seinem Ba (Ägyptisch)

Ja, geht es denn seit 4000 Jahren nur bergab mit der Menschheit, oder ist das lediglich eine Perspektive alter Leute, die mit leisem Grauen feststellen, daß die Welt sich ändert, die von ihnen geprägte Zeit vorbei ist und niemand mehr ihre Predigten hören will?

Kommentar geändert am 16.10.2024 um 10:12 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 16.10.24 um 10:32:
Alles in Ordnung, Graeculus. Schlaf weiter. ...

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 11:16:
Das tue ich gerne, wenn andere jammern oder, wie in deinem Falle, giftig werden.

Antwort geändert am 16.10.2024 um 11:17 Uhr

 Regina meinte dazu am 16.10.24 um 12:49:
Kulturen entwickeln sich von ihrer Anfangszeit hin zur Blüte, um dann wieder abzusteigen. Die Klage über die Dekadenz erscheint also vermutlich zyklisch.
Es ist aber auch eine Frage der Sichtweise. Besteht optimistische Hoffnung in eine positive Entwicklung oder schaut der Pessimist durch die graue Brille, wie alles sich seiner Meinung nach zum Üblen wendet.

Antwort geändert am 16.10.2024 um 12:52 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 13:34:
Gestern ist die 19. Shell-Jugendstudie erschienen. Dort kann man sich über die empirisch erhobenen Wertvorstellungen der heutigen Jugend informieren.
Kein Grund zum Wehklagen, meine ich.

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 13:41:
Das Pendant zur Klage über den Werteverfall der Gegenwart ist ja die Idealisierung der Vergangenheit. Und auch dafür sehe ich in Deinem Text, eiskimo, Anhaltspunkte. Wann genau soll das gewesen sein, als alles so viel besser war? Und wo?
Für mich klingt das so, wie ein katholischer Pfarrer die Vergangenheit darstellt, "als sonntags noch alle in die Kirche gegangen sind und den Leib des Herrn empfangen haben".
Was hinter dieser katholischen Idylle stand, das weiß man heute besser.

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 13:49:
Gestern habe ich einen Dokumentarfilm über das Werk von Luis Buñuel gesehen. Darin war so viel Antiklerikalismus, da wurde das Katholische bzw. Christliche dermaßen lächerlich gemacht, daß man nicht auf den Gedanken gekommen wäre, diese Epoche (des Surrealismus) hätte sich selbst als wertkonservativ und den guten alten Traditionen folgend verstanden. Das war erfrischend revolutionär!

In einer Filmszene wurde der Papst von Volk standrechtlich erschossen. Ich dachte mir: "Das kann Buñuel doch nicht tun!" Doch, das hat er gefilmt. In der "guten alten Zeit".

Selbstverständlich ist der Film in Frankreich verboten worden - was seiner Popularität sehr genützt hat.

Antwort geändert am 16.10.2024 um 13:51 Uhr

 eiskimo meinte dazu am 16.10.24 um 13:50:
Ich lebe eine längere Zeit des Jahres immer in einem französischen Dorf. Als ich mich dort vor 35 Jahren einquartierte, gab es da ein aktives religiöses Leben mit vielen Laien, mit Chor, Altenbesuchen und dem sonntäglichen Gottesdienst, bei dem 150 bis 200 Leute die Kirche füllten. Es gab auch noch einen Pfarrer.
Jetzt gibt es weder Pfarrer noch Sonnatgsmesse noch Chor - dieses religiöse Leben - in Jahrhunderten gewachsen -  ist in drei Jahrzehnten weggebrochen. Stattdessen: Spirituelles Niemandsland.  Das einzige  verbliebene Zauberwort heißt "pouvoir d´achat" - Kaufkraft ....
Ich sehe das wie unter einer Lupe.

Wenn die SHELL-Studie eine Trendwende signalisiert, würde mich das sehr freuen.

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 13:58:
Eine Renaissance christlicher Religiosität signalisiert diese Studie nicht, soweit ich sie kenne. Das heißt aber nicht: keine Werte mehr, nur noch Kaufkraft.

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 14:03:
Übrigens erscheint mir die Dorfidylle, wie Du sie beschreibst, eher als ein Alptraum, denn ich ahne, wie diese Dorfgemeinschaft mit Außenseitern umgegangen ist. Homosexuell zu sein, reichte da vermutlich schon.

 eiskimo meinte dazu am 16.10.24 um 14:28:
Da ahnst Du falsch. Es ging sehr weltoffen und pragmatisch zu. Fraternité war da keine hohle Vokabel - dafür war der Pfarrer einfach zu kommunikativ.
Dass es diese generöse Art Kirche nicht mehr gibt, empfinde ich als großen Verlust.
Nochmal: Es ist nichts Vergleichbares nachgekommen. Leere.

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 14:40:
Ich stelle Dir dann mal zum besseren Verständnis eine vergleichende Frage:

Hier im Dorf gibt es selbstverständlich keinen eigenen Geistlichen einer der beiden Konfessionen mehr, wohl aber eine recht lebendige evangelische Gemeinde auf der Basis des Engagements einiger Gemeindemitglieder.
Daneben existieren ein Sport-, ein Musik- und ein Wanderverein, zusätzlich die freiwillige Feuerwehr als Kristallisationspunkte für ein Gemeindeleben. Dessen Höhepunkte sind mehrere jährliche Dorffeste.

Davon gibt es in "Deinem" französischen Dorf nichts mehr?

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 14:42:
Gewalt gibt es hier übrigens auch: zwei Morde, zwei Raubüberfälle und etliche Einbrüche (sogar im Kurhaus!) innerhalb der neun Jahre, die ich nunmehr hier lebe.

 LotharAtzert meinte dazu am 16.10.24 um 14:49:
Giftig? - Aber nein, ich mach nur nicht gern viel Worte, wo andere das tun. Und ich weiß einfach nicht, warum ich einen Verlust der Mitte (?) mit 
Vgl. z.B. Hans Sedlmayr: Verlust der Mitte
Hans Sedlmayrs Schriften vergleichen soll. Der sollte mal den mittleren Weg von Nagarjuna lesen. Und natürlich den anderen Wolfgang ...

 eiskimo meinte dazu am 16.10.24 um 14:57:
@Graeculus
Es gab früher viele aktive Drehleierspieler, die auch öfters die Messfeier mitgestalteten. Drehleier ist out, zu übungsintensiv, zu altbacken.... 
Wanderer kommen gerne von auswärts, aber die "Sportler" im Dorf steigen nur aufs Motorrad oder den Quad. Ob das sehr gemeinschaftsfördernd ist?
Die Freiwillige Feuerwehr ist noch da, sie macht auch einmal im Jahr den "Bal des pompiers", aber verzweifelt ringt man um Nachwuchs.

Antwort geändert am 16.10.2024 um 14:59 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 15:33:
An LotharAtzert:

Ich vergesse bzw. verdränge immer wieder, daß Du ja nicht offen bist für all das, was sich jenseits des rhythmischen Astrobuddhismus bewegt.
Und weder Sedlmayr noch Spengler konstatieren einen Werteverfall aus dieser Perspektive.
Nun spricht aber auch nicht eiskimo, über dessen Text wir hier reden, aus dieser Deiner Warte.

 LotharAtzert meinte dazu am 16.10.24 um 15:54:
An Graeculus

Ich dachte, es gänge um Gier, Geiheit und Gewalt. Da brauch ich nicht 10 ooo Werke zu lesen, sonder weiß, daß diese in jedem von uns schlummern (bei einigen sogar ausbrechen ...) also schaue ich in mich selbst, mache sie bewußt und versuche mit den Mitteln, die ich habe, sie zu verwandeln, - Gier in Mitgefühl, Geilheit ist auch Gier; Gewalt in Weisheit. Nach Buddha sind die drei Wurzelursachen Gier, Haß und Unwissenheit. Wie oft schrieb ich darüber? Gefühlt wieder 10 000 mal - hat weder eiskimo, der nicht mit mir redet (wg. Brand eines sakralen Bauwerkes in Paris, wozu ich mich eventuell mal abfällig äußerte), noch Dich interessiert.

Die entsprechenden Übungen sind bekannt und darum geht es hier tatsächlich nicht.

Antwort geändert am 16.10.2024 um 16:02 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 16.10.24 um 16:03:
Es geht eiskimo - sein Text! - darum, daß heute die Werte verfallen und es immer schlimmer wird.
Da ist es doch ein relevanter Hinweis, daß diese Klage uralt ist. Und dann darf ich dafür Belege aus nicht allzuferner und sehr ferner Zeit anführen.

Was immer wir sonst tun - hier spreche ich über eiskimos Text!

 AchterZwerg (16.10.24, 13:18)
Ich saach ma fast nix.

Denkt nur an das schlimme Ende von Sodom und Gomorrha.

An den Sodomisten hat's vermutlich nicht gelegen!

 LotharAtzert meinte dazu am 16.10.24 um 14:55:
Das reicht auch.
Ich bin schuld! 

Weißt du, 8er, die Humorlosigkeit - dr diskursive Ernscht - macht alles noch schlimmer. Eine viertel Stunde pro Tag meditiert von nur 10% der Menschheit und wir hätten das auf Erden, was es nie geben wird: Frieden.

 Augustus (16.10.24, 20:28)
Öl wird überall, wo Öl gefunden wird, aus den Tiefen der Erde gepumpt mit verehrenden Folgen für die Umwelt. Wälder werden gerodet. Die weltweite Herstellung von Zement erzeugt genauso viel CO2 wie alle Autos und Flugzeuge zusammen. Dafür werden Unmengen an Wasser verbricht, wie für die Autoherstellung im allgemeinen. Abbau von Lithium sorgt ebenfalls für austrocknen von Boden. Neben Dürren und hurricans werden Menschen aus Wüsten und Katastrophengebieten flüchten ins wohlhabende Länder, sichere Länder. 
Überschwemmungen werden neben Dürren und neben Coronaviren und neu mutierten oder gänzlichen neuen Viren die Zukunft sein; der Umstieg vom verbrenner zum Elektroauto, wird wahrscheinlich nichts an co2 ändern, wenn sich mehr Menschen dann (billigere) Elektroautos leisten können und immer mehr Leute Flüge buchen, Kreuzfahrten buchen und Zement weltweit hergestellt wird. Der Bedarf an Elektroautos ist weltweit groß, verbrenner werden dann nach Afrika verkauft… die Scheichs und Russen liefern dann Öl nach Afrika … wo in Europa der co2 sinkt, steigt er in Afrika… und verschärft die Dürren dort dann nur noch mehr.

 Regina meinte dazu am 17.10.24 um 08:34:
Bewusstwerdung ist angesagt in dieser Zeit. Der Mensch kann heute nicht mehr unbewusst unschuldig einfach so dahinleben, ohne sich Gedanken über alle diese Zusammenhänge zu machen. Durch die Informationen, die ihm zur Verfügung stehen, erfährt er, wie es mit der Ausbeutung der Natur steht. Dann sollte er über die Gründe nachdenken. Da hat Lothar sicherlich recht damit, dass diese aus Gier, Hass und Unwissenheit bestehen. Sich diese Ursachen bewusst zu machen, bringt die Menschheit voran. Bleiben sie unentdeckt, freveln sie weiter an der Natur und letztendlich an der Gesundheit des Menschen.

 eiskimo meinte dazu am 17.10.24 um 11:53:
Da kann ich Dir nur zustimmen.

 Augustus meinte dazu am 17.10.24 um 13:16:
Ich möchte einwenden, dass dem Menschen kein „Informationsnavigationssystem“ zur Verfügung steht wie beim Auto, wenn er ein Ziel anfahren soll, dass ihm den exakten Weg zeigt. Hier ist der Einzelne auf sich selbst angewiesen aus allen Informationen, die der Wahrheit am näherstehen kommen, zu finden. Er ist hier unterwegs wie in einem Dschungel. Quasi; er muss hier selbst Hand anlegen, wie früher die Reisenden viel Zeit mit der Landkarte verbracht haben, sie studiert haben, wenn sie in ein fremdes Land gereist sind. Welche Straßen fahren wir, durch welche Stadt, wo übernachten wir, welche Autobahnen nehmen wir… 

Exakte Recherchen machen heute ausschließlich Menschen, die dafür bezahlt werden oder sich einen sonstigen Vorteil erhoffen. 
Arbeitende Menschen, Arbeiter, Angestellte, Väter und Mütter, haben nicht die Zeit dazu gründlich zu recherchieren und sich eine eigene fundierte Meinung zu bilden. 

Hast Du gewusst, dass die weltweite Herstellung von Zement genauso viel co2 verursachst wie alle Autos und Flugzeuge zusammen? In der Öffentlichkeit werden aber nur die Autos in der Regel als co2 Verursacher gebrandmarkt, weil man zu den Elektroautos hin will. An der zementjerstellung kann man wenig ändern und ist doch für viele Bereiche notwendig, sodass man dies nicht anspricht. 

Die Klimakleber kleben dann auf den Straßen, statt Firmen, die Zement herstellen zu boykottieren. Sie wissen es nicht, weil man ihnen nur einen Teil, aber nicht die ganze Wahrheit mitteilt; und sie wissen es nicht, weil es oftmals Zufall ist, dass einzelne Personen am entscheidende Informationen gelangen. 

Viele glauben einfach autoritären Stellen, die sie nicht in frage stellen; das ist die Wahrheit und übel dieser Zeit.

Antwort geändert am 17.10.2024 um 13:18 Uhr

Antwort geändert am 17.10.2024 um 13:21 Uhr
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