Im Nähkästchen meiner Großtante befanden sich noch die ersten Liebesbriefe von ihrem Mann, mit dem sie bis zum Schluß zusammen war. Ich weiß das, denn er las sie unter Tränen vor ihrem Sarg vor.
Damals stand ich zwischen all den Trauernden und weinte bitterlich, das fand ich so schön.
Ja, das Geschriebene bleibt uns, auch, wenn längst alles vorbei ist.
Ich kann sein Geschriebenes nicht mehr lesen, hebe es aber auf wie einen Schatz. Das Handy ist mein Nähkästchen. Vielleicht würde ich dann beim Durchlesen sehen, dass viel mehr von mir kam, dass nur zweimal gefragt wurde wie es mir geht, kein einziges Mal, was ich so mache. Ich brauche nicht nachsehen, ich kann fast jede Nachricht auswendig, kenne den Verlauf. Aber ich würde meine Veränderung sehen, würde ich genauer hinsehen, irgendwann kippte ich voll hinein, verlor mich in meinem eigenen Gefühl. Dann saß ich da und das Vermissen wurde unerträglich, somit auch die Ausreden, das Sichverpassen, wieder die Ausreden, das Aufschieben und dann explodierte ich, wollte das nicht mehr. Das war der Punkt, wo ich in die Selbstliebe ging - The point of no return.
Nein, ich brauche mir die Nachrichten nicht mehr ansehen, ich spüre sie, es tut weh, aber ich weiß jetzt, wo ich hingehöre, auf meinen Weg zurück. Wenn jemand daran glaubt, das tue ich, war er mein karmischer Seelenpartner, das endet immer tragisch mit Schmerz, aber führt zu dem, was der Zweck so einer Verbindung war, nämlich zum eigenen Selbst finden durch Reflexion. Dabei heißt es, Themen aufzuarbeiten, die längst aufgearbeitet gehören, dies um frei zu sein.
Die Liebe aus dem Nähkästchen geplaudert, die war echt, rein und endete nicht einmal mit dem Tod, erst mit seinem, zwei Jahre später.