Kaffeeersatz, Heißgetränk und Strohgrütze kauften wir bei der alten Kolonialwarenhändlerin, die nahm noch Reichsmark, obgleich sie nichts mehr wert war, auch Aromen - Zimt- und Speck-, Kakao- und Himbeeraroma kauften wir bei Frau Büttenbinder, die pferdegesichtig und schlottrig war und die Halsfalten mit einem Samtband bändigte, und manchmal hatte sie unter dem Ladentisch ein Stück beinharter Dauerwurst, dann fühlten wir uns wie Räuber nach einem lohnenden Überfall, traten mit der Beute in der Tasche aus dem schummrigen Laden, in dem es nach Terpentin und Kunsthonig roch, auf die von Regen glänzende Hansestraße, an der das Gericht lag mit seinem gestuften Giebel und dem gekrönten Preußenadler, der zugemalt werden musste, und unter der Straße gab es Höhlen, Löcher, alles war brüchig, und als die Briten ihre Siegesparade hielten, brach ein Pferd ein und stak mit dem Hinterleib in dem Loch, und die Augen quollen und rollten, und ein Kran wurde geholt, aber es half alles nichts, einer holte das Ding aus der dreieckigen schwarzen Gürteltasche, es knallte, das Ross sackte in sich zusammen, und die Parade ging weiter, eine schnarrende Kapelle marschierte auf, die schrie und jubelte mit einer schrecklichen, unerschütterlichen Stimme, die nicht luftholen musste, und bärtige Kriegsweiber in karierten Röcken drückten auf braune Säcke, und es sirrte und näselte, und Frau van Genees nahm mich auf den Arm, damit ich besser sehen konnte, wir standen am offenen Fenster des Sitzungssaals, ich war verwirrt, bärtige Frauen, und als ich Frau van Genees fragte, lachte sie nur und drückte mich an sich und tanzte mit mir durch den Saal, es roch nach Spucknäpfen, Bodenöl und alter Kernseife, in Frau van Genees´ Bluse war eine Ritze, ich fasste in die Ritze und fragte sie, ob sie da ihren Po habe, und sie lachte noch verrückter und tanzte mit mir ans Fenster zurück, aber inzwischen war es geschlossen, das blasige Glas war grün, und die Panzer waren grün, die vorbeifuhren mit Mündungsschonern auf den Rohren, und die Soldaten, die Menschen, die Pferde, die Kriegsweiber, alles war grün, und das tote Pferd wurde von dem Kran auf einen Pritschenwagen gehoben und abgefahren, es gab Pferdefleisch auf dem Schwarzmarkt, und Vilma zog mit dem Rucksack los, in den sie eine Perserbrücke gerollt hatte, um auf dem Lande zu hamstern, manchmal nahm sie mich mit, die Bauern ließen sich zu nichts herbei, bei ihnen lagen die Perser schon dreifach, wir konnten uns freuen, wenn wir ein paar runzlige Kartoffeln kriegten, abends wartete ich im Bett auf den Zapfenstreich, den Rollis Onkel blies, weil so viel Sehnsucht darin war, so ein Glanz über allen Hunger, alles Hamstern, über schwabbelnde Schweine, zusammensackende Pferde und rosige Würste in dumpfen Ställen hinweg.