knock

Erzählung

von  minze


Es gehen so viele Dinge ineinander, ich bin verwirrt auf die Frage Wie geht es dir? Wenn ich's von oben schaue, verändern wir uns. Es steckt soviel Arbeit darin, dass ich das Gefühl habe, wir schieben an einem festgebautem Grund oder wir ziehen einzelne Haare, Fasern, aus einem riesigen Tier, wenn wir schieben, so setzen wir alle Kraft ein, wir drücken und merken es an unserem Rücken, vielmehr ich spüre es – die Erschöpfung nach langem, zähen Ziehen. Und ich merke, wenn ich pausiere, wenn ich stehen bleibe, dass sich Dinge bewegt haben, von denen ich dachte, dass sie sich nicht verändern werden. Ich denke an Dinge, die ich uns beiden nicht zugetraut hätte, weil wir sind, wie wir sind, weil wir sind, wie ich uns einschätze, zu sein, ausgesetzt.

Wenn wir freier in einer Sache werden, wenn sie sich verändert, entsteht eine Unsicherheit, die Zeit, die es braucht, wieder neu zu bewerten, schwimme ich und ich wollte in Ruhe schwimmen, in einem See, der nur mir gehört, wie an einem kühlen Sommerabend, ein bisschen sehe ich die Pollen, die sich am Rand sammeln, wo die Bäume sie abgeben ans Nass, mittendrin ist nur dunkles Grün, kühles Wasser und ruhige Gedanken. Und sobald ich das Ufer verlassen habe, komme ich in den Rhythmus aus meinem Schwimmen und dem Gleitenlassen des Sees.


Bin ich außerhalb des Sees, weil ich nicht hinkomme zum See, ganz drin im Leben, immer da und dann mit einem Mal ausgeknockt, kurz bewusstlos, rufen die Kinder lauter, fällt die Küche auseinander. Yann schaut traurig wie ein verlassener Hund, zwischen enttäuscht und hilflos, er wedelt mit dem Schwanz. Er legt ihn ab und wartet.





Wir fahren zurück aus der Schweiz, als ich daran denke, wie wenig wir uns sagen können. Als ich überlege, wem ich etwas schreiben kann, fragt er mich, woran ich denke. Ich würde es vielleicht aussprechen, bin aber in einer anderen Lage, seit er Dalia geküsst hat. Ich gebe die Frage an ihn zurück und wir fangen ein Gespräch an. Wenn wir darüber reden, was mit den Kindern anstrengend ist, gleichen wir uns einander an. Er liest seinen ersten Erziehungsratgeber und sagt, dass das Buch ihn an mancher Stelle fertig mache, er gibt ein wenig Auskunft, es bewegt sich etwas, ich schwanke zwischen Unfassbarkeit, wie wenig sich bewegt und dem Staunen, dass immer Bewegung möglich ist. Irgendwo da treffen wir uns.




Als wir bei Marie-Christine und Antoine sind, bin ich es, die kaum erträgt, wie Joscha am Essen motzt, wie er motzt, als wir durch den Zoo gehen, wie er nach dem Eis das Tretboot einfordert, nach dem Tretboot wieder Hunger hat, ich will es nicht mehr hören, ihn, ich will immer und immer wieder sagen, dass es so nicht geht. Yann geht mit Antoine und spricht mit ihm über Fußball, über ihre Musik, er schlendert und nimmt Joscha und mich kaum wahr. Ich sehe ihn plaudern, vollkommen ohne das Lauern, ohne auf das das war zu viel warten. Ich gehe alleine in den Überdruss, laut, alleine laut. Da ist eine Kraft, auch wenn ich hässlich werde. Wie Yann draußen ist. Er lässt mich wütend sein, geht dann voraus, nimmt Joschas Hand.



Wenn ich ihn auf Dalia anspreche, will er, dass ich sie da lasse, wo sie sei. Nicht hier. Nur an dem einen Abend. Etwas ist gut, er ist mir auf einmal nicht mehr sicher, er hat sie geküsst. Am Folgeabend seines Seitengangs sage ich ihm, dass er woanders schlafen soll und will es gleich rückgängig machen.

Als ich im Bett liege, vermisse ich ihn, bin geteilt, hab Risse, will merken, was anders ist.


Ich habe ihn das gefragt, was ich selbst verstecke. Über Dalia, die er kaum kennt und fühle mich gemein. Dahin mischt sich die Aufregung, wie es ist, für ihn, eine andere zu küssen und die Frage, warum ich es nie gemacht habe. Und es zerrt an mir die Anspannung, die uns fliehen lässt und wie wichtig die Aufgabe ist, zusammen zu halten. Wie sehr das Halten und das Schieben drückt.


Wie ein Schmetterling ist der Kuss aus seiner Samstagnacht. Wenn ich alles anhalten kann, so will ich jetzt auch küssen, ihn küssen, ich überlege, ob ich hinunter gehe ins Büro, wo er schläft, mitten in der Nacht, als ich aufwache und geil werde. Er hat gesagt, dass wir lang nicht miteinander geschlafen haben, das sei aber nicht der Punkt. Ich halte lange die Lust aus und bleibe mit ihr liegen, bewege mich nicht dazu.

Bis ich seit langem wieder ihn fantasiere und mich anfasse. Zweimal, und ganz ruhig werde, weil ich alleine geblieben bin in dieser Nacht. Alles, was in den kommenden Tagen kommt, wird wachsen, ich werde wieder an ihn denken und etwas von ihm wollen, wissen, dass wir verletzlich sind.




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Kommentare zu diesem Text


 Jedermann (11.06.25, 09:43)
Eine interessante aossoziative bildhafte Beschreibung!

 minze meinte dazu am 11.06.25 um 15:24:
Vielen Dank. Ich hoffe, man kann den Assoziationen, die so herausgegriffen und ggf wild ineinander gehend von der Protagonistin und verschiedenen Themen erzählen.. auch folgen.  (:

Antwort geändert am 11.06.2025 um 15:25 Uhr
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