Literarische Rätsel. Der Held trägt Farbe
Ansprache zum Thema Bildung/ Wissen
von EkkehartMittelberg
Kommentare zu diesem Text
Lieber Ekki,
kaum zu glauben: Selbst vor der Gründung des Bündnis 90/Die Grünen gab es mancherorts eine Vorliebe für diese verheißungsvolle Farbe.
Selbst in dunkelsten Keller-Löchern!
Lächelnde Grüße
Piccola
kaum zu glauben: Selbst vor der Gründung des Bündnis 90/Die Grünen gab es mancherorts eine Vorliebe für diese verheißungsvolle Farbe.
Selbst in dunkelsten Keller-Löchern!
Lächelnde Grüße
Piccola
Merci, Piccola,
ob heute in unserer Wohlstandsgesellschaft noch welche diese Kellerlöcher kennen?
Liebe Grüße
Ekki
ob heute in unserer Wohlstandsgesellschaft noch welche diese Kellerlöcher kennen?
Liebe Grüße
Ekki
Hallo Ekki,
M. schildert schonungslos die Zweifel, das Scheitern und die Suche nach Identität, ohne zu moralisieren oder zu beschönigen. Gerade das macht "A. R." zu einem so modernen und lesenswerten Bildungsroman.
Herzliche Grüße
Sigi
M. schildert schonungslos die Zweifel, das Scheitern und die Suche nach Identität, ohne zu moralisieren oder zu beschönigen. Gerade das macht "A. R." zu einem so modernen und lesenswerten Bildungsroman.
Herzliche Grüße
Sigi
Grazie Sigi,
du hast dich zwar geirrt, aber dein Irrtum korrigiert mich mit meiner Festlegung auf nur drei bedeutende Bildungsromane. Ich hätte den von dir gemeinten "Anton Reiser" von Karl Philipp Moritz miteinbeziehen müssen, dessen Protagonist in anrührender Weise verloren erscheint.
Der hier gesuchte Protagonist wird nach der Farbe seiner Kleidung benannt.
Herzliche Grüße
Ekki
du hast dich zwar geirrt, aber dein Irrtum korrigiert mich mit meiner Festlegung auf nur drei bedeutende Bildungsromane. Ich hätte den von dir gemeinten "Anton Reiser" von Karl Philipp Moritz miteinbeziehen müssen, dessen Protagonist in anrührender Weise verloren erscheint.
Der hier gesuchte Protagonist wird nach der Farbe seiner Kleidung benannt.
Herzliche Grüße
Ekki
Ich tippe auf G.H., nicht - wie Saira - auf A.R.
Hoffentlich liege ich damit nicht falsch; aber der Hinweis auf zwei existierende Fassungen scheint mir doch recht eindeutig.
Zu den beiden anderen bedeutenden Bildungsromanen deutscher Sprache zählst Du vermutlich Adalbert Stifters "Nachsommer".
Wenn ich das langweiligste Buch, das ich jemals gelesen habe, nennen sollte, bräuchte ich nicht lange zu überlegen. Es passiert beinahe nichts, und die Figuren bleiben mir gleichgültig. Tue ich diesem Buch Unrecht?
Hoffentlich liege ich damit nicht falsch; aber der Hinweis auf zwei existierende Fassungen scheint mir doch recht eindeutig.
Zu den beiden anderen bedeutenden Bildungsromanen deutscher Sprache zählst Du vermutlich Adalbert Stifters "Nachsommer".
Wenn ich das langweiligste Buch, das ich jemals gelesen habe, nennen sollte, bräuchte ich nicht lange zu überlegen. Es passiert beinahe nichts, und die Figuren bleiben mir gleichgültig. Tue ich diesem Buch Unrecht?
Hallo Wolfgang,
Gtroffa hamma.
Es ist auch richtig, dass ich Stifters "Nachsommer" zu den bedeutendsten Bildungsromanen in deutscher Sprache zähle.
Ich habe bei Albrecht Schöne eine Seminararbeit über diesen Roman geschrieben. Er erschien zunächst allen Seminarteilnehmern langweilig. Aber am Schluss stimmten sie Stifter zu, der in einer Auseinandersetzung mit Hebbel Bildung mit dem langsamen Reifen eines Kornfeldes vergleicht. Als die Intention des Romans deutlich wurde, sah man die Herausforderung der Geduld der LeserInnen mit anderen Augen. Wir öffneten uns mit Stifter für die liebevolle Schilderung von Details.
Gtroffa hamma.
Es ist auch richtig, dass ich Stifters "Nachsommer" zu den bedeutendsten Bildungsromanen in deutscher Sprache zähle.
Ich habe bei Albrecht Schöne eine Seminararbeit über diesen Roman geschrieben. Er erschien zunächst allen Seminarteilnehmern langweilig. Aber am Schluss stimmten sie Stifter zu, der in einer Auseinandersetzung mit Hebbel Bildung mit dem langsamen Reifen eines Kornfeldes vergleicht. Als die Intention des Romans deutlich wurde, sah man die Herausforderung der Geduld der LeserInnen mit anderen Augen. Wir öffneten uns mit Stifter für die liebevolle Schilderung von Details.
Danke.
Du hast bei Albrecht Schöne studiert, dem berühmten Germanisten, der jetzt gestorben ist?!
Du hast bei Albrecht Schöne studiert, dem berühmten Germanisten, der jetzt gestorben ist?!
Wäre dies nicht eine Anekdote wert?
Antwort geändert am 24.06.2025 um 17:00 Uhr
Ich ergreife die Gelegenheit, sie gleich zu erzählen. Albrecht Schöne las parallel zu dem Seminar über Stifters "Nachsommer" über die deutsche Aufklärung. Bekanntlich spielt in dieser Zeit Lessings Abhandlung über "Laokoon und die Grenzen der Malerei" eine große Rolle. Schöne fragte mich in einer Fleißprüfung, ob ich das Buch gelesen hätte, dessen Kernaussage ich kannte. Ich log, dass ja. Unerwartet fragte er mich, wie dick denn das Buch sei. Ich bezeichnete mit zwei Fingern einen größeren Abstand, den ich allmählich kleiner werden ließ. Er durchschaute meinen Schwindel sofort und fragte mich grinsend nach der Kernaussage, eine Frage, die ich beantworten konnte.
Am Schluss der Prüfung wollte ich von Professor Schöne wissen, ob ich die Prüfung bestanden hätte. Er nahm ebenfalls zwei Finger und bezeichnete einen größeren Abstand, den er allmählich verringerte. Er schloss die beiden Finger aber nicht, und ich wusste, dass ich seinen Anforderungen genügt hatte.
Am Schluss der Prüfung wollte ich von Professor Schöne wissen, ob ich die Prüfung bestanden hätte. Er nahm ebenfalls zwei Finger und bezeichnete einen größeren Abstand, den er allmählich verringerte. Er schloss die beiden Finger aber nicht, und ich wusste, dass ich seinen Anforderungen genügt hatte.
Schön! Ich hab's gleich einem Freund weitererzählt.
Tue ich diesem Buch Unrecht?
Ja. Nietzsche übrigens hielt es für einen der wenigen Romane deutscher Sprache, bei denen sich mehrmaliges Lesen lohnt.
Dann bewundere ich Deine Geduld. Daß Nietzsche es tatsächlich mehrmal gelesen hat, glaube ich eher nicht; der hat auch schonmal gerne einen flotten Spruch rausgehauen.
Möglicherweise ist das Lesen dieses Buches soetwas wie eine meditative Übung. Das könnte meine Abneigung erklären.
Wolfgang, Stifters Nachsommer ist im doppelten Sinne des Wortes ein Bildungsroman, weil er zum einen den Bildungsgang des Helden aufzeigt und zum anderen den Leser im Sinne des "Sanften Gesetzes" (Stifters literarisches Credo) zu einem verweilenden Lesen zu erziehen versucht.
Ob er es mehrmals gelesen hat, wissen wir nicht, dass er ausdrücklich zu den Werken zählt, die es wert sind, mehrmals zu lesen, hat er niedergeschrieben. Ich meinerseits finde es durchaus nachdenkenswert, dass der Roman gerade von Autoren, die sich ihren Namen nicht durch Konventionalität gemacht haben (Nietzsche, Krauss, Bernhard, Handke) gelobt wird.
Graeculus, vielleicht liegt es daran, dass du den Nachsommer mit einer Erwartungshaltung gelesen hast, die darin nicht befriedigt werden kann und es auch nicht soll. Die Katharsis ist (analog zu Ekkis Kommentar) nur erfahrbar, indem man den Weg des Helden tatsächlich geht. Aus meiner Sicht sind Stifters Beschreibungen im Vergleich zu etwa denen Thomas Manns nicht redundant.
Graeculus, vielleicht liegt es daran, dass du den Nachsommer mit einer Erwartungshaltung gelesen hast, die darin nicht befriedigt werden kann und es auch nicht soll. Die Katharsis ist (analog zu Ekkis Kommentar) nur erfahrbar, indem man den Weg des Helden tatsächlich geht. Aus meiner Sicht sind Stifters Beschreibungen im Vergleich zu etwa denen Thomas Manns nicht redundant.
Ekki, danke übrigens für die Hintergrundinformationen. Ich habe mich mit Stifters Credo (könnte man es pädagogische Ästhetik nennen?) nicht beschäftigt, lese nur den Roman und ich finde sanftes Gesetz überaus passend im Hinblick auf mein Leseerlebnis.
@Graeculus: Ich halte Stifter auch nur sehr schwer aus. Das ist österreichische Landschaftsmalerei (Stifter war auch Maler) und fast bin ich froh, das gefragte Werk nicht gelesen zu haben.
Daß es sich um eine Einführung in eine meditative Haltung handelt, leuchtet mir ein. Ist aber nichts für mich, bin zu unruhig dazu.
Daß es eine Art literarischer Landschaftsmalerei ist, leuchtet mir ebenfalls ein. Aber auch das halte ich nicht länger als zehn Minuten aus. Dann sehe ich nur noch das, was nicht zu sehen ist: Menschen, Handeln, Hoffen, Bangen, Scheitern.
Selbst drei Stunden lang Wladimir und Estragon um einen verkrüppelten Baum herumstehen sehen und dummes Zeug quatschen hören, ist spannender.
(Eine der seltenen Ausnahmen ist für mich Caspar David Friedrichs Gemälde "Die gescheiterte Hoffnung": riesige Eisberge und darin ein kleines, havariertes Schiff.)
Daß es eine Art literarischer Landschaftsmalerei ist, leuchtet mir ebenfalls ein. Aber auch das halte ich nicht länger als zehn Minuten aus. Dann sehe ich nur noch das, was nicht zu sehen ist: Menschen, Handeln, Hoffen, Bangen, Scheitern.
Selbst drei Stunden lang Wladimir und Estragon um einen verkrüppelten Baum herumstehen sehen und dummes Zeug quatschen hören, ist spannender.
(Eine der seltenen Ausnahmen ist für mich Caspar David Friedrichs Gemälde "Die gescheiterte Hoffnung": riesige Eisberge und darin ein kleines, havariertes Schiff.)
Je älter ich werde, desto bedachter darauf, dass mir nichts und niemand meine kostbare Lebenszeit stiehlt. Ich bin mit jedem Wort geistig bei dir. Ich sitze im Garten und lese Dostojewski. Endlich Zeit für das Schöne.
Genau das war für mich die Stifter-Lektüre: 1. Was es so alles gibt! 2. Verschwendete Lebenszeit.
Einen Garten besitze ich nun nicht; aber sobald die Sonne den Balkon verlassen hat, sitze ich dort mit einem Eistee und lese - derzeit: "Jahrmarkt der Eitelkeit" von William M. Thackeray. Wunderbar ironisch und psychologisch einfühlsam.
Das 19. Jhdt: die Entdeckung der Psychologie in der Literatur. Darin berühren sich auch Thackeray und Dostjewskij, wobei letzterer seltener lächeln läßt.
Einen Garten besitze ich nun nicht; aber sobald die Sonne den Balkon verlassen hat, sitze ich dort mit einem Eistee und lese - derzeit: "Jahrmarkt der Eitelkeit" von William M. Thackeray. Wunderbar ironisch und psychologisch einfühlsam.
Das 19. Jhdt: die Entdeckung der Psychologie in der Literatur. Darin berühren sich auch Thackeray und Dostjewskij, wobei letzterer seltener lächeln läßt.
Nun, was verschwendete Lebenszeit kann offenbar individuell sehr verschieden sein. Ich genieße jede Sekunde meiner Stifter-Lektüre und ihres Erkenntnisreichtums.
Sowieso.
Dostojewski ist keine Sommerlektüre - falls es sowas gibt - aber ich habe nur im Sommer Zeit, das nütze ich aus.
Dostojewski ist keine Sommerlektüre - falls es sowas gibt - aber ich habe nur im Sommer Zeit, das nütze ich aus.
Antwort geändert am 29.06.2025 um 14:41 Uhr
Hallo Ekki,
er malte sich einst selbst wohl mit zehn Jahren (siehe Bild unten) und sein teils autobiographischer Romanprotagonist, Heinrich Lee, trägt den Spitznamen „Grüner Heinrich“, weil seine Kinderkleidung aus den grünen Uniformen seines früh verstorbenen Vaters geschneidert wurde.
LH
Henning

https://de.wikipedia.org/wiki/Gottfried_Keller#/media/Datei:Gottfried_Keller_Kinderzeichnung.jpg
er malte sich einst selbst wohl mit zehn Jahren (siehe Bild unten) und sein teils autobiographischer Romanprotagonist, Heinrich Lee, trägt den Spitznamen „Grüner Heinrich“, weil seine Kinderkleidung aus den grünen Uniformen seines früh verstorbenen Vaters geschneidert wurde.
LH
Henning
https://de.wikipedia.org/wiki/Gottfried_Keller#/media/Datei:Gottfried_Keller_Kinderzeichnung.jpg
Merci, Henning, dafür, dass du jetzt den Grund für die Wahl des Titels von Kellers Roman aufgeklärt hast..
LG
Ekki
LG
Ekki