Otto und Anna

Text

von  Saudade

Otto wirft Anna vor, dass sie nicht seiner Meinung ist und Anna wirft Otto vor, nicht ihrer Meinung zu sein, aber keiner von beiden denkt über die Meinung des Anderen nach, sondern vertritt nur die eigene, was im Grunde keine Diskussion ist, sondern es sind ständig nur Aussagen, wohl wahr, dass eigentlich keine Diskussion gewollt ist, sondern nur das Aussprechen von Gedanken, dies ins Leere, denn keiner von beiden will dem anderen Recht geben, somit ist es ein sinnbefreiter Dialog, nein, eigentlich nur zwei Monologe, was bedeutet, dass keiner den anderen Menschen ernst oder wahrnimmt.

Otto und Anna haben sich im Grunde nie etwas zu sagen, reden jedoch dauernd miteinander, doch keiner hört dem Anderen zu, somit reden sie nie miteinander, sondern nur aneinander vorbei. 

Der Vorwurf, niemals einer Meinung zu sein, das ist das Einzige, wo beide Recht haben, deshalb sagen sie es auch dauernd, es klingt nämlich schön, dass es doch etwas gibt, das sie vereint. 


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Kommentare zu diesem Text


 Jack (08.09.25, 03:32)
Otto Weininger und Anna Freud?

 Saudade meinte dazu am 08.09.25 um 04:42:
Das würde sich zeitlich nicht ausgehen. Außerdem schreibe ich definitiv niemals von diesem Menschen.

 AchterZwerg antwortete darauf am 08.09.25 um 08:20:
. :D :P

 Saudade schrieb daraufhin am 08.09.25 um 16:32:
;)

 dubdidu (08.09.25, 11:53)
Solche Situation m.E. auflösbar, wenn man einen Schritt zurückzuzugeht und sich anschaut, wie beide zu ihren jeweiligen Meinungen kommen. Eine Meinung setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die auf Grundannahmen bzw. Urteilen, die wiederum auf Fakten und Mythen und allem dazwischen, sinnlicher Wahrnehmung, bereits bearbeiteten Erfahrungen und Konsequenzen daraus (die allerdings nicht frei von Grundannahmen, auch überlieferten bzw. Vorurteilen)sind, sondern sich in einem Zusammenspiel gegründet haben) usw. Man kann also ein ganzes Netz von Wegen auf denen man gemeinsam zurückgehen kann, um herauszufinden, ob man sich an einem Punkt treffen kann. Die Bereitschaft zum Zurückgehen ist für mich die auschlaggebende. 

Wenn ich finde, dass die Meinung auf einer Annahme, einem Urteil beruht, das aus meiner Sicht nicht stimmig ist, ist es m.E. nicht konstruktiv und dazu müßig, eigentlich unmöglich, dies an der Oberfläche zu diskutieren, dann wäre es interessanter das zugrundeliegende Urteil zu diskutieren. Das allerdings braucht Zeit und Engagement. Wenn Anna und Otto ein Paar sind, haben sie die vielleicht.

 Saudade äußerte darauf am 08.09.25 um 16:32:
Ehrlich? Ich denke, eine Trennung wäre bei beiden das Beste.

 dubdidu ergänzte dazu am 08.09.25 um 17:20:
Kommt auf die Meinung an, um die es geht. Wenn es sich um eine Petitesse handelt, vielleicht nicht. Aber das weißt nur du als Autorin :) .

Meiner Erfahrung nach können Meinungsverschiedenheiten am besten ausgeräumt oder ausgehalten werden, wenn man sich nah steht. Aber die Einsicht, dass man seine Zeit miteinander verschwendet, ist auch eine Lösung.

 Graeculus meinte dazu am 08.09.25 um 17:38:
Meiner Erfahrung nach können Meinungsverschiedenheiten am besten ausgeräumt oder ausgehalten werden, wenn man sich nah steht.

Was man alles tun kann, wenn man sich nahesteht, gerade wenn man sich nahesteht, das haben Liz Taylor und Richard Burton eindrucksvoll vorgeführt: in "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" ebenso wie in ihrem realen Eheleben.
Saudade hat hier nur eine noch relativ zivile Variante vorgeführt: die der Fremdheit, nicht die der Haßliebe.
Wer könnte uns besser, tiefer verletzen als der, der uns nahesteht und intim kennt?
Da ist man mit Fremdheit noch gnädig bedient.

Irgendwo soll Cicero einmal gesagt haben (gefunden habe ich die Stelle nie): "Mein Freund, von zehn Ehen wird eine glücklich; das ist eines der Geheimnisse, die jeder kennt, aber niemand ausspricht."
Die Scheidungszahlen sprechen eigentlich dafür, vor allem dann noch der Umstand, daß bei weitem nicht jede unglückliche Ehe geschieden wird.

 Saudade meinte dazu am 08.09.25 um 17:47:
So, ich plaudere jetzt einmal aus dem Nähkästchen: Obwohl dieser Text fiktiv sein sollte, schlussendlich bin ich beziehungstechnisch weit weg, obwohl dies in jeder Zwischenmenschlichkeit geschieht, do war ich 16 Jahre mit einem doch sehr netten Mann zusammen, jedoch, wenn einer A sagte, sagte der andere immer B. Und A war kein Thema und B auch nicht und so einigten wir uns zumeist auf C, aber, ihr wisst ja, Kompromisslösungen sind zumeist unzufriedenstellend. Wenn zwei Menschen überhaupt nicht zusammenpassen, in keinem Thema, vielleicht nur den Humor teilen, dann vergeudet man die gegenseitige Lebenszeit. 
Graeculus, das von dir gebrachte Beispiel ist zu überdenken. Was wäre denn gewesen, hätten beide sich nüchtern erlebt? Wir werden es nie erfahren. Aber, mir scheint, es war eher eine Obsession als Liebe.
Was ich grundsätzlich sagen will: Ich glaube, dass Ovid nicht recht hatte, Liebe besiegt nicht alles. Leider.
P.S. Dass sich beide nicht verändern werden, zeigt ja schon die Namenswahl. Wie man es dreht, sie bleiben gleich.

Antwort geändert am 08.09.2025 um 17:49 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 08.09.25 um 17:58:
Oja, beides sind Palindrome; das war mir nicht aufgefallen, das ist pfiffig ausgedacht.

 Saudade meinte dazu am 08.09.25 um 17:59:
Haha, manchmal bin auch ich pfiffig. :D

 Graeculus meinte dazu am 08.09.25 um 18:03:
Liebe muß also nicht nur auf Verständnis beruhen, sondern auch in harmonischer Weise Veränderung, Entwicklung zulassen.
Nicht so:
- Er hofft, daß sie sich nicht verändert - aber sie verändert sich.
- Sie hofft, daß er sich verändert - aber er verändert sich nicht.

 Saudade meinte dazu am 08.09.25 um 18:06:
Ich denke, Anna und Otto ändern sich nie, das sind notorische Rechthaber. Gibt es auch. Die sollten am besten alleine bleiben.

 Graeculus meinte dazu am 08.09.25 um 18:09:
Rechthaber ändern sich selten. Die haben schlechte Karten in einer Partnerschaft. Und dann auch noch beide!

 Graeculus meinte dazu am 08.09.25 um 18:16:
Der Schlußsatz ist übrigens schön! Die minimale Einigkeit.

A.: "Immer widersprichst du mir!"
O.: "Ja."

 Saudade meinte dazu am 08.09.25 um 18:22:
Danke, aber zu denken, das reicht, ist recht naiv.

 Graeculus meinte dazu am 08.09.25 um 18:31:
Nein, reicht nicht, kann aber die Grundlage einer friedlichen Trennung sein.

 dubdidu meinte dazu am 08.09.25 um 18:32:
Graeculus, dass das Beziehungsthema dich umtreibt, hast du ja schon öfter zum Ausdruck gebracht. Natürlich scheitern Beziehungen, allerdings nicht notwendigerweise an Meinungsverschiedenheiten, Anlässe für Konflikte können auch auf vielen anderen Ebenen liegen. Dass es Beziehungsleute gibt, die sich zerfleischen, ist bekannt, spricht aber nicht dagegen, dass es andere gibt, die Konflikte lösen und dass es dies mitunter viel Geduld erfordern kann. 

Saudade, ja, was du zu diesen Hollywood-Leuten schreibst, ergibt Sinn. Allerdings können Kompromisslösungen meiner Erfahrung nach durchaus zufriedenstellend sein, insofern es sich um einen echten Kompromiss handelt und nicht einer oder beide ihre ausgesprochenen Wünsche nicht vorsorglich an das anpassen, was ihnen dem Partner gegenüber als zumutbar/machbar erscheint.

Die Erwartung/Hoffnung der andere möge sich ändern, ist zwar nachvollziehbar, aber naja, ich möchte in so einer Beziehung weder der eine noch der andere sein. Ich frage mich eher, was kann ich ändern, um zu einem harmonischen Miteinander beizutragen (nicht mich!) bzw. um mit etwas besser klarzukommen, das mir zunächst Schwierigkeiten bereitet. Manchmal klappt das, auch nachhaltig, manchmal nicht.

Naja, ist ein weites Feld. Ich hatte den Text gar nicht so auf Liebesbeziehungen bezogen gelesen, sondern allgemein auf Meinungsverschiedenen zwischen Menschen.

 Saudade meinte dazu am 08.09.25 um 18:51:
Nun ja, eine Zwischenmenschlichkeit ist schließlich auch ein Miteinander, das kann man durchaus auf jedes Miteinander ausweiten. Wenn zwei Menschen nicht miteinander können, dann geht es eben nicht. 
Verstehe ich dich richtig, dass du denkst, dass es das nicht wirklich gibt, dass Menschen sich nicht ändern möchten? Oh, glaube mir, ja. Aber, vielleicht habe ich dich auch falsch verstanden. Das Problem ist ja, um sich ändern zu wollen, müsste man ja auch checken, dass man sich ändern könnte. Nicht? Manche checken es eben nicht.
Wenn ich da an meinen Großvater denke, ich liebte ihn heiß, aber der hat tagein, tagaus dasselbe gemacht und wehe (!) das Essen war nicht um 11:30, sondern um 11:32 am Tisch, da wackelte er schon nervös mit dem Oberkörper. Auch so ein Beispiel. Manche können eben nicht aus ihrer Haut heraus. 
Und, manche ändern ihre Meinung auch nicht aus Angst und gegen Angst kann man nicht anständig argumentieren.

 dubdidu meinte dazu am 08.09.25 um 20:27:
Verstehe ich dich richtig, dass du denkst, dass es das nicht wirklich gibt, dass Menschen sich nicht ändern möchten?
Danke, dass du nachfragst! Nein, ich meine, dass es zum Scheitern verdammt ist, Änderungsansprüche an andere zu stellen. Ich habe versucht, einen Unterschied einzuführen, zwischen


- sich (also seine Persönlichkeit) zu ändern und 
- den Umgang mit Situationen, die einen herausfordern, zu ändern. Probeweise, im Einklang mit sich selbst, schauen, was rauskommt.

Letzteres nicht für eine andere Person, sondern für sich. Um ggfs. besser klarzukommen, statt der anderen Person abzuverlangen, sich zu ändern, damit man besser klarkommt. Mit anderen Worten: Verantwortung für sein eigenes Wohlergehen übernehmen.


Auf keinen Fall denke ich, dass man sich für eine andere Person ändern sollte. Für mich geht es in Beziehungen schon darum, sich gegenseitig so anzunehmen, wie man ist. Ein Aneinander-Rumgezerre finde ich fürchterlich.


Manche können eben nicht aus ihrer Haut heraus. 
Und, manche ändern ihre Meinung auch nicht aus Angst und gegen Angst kann man nicht anständig argumentieren.
Klar. Ich glaube es gibt niemanden, der in allen Situationen aus seiner Haut kann und das ist ja auch gar nicht wünschenswert. Ich erinnere mich an viele Situationen, in denen ich sehr gerne aus meiner Haut gekonnt hätte, aber es nicht möglich war, auch an solche, in denen ich gar nicht gemerkt habe, dass ich nicht aus meiner Haut kann. Aber: ich habe es auch schon erlebt, dass zwei Menschen nicht aus ihrer Haut können und sich in dieser Verzagtheit mit Mitgefühl begegnen und das war schön. Ich glaube auch nicht, dass man seine Meinung notwendigerweise ändern muss; ich habe ein paar Meinungen im Laufe meines Lebens modifiert, nicht weil jmd. es von mir verlangt hat, sondern weil es sich aus Erfahrungen ergeben hat, ich ein neues Detail gelernt habe usw., aber auf bestimmten Prinzipien bestehe ich und wie sollte ich es da anderen nicht zugestehen? 


Die Frage für mich ist also: wie gehe ich damit um, was habe da für Möglichkeiten. Und dahin gehört auch das Eingeständnis, an seine eigenen Grenzen zu stoßen.

 Saudade meinte dazu am 08.09.25 um 21:00:
dass es zum Scheitern verdammt ist, Änderungsansprüche an andere zu stellen. I
Das stimmt. Das ist in Wahrheit eine versteckte Kritik, die eine Kränkung auslöst und Abwehrmechanismen in Gang setzt. Ich habe das auch schon lange aufgegeben. Im Grunde ist es eine Zumutung.

 tueichler (08.09.25, 22:29)
Ist schon bissel bös, der Text. Allerdings kenne ich auch Fälle, die, von außen betrachtet, genau das Bild ergeben, welches Du beschreibst, jedoch ohne den vermeintlichen Widerspruch gegen die eigene Meinung nicht leben könnten. So ist mir ein paar bekannt, da hatte man den permanenten Eindruck eines Dauerstreits. War aber mal einer nicht da, weil im Krankenhaus oder verreist, hiess es sofort, dass der andere fehlt. Manche Menschen können vielleicht nur im Konflikt leben und so kann es vorkommen, das keiner der beiden je des anderen Meinung gut heissen würde. Mir wäre das zu kompliziert in einer Beziehung, mir war das schon als Außenstehendem zu kompliziert. 😎

 Saudade meinte dazu am 08.09.25 um 22:40:
Es geht im Text nicht um Konflikte, sondern um Meinungen. Ja, die führen auch dorthin.

 dubdidu meinte dazu am 08.09.25 um 22:40:
Stimmt. Vermute, das kommt gar nicht so selten vor..

 Saudade meinte dazu am 08.09.25 um 22:41:
Wohl wahr.

 tueichler meinte dazu am 08.09.25 um 22:43:
Saudade: Klar geht es um Meinungen. Ist es aber nicht ein Konflikt, wenn der/die andere niemals der gleichen Meinung ist oder es keine Annäherung beider Meinungen gibt?
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