Vom Wolf der auszog um lieb zu werden (Für Isaban)

Märchen zum Thema Allzu Menschliches

von  GillSans

Der Wolf dachte über sein Leben nach. Er saß unter einer alten Eiche und sah dem Vollmond beim scheinen zu.
„Ich bin ziemlich gemein gewesen,“ flüsterte er in den Nachtwind, „das mit Rotkäppchen war ja schon schlimm genug,“ er kratzte sich am Fell und verdrehte seine blitzenden Augen, „aber die sechs kleinen Geißlein zu fressen, war wohl das Schlimmste, das ich jemals machen konnte. Ist doch kein Wunder, dass ich keine Freunde habe. So böse wie ich war! Ich werde mich ändern. Sanftmütig, liebevoll und treu ergeben. Ja, genau. Gleich morgen werde ich ein lieber Wolf!“ Der Mond nickte dem Wolf zu und der Nachtwind heulte durch die Äste der alten Eiche.

Der Wolf seufzte sich ein Lächeln auf die Schnauze, drehte dem Mond und der Eiche den Rücken zu und verschwand entschlossen in seinem Bau.

Gleich am frühen Morgen, der Tau hing noch im Moos, machte er sich auf. Der Wolf hatte sogar vor dem Aufstehen seine Zähne mit Pfefferminzblätter geputzt und das borstige Fell mit einem Reisigbesen gebürstet! (Er sah verdammt gut aus!)

Im Märchenland konnte er nicht bleiben, da war sein Ruf bis auf Weiteres ruiniert. Also machte er sich auf ins Menschenland, denn er hatte gehört, man glaube dort an keine Märchen mehr. Der Wolf schließ daraus: „Wer an keine Märchen glaubt, der kennt mich nicht und weiß nicht wie böse ich einmal war!“

Es vergingen ungefähr zwei Monde, bis der Wolf die Grenze des Märchenlandes überschritt und endlich ins Menschland kam. Sein Magen grummelte, sein Fell war durchnässt, denn es hatte auf seiner Reise oft geregnet. Aber der Wolf war guter Dinge. Er wollte nur noch Gutes tun.

Als erstes entdeckte er einen Bauernhof, der sich in einem verschlafenen Kuhnest befand. Hennen rannten umher und gackerten. (Wolfs Magen knurrte!)
„Ach, so ein leckeres Hühnchen, das wäre jetzt......!“ der Wolf schüttelte seine sündigen Gedanken aus dem Fell und sah sich weiter um.
Die Bäuerin hing gerade die Wäsche ab.

„Liebe Frau, darf ich ihnen helfen?“ (insgeheim dachte der Wolf an einen schönen Hefekuchen mit Rosinen gespickt, den er dann am Abend vorm Schlafen gehen in einem weichen Bett als Dank hierfür verspeisen durfte)

„Dreckstöle! Mach das du fort kommst!“ die Wäscheaufhängende Bauersfrau entpuppte sich als wild gewordene Furie, die offensichtlich keine Hunde mochte. Sie warf mit Steinen nach dem Wolf.
Dieser zog frustriert und mit leerem Magen weiter.

Bis er an ein Kornfeld kam. Dort sah er ein kleines Mädchen Mohnblumen pflücken.
„Die sieht aber schnuckelig aus. Noch viel schöner als Rotkäppchen. Viel zarter! (Sein Magen knurrte nicht mehr, er polterte)

Es ist sehr schwer, sein Leben zu ändern, wenn man doch solchen Hunger hat.

„Kann ich dir vielleicht beim Blumen pflücken helfen?“ versuchte es der Wolf erneut.

„Nö, bin schon fertig!“ und schwupps war das zarte Mädel verschwunden.

Der Wolf seufzte. Er hätte nicht gedacht, das es so schwer werden würde gut zu sein.
Aber er gab nicht auf. Schließlich war er ein Wolf!

Die Sonne war schon längst untergegangen, als der Wolf eine Stadt erreichte. Sein Magen war auch längst untergegangen!

Er lehnte unter einer Laterne. Vollkommen ausgehungert und blickte sehnsüchtig in die Nacht.

„Verschwinde hier, du Bastard. Das ist mein Gebiet!“ Eine Frau, blond, groß und bestiefelt, schuppste den armen Wolf einfach auf die Straße. Just in diesem Moment
überrollte ihn ein großer LKW  (mit Hundefutter beladen!)

So kam es, dass der Wolf in ein „Menschentierauffanglager“ sie nennen es „Tierheim“ landete.
Sein Magen knurrt seitdem nicht mehr. Aber sein Herz. Denn er wartet immer noch auf seine Chance.
Hatte er sich umsonst bemüht? Ich hoffe nicht!
Bitte gebt ihm eine Chance!

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Kommentare zu diesem Text

Nicola (80)
(29.03.07)
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 GillSans meinte dazu am 29.03.07:
Hehe, liebe Nicola, das freut mich ja, dass du die Wörter drin gelassen hast, mehr noch freut mich, dass Dir mein "kleines Märchen" gefallen hat.
Und ich komme natürlich mit, um den Wolf aus dem Tierheim zu befreien
Liebe Grüße, Ines

 Isaban (29.03.07)
Ach Gill, ist der süß! Der ist ja sooowas von niedlich! Nee, der muss sofort aus dem Tierheim befreit werden. Nicola, schließen wir uns zusammen, um das Wölfchen zu befreien?
Danke Gilly, ein herrliches Märchen! Hach! Danköööö!
Jede Menge Wölfchengrüße
Sabine
Nicola (80) antwortete darauf am 29.03.07:
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 GillSans schrieb daraufhin am 29.03.07:
Liebe Sabine, das war ja eigentlich Deine Idee, das Märchen mit dem Wolf...hihi, was wünschst Du Dir als nächstes?????? Neeeeee, ich freu mich sehr, dass dir mein Text gefallen hat. Ufffffffffffffffffffffffffffffff!
Ganz viel Wolfsgrüße zurück, die Gill

 Isaban äußerte darauf am 30.03.07:
Ich darf wieder aussuchen? *freu*
Hm... vielleicht eine Geschichte von einem Troll, der dem Osterhasen eine Falle stellt? Oder von der Langohrhäsin, die schon immer ein Ostergroupie war?

Märchensüchtelgrüße von Sabine

 kirchheimrunner (29.03.07)
zuerst dachte ich ein nettes Märchen! Dann dachte ich, mich im Wolf zu erkenen.

Dann aber erkannte ich mich in den Menschen, die der Wolf begegnete...

Ich find es toll, was du geschrieben hast...

l.G. Hans

 GillSans ergänzte dazu am 29.03.07:
Und ich finde Deinen Kommentar toll, denn mir ging es beim Schreiben ähnlich....und danke für den Klick, liebe Grüße, die Gill
shadowhunter (28)
(29.03.07)
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 GillSans meinte dazu am 29.03.07:
Ja so ist es meist: ist der ruf erstmal versaut......
danke für Deinen Kommentar und liebe Grüße an Dich, die Gill
abaer (73)
(31.03.07)
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 GillSans meinte dazu am 01.04.07:
Das hoffe ich auch, für den Wolf, liebe Grüße und noch nen schönen Sonntag wünscht Dir die Gill
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