Die Husche

Alltagsgedicht zum Thema Andere Welten

von  Isaban

Da ist die Husche mit der Karre aus Metall,
die vor den Läden immer all den Schnaps
in kleine  Säuglingsfläschchen füllt.
Die beiden Puppen in dem Wagen hat

sie warm in Mäntel und in Decken eingehüllt.
Eins hat sich mal verkühlt, sagt sie,
das darf nicht sein. Sie passt jetzt besser auf,
fühlt ihre Stirn, lässt sie nicht schrein und nie

allein. Die Sauger ihrer Fläschchen sind
schon grau und aufgequollen, wie die Frau.
Sie schaut zur Uhr hin, muss sich sputen, nickt:

Der Wind wird rau, auf Wiedersehen!
und schickt sich an, husch, aus dem Blick,
mit ihren stillen Kindern in den Park zu gehen.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Caterina (46)
(23.08.08)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Didi.Costaire (23.08.08)
Liebe Sabine,

bei deinem letzten herbstzeitlichen Stimmungsfang dachte ich mir, ich hätte es lieber in die Kanalisation oder so verlegt, anstatt zwischen Flora und Fauna.
Ach ja, der Herbst beginnt so früh in diesem Jahr. Ich mag gar nicht aus dem Fenster sehen.

Hier hast du ein herbstlich-melancholisches Thema gefunden und eine psychisch erkrankte, alkoholabhängige Frau mitfühlend und nüchtern zugleich auf ihren einsamen Wegen begleitet.
All der Schnaps ist männlich... schade eigentlich. Die hätte mir besser gefallen als der, denn allzu teuer hat sie sicherlich nicht eingekauft.

Die Reime sind versteckt im Versinneren, bis auf das Wiedersehen und gehen im Schlussterzett. Vieles bleibt ungereimt in einer Welt, die grau und rau bleibt. Das hast du gut dargestellt.

Liebe Grüße
Dirk
steyk. (55)
(23.08.08)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Caty (71)
(23.08.08)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Bergmann (23.08.08)
Alltag in nicht alltäglicher Verpackung. Nur der Titel gefällt mir nicht. Sonst schön formuliert.

 Erebus (23.08.08)
Hallo Sabine

Sonett hin oder her, das gefällt mir gut!
Ganz besonders der Einstiegsvers hat eine tolle Rhythmik, die den Leser gefangen nimmt.
Frag nicht warum, aber irgendwie erinnert mich Sprache und Sujet an Degenhardt - ja, ich weiß, konkret festmachen läßt es sich nicht, aber es ist diese bizarr-vertraute Stimmung, die mich auch bei jenem so sehr einnimmt.


LG
Uli

 ManMan (23.08.08)
Sehr gut, Sabine, wirklich hervorragend, und zwar mitsamt Titel. LG Manfred

 styraxx (23.08.08)
Niemand schaut hin, die Kinder sind still, kein Schmerz der laut hinaus geschrien wird, keine Träne, es nutzt sowieso nichts – traurig.
Unmittelbar aus dem Leben gegriffen, zeitgenössisch und in unsonette (Reimschema) und doch klassische Form gebracht. Mir gefällt das,dieses eigenartige aus dem Schema springende. Form und Inhalt korrespondieren und genau das ist es, was dieses „Unsonett“ ausmacht, was sich ja auch im Titel wiederspiegelt, den ich sehr treffend finde. Meine Empfehlung.

Liebe Grüsse c.

 tulpenrot (24.08.08)
Jetzt habe ich diese hier schon mehrmals gelesen - und nun weiß ich, wie es mir dabei geht: Einfaszinierter Grusel überläuft mich. Ich sehe sie vor mir, zwar schemenhaft grau, aber dennoch teilt sich mir ihr Desaster, ihre Hast, ihre Unruhe, ihre Flucht, hre Not und daraus ihre Notlügen mit. Das alles in so wenigen Worten und in eine Form gebracht, die ohne Umschweife auskommt. Ich finde es bewundernswert.
LG
Angelika
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram