Die Kekse der Kanzlerin

Erzählung zum Thema Traum/ Träume

von  Jorge

Die Kekse der Kanzlerin

Ich spazierte bei diesem herbstlichen Wetter gedankenverloren die geschichtsträchtige  Straße Unter den Linden entlang.
Kaum ein Blatt lag auf der Straße. Die BSR (Berliner Stadtreinigung) leistete wieder einmal  ganze Arbeit.
Zufällig bemerkte ich zwei Personen am Straßenrand, die zwischen zwei
schwarzen  Limousinen  standen und miteinander redeten. Als ich auf ihrer Höhe
war, wurde er leiser, sah ein wenig bedrückt aus und senkte den Kopf.
Sie sagte laut und entschlossen: "Gehen Sie schon mal rauf und denken Sie über
Ihre Rolle bei dieser Geschichte nach. Ich habe keine Lust, hier auf der Straße mit
Ihnen zu diskutieren.“
Die entschlossene Frau schien die Kanzlerin zu sein. Der Mann, der gerade zusammengestaucht wurde, sah aus wie Kauder.
Er ging ohne sich umzuschauen in einen großen Hauseingang  und lief  eine pompöse Marmortreppe  empor. Etwas drängte mich, diesem Mann zu folgen. Noch auf der Treppe sprach ich ihn an: „Entschuldigung, hätten Sie mal 5 Minuten für ein Gespräch?“  Ohne mich direkt zu beachten  sagte er leise: „Kommen Sie, die Zeit nehme ich mir.“
Er steuerte auf eine  moderne Sitzgruppe zu und lud mich mit einer Handbewegung
ein, Platz zu nehmen. Ich war über mich selbst erschrocken und überlegte
blitzschnell, was ich wohl mit diesem Mann zu besprechen hätte. Immer wieder werde ich Opfer meiner verrückten Launen. Als ich den Kopf hob und mich zunächst entschuldigen wollte, sah ich weder Kauder  noch einen ihm ähnlichen Mann.
Vor mir saß eine attraktive Frau Ende dreißig mit einem taillierten  lindgrünen
Kostüm. Ihr höflicher freundlicher Blick entwaffnete mich und machte mich
völlig sprachlos. Sie schien meine Verlegenheit  zu bemerken und lud mich ein,
von den Keksen zu nehmen, die in einer Weihnachtsschale auf dem Tisch standen.
„Die hat Angie gebacken“, bemerkte sie stolz. Ich nahm mit meiner größeren rechten Hand wie so oft  drei Spekulatius mit einem Mal.
Wo war ich hier?
Was suchte ich mit meinen Jeans in dieser offensichtlich feinen Umgebung?
Hatte man mit mir Besonderes vor?
Wie lange war ich eigentlich schon in Berlin?
Was ist eigentlich mit Kauder?
Während ich darüber nachdachte, krümelten die Spekulatius  wie Meeressand durch meine Finger direkt auf meine Bettdecke.

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Kommentare zu diesem Text


 IngeWrobel (26.11.09)
Na, Du träumst ja Sachen ........
Ich mag erzählte Träume - fremde und eigene.
Ui! da fällt mir eine ein, die könnte ich auf die Schnelle ....
so'ne ganz verrückte ... mal sehn, ob ich die finde ...
Grüßle!

 Jorge meinte dazu am 26.11.09:
Danke Inge für deinen schnellen und traumbezogenen Kommentar, liebe Grüße ,Jorge
chichi† (80)
(26.11.09)
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 Jorge antwortete darauf am 26.11.09:
Das kommt davon, weil ich in den letzten Tagen so oft an Berlin denken mußte.
Über die agierenden Personen war ich selbst erschrocken. Vielen Dank Gerda

 sensibelchen13 (26.11.09)
Ja, lieber Jorge, was einem das Unterbewußtsein so alles auftischt. Hab einen schönen Tag.
Gruß Helga

 Jorge schrieb daraufhin am 26.11.09:
Liebe Helga, vielen Dank für den Kommentar und die Empfehlung.
LG Jorge
LudwigJanssen (54)
(26.11.09)
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 Jorge äußerte darauf am 26.11.09:
Lieber Ludwig, lo gab mir auch dezente Hinweise, die ich gleich mit deinen Empfehlungen berücksichtigt habe. Ich hoffe, es ist jetzt etwas besser geworden. Vielen Dank und liebe Grüße, Jorge
LudwigJanssen (54) ergänzte dazu am 26.11.09:
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 AZU20 (26.11.09)
Hoffentlich war das das richtige Inventar für diesen Albtraum. LG

 Jorge meinte dazu am 26.11.09:
Hallo Armin, eigentlich war er doch harmlos der Traum. Dir danke ich wie immer herzlich. LG Jorge

 Didi.Costaire (26.11.09)
Angies Kekse zerrinnen wie Sand zwischen den Fingern... herrlich!
Ob die Jeans wohl auch erträumt waren?

Unkonventionell und witzig geschrieben, lieber Jorge!

LG, Dirk
(Kommentar korrigiert am 26.11.2009)

 Jorge meinte dazu am 26.11.09:
Hallo Dirk, das mit den Jeans ist die reale Komponente. Für die Konsistenz der Kekse sind andere zuständig. LG Jorge

 Dieter_Rotmund (26.11.09)
Ich muß ehrlich sagen, Jorge, bisher haben mir deine Texte nicht sehr gefallen, aber "Die Kekse der Kanzlerin" gefallen mir gut. Nur dieses "Die hat Angie gebacken" finde ich etwas arg bemüht, aber ansonsten: Chapeau! Das hat was von Wilhelm Genazino und eine gaaanz leichte Prise Thomas Bernhard, vor allem wegen der Hose, eine bei beiden vorkommende, herrliche Metapher...

 Jorge meinte dazu am 26.11.09:
Hallo Dieter (ich wähle mal die vertraute Form, obwohl wir nicht miteinander vertraut sind) Hier auf dem spanischen Pflaster sind mir die von dir genannten Autoren noch nicht begegnet. Ich werde sie aber nachher mal googlen. Daß dir dieser Text gefallen hat, ist ja für mich ein Durchbruch.
Recht herzlichen Dank für deine Worte und LG von Jorge

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 30.11.09:
Wie, "begegnet"?
Thomas Bernhard, der wichtigste österreichische Autor und Dramatiker ist auch in Spanien recht bekannt, ich selbst besitze eine spanische Ausgabe von "Holzfällen". Wilhelm Genazino ist nicht ganz so bekannt wie Bernhard, wohl weil er noch lebt, aber z.B. auch Büchner-Preis-Träger.

 loslosch (26.11.09)
Vorsicht mit den Traumberichten! In der Antike war das lebensgefährlich. Der Diener des Königs beichtete seinem hohen Herrn, er habe ihn im Traum gemeuchelt. Der König ließ ihn anschließend erhängen. Motto: Wer so was träumt, ist nahe daran, es zu tun. Lothar
(Kommentar korrigiert am 26.11.2009)

 Jorge meinte dazu am 26.11.09:
Hallo Lothar, danke für die Warnung vor gefährlichen Traumberichten.
Über deine behutsamen Korrekturempfehlungen im Privaten Kommentar habe ich mich sehr gefreut. LG Jorge
elvis1951 (59)
(26.11.09)
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 Jorge meinte dazu am 26.11.09:
Lieber Klaus, keine Befürchtung. Das mit den politischen Träumen legt sich.
Dein Gedanke vom Kauderwelsch ist da schon viel verfänglicher - aber gut.
LG Jorge
Max (43)
(26.11.09)
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 Jorge meinte dazu am 28.11.09:
Lieber Max: wenn du Lieblingstext brüllst - brüll ich zurück DANKE.
In Ermangelung deutscher Kekse schicke ich dir eine Schachtel Turron.
Laß es dir schmecken, Jorge

 loslosch (27.11.09)
Ich hab Dein Traumerlebnis mit der Nachrichtenlage gespiegelt und komme zu dem eindeutigen Ergebnis, dass Angie nicht Kauder, sondern Franz Josef Jung zusammengestaucht hat. (-_-)
Lothar

 Jorge meinte dazu am 28.11.09:
Lothar, ich hatte dir auf deine aktuelle Anmerkung schon geantwortet als tiefe Nacht in den heiligen Hallen von KeinVerlag war und nur der Computerreinigungsdienst seine Leute unterwegs hatte. "Kauder" war sebstverständlich nur eine gecoverte Figur in meinem Traum außerdem träumte ich ohne Brille und beachte meine Weitsicht mit der neuen Ministerin.
Mehr konnte ich für die neue Bundesregierung nicht tun.
Übrigens, ich schick dir ein paar Kekse,
LG Jorge

 loslosch meinte dazu am 28.11.09:
Boah! Ende 30, oder Anfang 30, das macht ja kaum einen Unterschied im Traum. Jetzt bin ich gespannt auf ihr lindgrünes Kostüm. :) Lo

 Dieter Wal (19.03.10)
Sehr poetisch und ein geiler Titel.

 Jorge meinte dazu am 19.03.10:
Vielen Dank für dein Lob und die Beachtung meines Textes, LG Jorge
Festil (59)
(06.01.16)
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 Jorge meinte dazu am 07.01.16:
Ich hatte meinen Text schon fast vergessen. Danke fürs Ausbuddeln und alles Gute für dieses Jahr 2016.
LG
Jorge
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