Ein Teil von mir (Ich bin Du)

Text zum Thema Abgrund

von  ZornDerFinsternis

Keller. Deine Haut ist ganz blass und zerschnitten. Es ist still hier unten, am Abgrund des Lebens. Kälte windet sich durch den kargen Raum, der nur voll von Leere ist. Staub. Spinnen und Dreck. Du bist einsam – ich kann dein Herz nicht mehr hören. Die Schreie brechen stumm aus dir, und hallen kreischend von den kalten Wänden zurück. Und es gibt kein Licht, hier unten. Kein Fenster. Du lebst schon lange hier. Hast nie das Tageslicht erblickt; die Wolken ziehen sehen; die Vögel lieblich singen hören. Hier gibt es nichts, außer dir und mir. Außer Angst und Schmerz. Du läufst im Kreis. So wie das Leben und die Erinnerung, sich immer rundherum im Kreise dreht. Dein Kopf hängt demütig herab. Tränen zieren dein Gesicht und die Einsamkeit verachtet dich mit Hohn und Spott. Das Leben spielt hier nicht. Du bist ausrangiert. Abgeschrieben. Für alle bereits verloren – aufgegeben. Und heute kam ich. In langem, schwarzen Gewand. Überwand die dicken Wände aus Beton, um dir ein blasses Licht zu zeigen. Das kaum strahlt. Und es beängstigt mich, dass deine Augen dennoch verbrennen. Habe die Sanduhren angehalten. Den Strom des Lebens durchquert und das Karussell von Bedeutungslosigkeit weiter angetrieben. Deinen Selbsthass weiter angefacht. Ich bin die grelle Stimme in deinem Kopf, die immer wieder ruft und schreit, dass du wertlos bist. Dass der Tod sich so sehr nach dir verzehrt. Dass er dich lieben wird, wie sein eigenes Kind, das niemals war. Aus den Sternen hab‘ ich mit eisigem Blick, jede Nacht deine Seele gequält. Mit Frohsinn in dein Herz tiefe Löcher gerissen, um darin zu Schlafen und den Hass in deine Träume gebettet. Und ich weiß, du dankst es mir. Ich weiß, dass du dich und dieses Leben verachtest und ich erfreue mich, an dem endlos währenden Schmerz, der deine Seele verbrannt und deine Augen mit salzigen Tränen, geflutet hat. Ich bin du. Und du scheinst, ein Teil von mir zu sein. Bedeutungslos und klein. Ohne Wert und Traum. Ein seelenloser Wanderer, im Eisgebirge. Ohne Kompass. Ohne Halt. Habe die Nordlichter und Sterne vom Firmament geschnitten. Dein Herz ausbluten lassen. Und du, du hast dich in mir verirrt. In der Dunkelheit. Im Schmerze deiner Existenz. Für mich bist du nicht, und warst niemals. Glaube mir, es wird dich niemand hier vermissen. Dein Lachen hat sich hinter den Mauern aus Beton, schon lange stranguliert. Und, wenn du erblühen willst, in neuem Glanz, reiche ich dir gerne das Messer. Das deine Zweifel in Blut ertränken wird. Ja, ich bitte dich, bring uns endlich um.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Liadane (11.12.09)
Mal wieder ein Meisterwerk, ist beeindruckend, wie deine Worte Bilder zeichnen. Ich mag es düster, doch der Schluss gefällt mir nicht so, ich hätte einen anderen gewählt. Zumindest den letzten Satz solltest du streichen, nicht nur aus dem Text!
Ich drücke dich,
alles Liebe, Liadane

 ZornDerFinsternis meinte dazu am 11.12.09:
Vielen, vielen Dank, Liebes :) Drücke dich ganz fest

 AZU20 (11.12.09)
Sicher wieder ein sehr konzentrierter Text, aber das Ende? LG

 ZornDerFinsternis antwortete darauf am 11.12.09:
Danke für deine Meinung, das Lesen und die lieben Grüße. Aber ich muss leider gemein sein, und sagen, auch wenn's Ende abrupt ist, ich finde es eig. recht passend. Alle meine Texte enden irgendwo zwischen Ausweglosigkeit und Tod. LG zurück, Anni
Schmetterlingshai (26)
(11.12.09)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 ZornDerFinsternis schrieb daraufhin am 11.12.09:
Wow...das ist mal wieder eine Überraschung o.o Vielen Dank :) Ich werde mir in den Weihnachtsferien Mühe geben, meine Texte mal etwas zu überdenken und zu bearbeiten. Vielen lieben Dank, für deine netten Worte und die Sternchen :) Schicke dir ganz lieblich schillernde Weihnachtssternchen in deinen Freitagabend. Anni

 Mondgold (14.12.09)
ein sehr starker text!

erlaube mir ein experiment, liebe anni,
ich nehme eine "sehr tiefe" textstelle heraus, und setze sie für LI (zorn der finsternis?) in eine dritte stimme: die liebe im licht

"und heute kam er, im langen, schwarzem gewand. überwand die dicken wände aus beton, um dir sein blasses licht zu zeigen, das kaum strahlte, und es beängstigte ihn, dass deine augen dennoch ver"brannten".

LI erschrak, weil es sah, dass selbst noch der "fahle schimmer" in ihm, den es nicht abschütteln konnte (weil es selbst einst aus dem licht kam) dem lyrischen du, die augen/lebendigkeit in brand stecken, anfachen konnte. das lyrische du, braucht somit keine angst zu haben, würde es sich dem licht zuwenden, obwohl LI daran denkt, es auszulöschen, mit seinem zornigen wunsch nach sterben, könnte es sich und auch LI (zwar unfreiwillig **) retten, seine gewandelte, aus stolz erzürnte, scham (zorn der finsternis), in den lobpreis des lichtes zurückführen.
ein paradoxon: LI müsste durch das lyrische du, nicht nur sich selbst und seinem nächsten, sondern in erster linie gott (der liebe im licht), verzeihen.
halleluja, was für ein weihnachtsfest DU!
leg dein LI, ruhig auch unter den stern, wenn es auch anfangs noch gift und galle spuckt, das leuchten ist in seiner natur, es kann wieder durch dich in LI hineingeboren werden.

vom mond, ein leuchten in deinen advent, liebe anni******ein applaus an dein schreibtalent!
vielleicht solltest du auch hin und wieder die schreib-perspektive wechseln, du wirst sehn, dies (ver)zaubert! (-;

 ZornDerFinsternis äußerte darauf am 14.12.09:
Wunderschön. Wirklich wunderschön :) Danke, liebes Mondgold *knuddel*
Mir wird gleich ganz warm ums Herz und ich bewundere deine Vielseitigkeit und deinen Blick für das Schöne und Warme. Vielen Dank, ich hoffe, ich kann dir irgendwann einmal gerecht werden. LG, Anni
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram