Die Krisensitzung
Einakter zum Thema Humor
von Dart
Die Krisensitzung
Handelnde Figuren:
Walter von Schichthausen
Johann Sebastian
Jakob Drang
Gisela von Plast
Friedrich Steinbaum
Ridley Johns
Hermann Steel
Die Bühne hat die Form eines modernen Konferenzraums, bei dem die hintere Wand aus Scheiben besteht, wodurch man eine städtische Skyline erkennen kann. In der Raummitte steht ein langer Holztisch längs zur Bühne. An der zur Bühne zugewandten Seite sitzen von links nach rechts Johann Sebastian, Jakob Drang, Gisela von Plast, Friedrich Steinbaum und Ridley Johns. Zwischen Jakob Drang und Gisela von Plast ist noch ein Platz frei. Auf der linken Stirnseite des Tisches steht ein besonders extravaganter Drehsessel. Auf der rechten Seite der Bühne ist eine breite doppelflügelige Tür. Die Anwesenden sitzen mit gespannten und düsteren Mienen am Tisch. Dann öffnet sich die Tür und Walter von Schichthausen tritt im schwarzen Anzug und ebenso schwarzer Aktentasche ein. Ohne die anderen sonderlich zu beachten, eilt er zum großen Sessel und wirft seine Aktentasche auf den Tisch. Er setzt sich und holt ein großes, dickes Buch aus der Tasche, hält es sich ans Ohr und klopft kurz mit einem Finger dagegen. Er nickt kurz, nimmt dann das Buch in beide Hände und knallt es mit Schwung auf den Tisch. Durch den Knall schrecken die anderen auf und schauen von Schichthausen gespannt an.
Von Schichthausen:
Nun, ihr wisst ja, warum wir hier sind. Die letzten Quartalszahlen bestätigen unsere schlimmsten Befürchtungen. Finanzeinbrüche in allen Bereichen! Wenn wir nicht schnellstens etwas tun, werden wir so viel Geld verlieren, dass wir dicht machen können! Dann gibt es statt einhunderttausend monatlicher Rente nur noch zehntausend!
Die anderen ziehen erschrocken die Luft ein.
Daher ist es unsere Aufgabe, Lösungen zu finden.
Er lehnt sich zurück und schaut erwartungsvoll in die Runde.
Vorschläge?
Drang:
Verzeihung, Herr von Schichthausen, aber wollen wir nicht noch auf Herrn Steel warten?
Von Schichthausen schaut ihn Fragend an.
Herr Steel, der neue Leiter der Abteilung für Kundenzufriedenheit.
Von Schichthausen:
Was? Ich habe sie nicht verstanden.
Drang:
Ach ja, einen Moment bitte.
Er verschwindet kurz unter dem Tisch, kommt aber schnell wieder hervor. Er trägt jetzt eine Brille mit violetten Flügeln an den Seiten wie bei einem Maskenball.
Ich fragte, ob wir nicht noch auf Herrn Steel warten wollen.
Von Schichthausen:
Ach ja – wo ist der denn?
Drang:
Er kommt gleich.
Von Plast:
Was für ein Herr Scheel?
Drang:
Er setzt die Brille ab.
Neuer Abteilungsleiter, hervorragende Referenzen. Er leistet ganze Arbeit.
Erneut geht die Tür auf und Hermann Steel tritt ein. Er hat ein noch sehr jugendhaftes Aussehen und wirkt frisch und munter.
Steel:
Guten Tag, meine Herren. Und natürlich auch die Dame!
Er setzt sich auf den leeren Platz.
Haben sie schon begonnen?
Sebastian:
Nein, noch nicht, wir haben noch auf sie gewartet. Äh, da sie heute zum ersten Mal einer Sitzung beiwohnen – sind sie mit allen hier Anwesenden vertraut?
Steel:
Nun, nicht ganz. Ich habe sie höchstens mal beim Mittag oder so gesehen.
Er lächelt verlegen.
Sebastian:
Nun, dann eine kleine Vorstellungsrunde. Ich bin Johann Sebastian, der Rechtsanwalt der Firma.
Drang:
Jakob Drang, Abteilungsleiter für Produktentwicklung.
Von Plast
Gisela von Plast, zuständig für Personalangelegenheiten.
Steinbaum:
Friedrich Steinbaum, Abteilung für Produktionsstätten.
Johns:
Hi.
Er winkt nur kurz.
Drang:
Er lehnt sich zu Steel rüber.
Das ist Ridley Johns, unser Mann für den amerikanischen Markt.
Steel:
Er nickt verständnisvoll
Ich verstehe. Nun, ich bin Hermann Steel, ich leite seit neuestem die Abteilung für Kundenzufriedenheit.
Von Schichthausen:
Was?
Er blickt fragend in die Runde.
Hat jemand was gesagt?
Drang:
Er setzt die Brille wieder auf.
Herr Steel hat sich gerade ganz allgemein kurz vorgestellt, Herr von Schichthausen.
Er setzt die Brille wieder ab.
Von Schichthausen:
Ah ja, Steel, guter Mann, guter Mann! Dann würde ich doch glatt sagen, fangen wir mal gleich beim Bericht der Kundenzufriedenheit an. Herr Steel – wenn ich bitten dürfte?
Steel:
Kein Problem.
Er steht auf und will anfangen zu reden, wird jedoch von Drang unterbrochen, der ihm seine Flügelbrille zuschiebt.
Drang:
Er flüstert.
Aufsetzen, sonst versteht der Chef kein Wort!
Steel:
Er nimmt die Brille und schaut irritiert in die Runde. Alle, außer von Schichthausen, nicken. Steel setzt die Brille auf.
Nun…die…Kundenzufriedenheit…Also…wir erhalten ständig Anfragen von Kunden. Viele, sehr viele Anfragen.
Steinbaum:
Ungeduldig.
Nun lassen sie sich doch nicht alles aus der Nase ziehen! Was wollen die Kunden denn von uns?
Steel:
Meistens wollen sie wissen, was wir eigentlich herstellen.
Irritiertes Schweigen.
Von Schichthausen:
Ach, alleine der Firmenname sagt doch schon alles.
Steel:
Nicht ganz. Wir heißen schließlich „Uhren, Fischsalat und Söhne“. Was zusätzlich verwirrend wirkt, da von niemandem hier auch die Söhne mitarbeiten.
Von Schichthausen:
Also ich finde das sehr eindeutig. Was hat denn die Abteilung für Produktentwicklung zuletzt entworfen?
Drang:
Er lässt sich von Steel die Brille wiedergeben und setzt sie auf.
Autoreifen.
Von Schichthausen:
Autoreifen?
Drang:
Autoreifen.
Von Schichthausen:
Was denn für Autoreifen?
Drang:
Äh, neue Winterreifen. Wir haben einen völlig neuen Ansatz entwickelt! Da Winterreifen ja normalerweise so breit sind, haben wir sie einfach dünner gemacht und sparen so enorm an Produktionskosten.
Von Schichthausen:
Seit wann stellt „Uhren, Fischsalat und Söhne“ denn Autoreifen her?
Drang:
Na ja, wir stellen sie halt her.
Steinbaum:
Er nimmt ein Opernglas unter dem Tisch hervor und hält es sich vor das Gesicht.
Verzeihung, aber wir stellen keine Autoreifen her!
Drang:
Was? Wieso?
Steinbaum:
Er nimmt mit der freien Hand eine Karte der BRD hervor und halt sie etwas höher.
Also, nach ihrem Entwurfsplan stellen wir keine Autoreifen her!
Von Schichthausen:
Und was stellen wir dann her?
Steinbaum:
Nun – Staaten.
Von Schichthausen:
Staaten?
Steinbaum:
Staaten.
Von Steinbaum:
Was denn für Staaten?
Steinbaum:
Äh, neue Nationalstaaten. Wir stellen neue Länder her und versehen sie mit Bevölkerung, Industrie und einer Führungsspitze.
Von Plast:
Ach deshalb, haben sie zwanzig Millionen neue Mitarbeiter angefordert.
Von Schichthausen:
Was sollen denn das für Staaten sein?
Steinbaum:
Also unsere letzte Schöpfung heißt Aipotu und liegt in Deutschland, Polen und den USA.
Johns:
Er, sorry?
Er halt sich eine kleine Plexiglasscheibe vor das Gesicht.
We produce…countries?
Schichthausen:
Ist mir auch neu. Ich dachte, wir stellen Uhren und Fischsalat her.
Steel:
Äh, wenn ich kurz unterbrechen könnte?
Von Schichthausen:
War da was?
Steel:
Er nimmt sich von Steinbaum das Opernglas.
Eine kurze Frage. Wenn Herr Johns gerade auch noch einmal nachgefragt hat, was wir eigentlich herstellen…Was hat er dann dem amerikanischen Markt verkauft?
Langsam richten sich alle blicke auf Johns.
Von Schichthausen:
Mister Johns, what had you in mind, we produce?
Johns:
You really want to know?
Von Schichthausen:
Mister Johns, what have you sold to America?
Johns:
Invisible air.
Die anderen schauen verwirrt und holen Wörterbücher unter dem Tisch hervor. Sie blättern darin und finden etwa zeitgleich, was sie gesucht haben.
Alle, außer Johns:
Ah – invisible air! Hä?
Wieder schauen alle verwirrt zu Johns.
Von Schichthausen:
Hat er versucht, unsichtbare Luft nach Amerika zu verkaufen?
Johns:
Yes, I tried so…
Von Plast:
Haben sie auch was verkauft?
Johns:
No.
Steel:
Wäre es nicht besser, sich mal auf ein gemeinsames Produkt zu einigen?
Von Schichthausen:
Er zeigt enthusiastisch auf Steel.
Gute Idee! Ja, sie haben es drauf! Ich wusste doch, dass es gut war, sie einzustellen.
Die anderen, außer Steel, applaudieren lebhaft.
Drang:
Bravo Chef, ihre Ideen sind einfach unübertroffen!
Von Schichthausen:
Ja, ja, schon gut. Irgendwelche Produktvorschläge?
Sebastian nimmt einen Eimer unter dem Tisch hervor und setzt ihn auf seinen Kopf.
Oh verdammt, das hatte ich vergessen!
Steel:
Was ist denn los?
Drang:
Wenn jemand das Wort Produktvorschlag sagt, setzt sich Herr Sebastian einen Eimer auf den Kopf und schläft ein.
Steel:
Wie bitte? Dann wecken sie ihn!
Von Plast:
Das ist leichter gesagt, als getan.
Sie holt ein dickes Buch unter dem Tisch hervor und schlägt es irgendwo in der Mitte auf. Dann liest sie laut daraus vor.
„Ihr heißer Atem schlug ihm entgegen und eine neue Welle der Wollust rollte durch seinen Körper. Oh, du schönste Sodomie…“
Sebastian nimmt den Eimer vom Kopf.
Sehr schön, dann kann es ja weitergehen.
Von Schichthausen:
Also, was könnten wir herstellen?
Steel:
Nun – wie wäre es denn mal mit Uhren und Fischsalat?
Von Schichthausen:
Nein, ich möchte mich langsam mal auf neues Terrain begeben. Ich will, dass wir etwas herstellen, was es noch nie gegeben hat! Ich will, dass es absolut nützlich ist! Ich Wilhelme!
Die anderen nicken.
Steel:
Wir stellen also Helme her?
Von Schichthausen:
Was? Nein, das war nur ein Wortspiel. Was braucht die Welt? Was können wir ihr geben? Und wie viel Geld machen wir damit?
Steel:
Wollen wir vielleicht in die IT-Branche einsteigen? Dort kann man mit der richtigen Idee Unsummen an Geld verdienen.
Bei dem Wort „Unsummen“ kippt Drang vornüber mit dem Kopf auf den Tisch.
Oh, mein Gott!! Was ist denn jetzt passiert?
Johns:
Oh, why did you say that?
Steel:
Say what?
Von Plast:
Sie dürfen zu Herrn Drang nicht “Unsummen” sagen. Er versucht, sich die Unsummen als Zahl vorzustellen.
Steel:
Aber Unsummen sind doch gar keine richtige Zahl!
Von Schichthausen:
Richtig. Sein Hirn überlastet sich einfach. Er wird nur kurz in Ohnmacht bleiben.
Johns fällt vom Stuhl.
Oh, stimmt ja – das hätte ich nicht sagen sollen!
Steel:
Was ist denn nun schon wieder los?
Von Plast:
Er adoptiert gerne das Verhalten anderer Menschen. Und bei „Hirn überlastet“ fällt er halt auch in Ohnmacht.
Steel:
Ja, ist denn hier gar keiner normal? Es ist ja kein Wunder, dass diese Firma vor die Hunde geht, wenn hier nur die Idioten regieren!
Steinbaum:
Er schreit auf.
Nein, dieser Stress!
Er fällt auch vom Stuhl.
Steel:
Verdammt noch mal! Hier kann nicht mal jemand ein ordentliches Produkt vorschlagen!
Sebastian setzt sich den Eimer auf den Kopf.
Von Schichthausen:
Also, jetzt hören sie mal, Herr Steel! Nur weil sie Top Referenzen haben, können sie nicht einfach so eine Schimpftirade über meine Firma loslassen! Wo haben sie denn…ihre…
Er redet immer langsamer und wirkt immer müder.
…Manieren…gähn…ge…lassen?
Er schläft auf seinem Stuhl ein.
Steel:
Er schüttelt den Kopf und blickt zu von Plast.
Und was war das jetzt?
Von Plast:
Es ist Narkoleptiker. Wenn er sich zu sehr aufregt schläft er ein.
Steel:
Ach, er schläft ein? Na das ist ja mal was ganz Neues! Und was haben sie? Malaria?
Von Plast:
Ich habe nur meine Tage.
Steel:
Ach so.
Licht aus, Ende.
Handelnde Figuren:
Walter von Schichthausen
Johann Sebastian
Jakob Drang
Gisela von Plast
Friedrich Steinbaum
Ridley Johns
Hermann Steel
Die Bühne hat die Form eines modernen Konferenzraums, bei dem die hintere Wand aus Scheiben besteht, wodurch man eine städtische Skyline erkennen kann. In der Raummitte steht ein langer Holztisch längs zur Bühne. An der zur Bühne zugewandten Seite sitzen von links nach rechts Johann Sebastian, Jakob Drang, Gisela von Plast, Friedrich Steinbaum und Ridley Johns. Zwischen Jakob Drang und Gisela von Plast ist noch ein Platz frei. Auf der linken Stirnseite des Tisches steht ein besonders extravaganter Drehsessel. Auf der rechten Seite der Bühne ist eine breite doppelflügelige Tür. Die Anwesenden sitzen mit gespannten und düsteren Mienen am Tisch. Dann öffnet sich die Tür und Walter von Schichthausen tritt im schwarzen Anzug und ebenso schwarzer Aktentasche ein. Ohne die anderen sonderlich zu beachten, eilt er zum großen Sessel und wirft seine Aktentasche auf den Tisch. Er setzt sich und holt ein großes, dickes Buch aus der Tasche, hält es sich ans Ohr und klopft kurz mit einem Finger dagegen. Er nickt kurz, nimmt dann das Buch in beide Hände und knallt es mit Schwung auf den Tisch. Durch den Knall schrecken die anderen auf und schauen von Schichthausen gespannt an.
Von Schichthausen:
Nun, ihr wisst ja, warum wir hier sind. Die letzten Quartalszahlen bestätigen unsere schlimmsten Befürchtungen. Finanzeinbrüche in allen Bereichen! Wenn wir nicht schnellstens etwas tun, werden wir so viel Geld verlieren, dass wir dicht machen können! Dann gibt es statt einhunderttausend monatlicher Rente nur noch zehntausend!
Die anderen ziehen erschrocken die Luft ein.
Daher ist es unsere Aufgabe, Lösungen zu finden.
Er lehnt sich zurück und schaut erwartungsvoll in die Runde.
Vorschläge?
Drang:
Verzeihung, Herr von Schichthausen, aber wollen wir nicht noch auf Herrn Steel warten?
Von Schichthausen schaut ihn Fragend an.
Herr Steel, der neue Leiter der Abteilung für Kundenzufriedenheit.
Von Schichthausen:
Was? Ich habe sie nicht verstanden.
Drang:
Ach ja, einen Moment bitte.
Er verschwindet kurz unter dem Tisch, kommt aber schnell wieder hervor. Er trägt jetzt eine Brille mit violetten Flügeln an den Seiten wie bei einem Maskenball.
Ich fragte, ob wir nicht noch auf Herrn Steel warten wollen.
Von Schichthausen:
Ach ja – wo ist der denn?
Drang:
Er kommt gleich.
Von Plast:
Was für ein Herr Scheel?
Drang:
Er setzt die Brille ab.
Neuer Abteilungsleiter, hervorragende Referenzen. Er leistet ganze Arbeit.
Erneut geht die Tür auf und Hermann Steel tritt ein. Er hat ein noch sehr jugendhaftes Aussehen und wirkt frisch und munter.
Steel:
Guten Tag, meine Herren. Und natürlich auch die Dame!
Er setzt sich auf den leeren Platz.
Haben sie schon begonnen?
Sebastian:
Nein, noch nicht, wir haben noch auf sie gewartet. Äh, da sie heute zum ersten Mal einer Sitzung beiwohnen – sind sie mit allen hier Anwesenden vertraut?
Steel:
Nun, nicht ganz. Ich habe sie höchstens mal beim Mittag oder so gesehen.
Er lächelt verlegen.
Sebastian:
Nun, dann eine kleine Vorstellungsrunde. Ich bin Johann Sebastian, der Rechtsanwalt der Firma.
Drang:
Jakob Drang, Abteilungsleiter für Produktentwicklung.
Von Plast
Gisela von Plast, zuständig für Personalangelegenheiten.
Steinbaum:
Friedrich Steinbaum, Abteilung für Produktionsstätten.
Johns:
Hi.
Er winkt nur kurz.
Drang:
Er lehnt sich zu Steel rüber.
Das ist Ridley Johns, unser Mann für den amerikanischen Markt.
Steel:
Er nickt verständnisvoll
Ich verstehe. Nun, ich bin Hermann Steel, ich leite seit neuestem die Abteilung für Kundenzufriedenheit.
Von Schichthausen:
Was?
Er blickt fragend in die Runde.
Hat jemand was gesagt?
Drang:
Er setzt die Brille wieder auf.
Herr Steel hat sich gerade ganz allgemein kurz vorgestellt, Herr von Schichthausen.
Er setzt die Brille wieder ab.
Von Schichthausen:
Ah ja, Steel, guter Mann, guter Mann! Dann würde ich doch glatt sagen, fangen wir mal gleich beim Bericht der Kundenzufriedenheit an. Herr Steel – wenn ich bitten dürfte?
Steel:
Kein Problem.
Er steht auf und will anfangen zu reden, wird jedoch von Drang unterbrochen, der ihm seine Flügelbrille zuschiebt.
Drang:
Er flüstert.
Aufsetzen, sonst versteht der Chef kein Wort!
Steel:
Er nimmt die Brille und schaut irritiert in die Runde. Alle, außer von Schichthausen, nicken. Steel setzt die Brille auf.
Nun…die…Kundenzufriedenheit…Also…wir erhalten ständig Anfragen von Kunden. Viele, sehr viele Anfragen.
Steinbaum:
Ungeduldig.
Nun lassen sie sich doch nicht alles aus der Nase ziehen! Was wollen die Kunden denn von uns?
Steel:
Meistens wollen sie wissen, was wir eigentlich herstellen.
Irritiertes Schweigen.
Von Schichthausen:
Ach, alleine der Firmenname sagt doch schon alles.
Steel:
Nicht ganz. Wir heißen schließlich „Uhren, Fischsalat und Söhne“. Was zusätzlich verwirrend wirkt, da von niemandem hier auch die Söhne mitarbeiten.
Von Schichthausen:
Also ich finde das sehr eindeutig. Was hat denn die Abteilung für Produktentwicklung zuletzt entworfen?
Drang:
Er lässt sich von Steel die Brille wiedergeben und setzt sie auf.
Autoreifen.
Von Schichthausen:
Autoreifen?
Drang:
Autoreifen.
Von Schichthausen:
Was denn für Autoreifen?
Drang:
Äh, neue Winterreifen. Wir haben einen völlig neuen Ansatz entwickelt! Da Winterreifen ja normalerweise so breit sind, haben wir sie einfach dünner gemacht und sparen so enorm an Produktionskosten.
Von Schichthausen:
Seit wann stellt „Uhren, Fischsalat und Söhne“ denn Autoreifen her?
Drang:
Na ja, wir stellen sie halt her.
Steinbaum:
Er nimmt ein Opernglas unter dem Tisch hervor und hält es sich vor das Gesicht.
Verzeihung, aber wir stellen keine Autoreifen her!
Drang:
Was? Wieso?
Steinbaum:
Er nimmt mit der freien Hand eine Karte der BRD hervor und halt sie etwas höher.
Also, nach ihrem Entwurfsplan stellen wir keine Autoreifen her!
Von Schichthausen:
Und was stellen wir dann her?
Steinbaum:
Nun – Staaten.
Von Schichthausen:
Staaten?
Steinbaum:
Staaten.
Von Steinbaum:
Was denn für Staaten?
Steinbaum:
Äh, neue Nationalstaaten. Wir stellen neue Länder her und versehen sie mit Bevölkerung, Industrie und einer Führungsspitze.
Von Plast:
Ach deshalb, haben sie zwanzig Millionen neue Mitarbeiter angefordert.
Von Schichthausen:
Was sollen denn das für Staaten sein?
Steinbaum:
Also unsere letzte Schöpfung heißt Aipotu und liegt in Deutschland, Polen und den USA.
Johns:
Er, sorry?
Er halt sich eine kleine Plexiglasscheibe vor das Gesicht.
We produce…countries?
Schichthausen:
Ist mir auch neu. Ich dachte, wir stellen Uhren und Fischsalat her.
Steel:
Äh, wenn ich kurz unterbrechen könnte?
Von Schichthausen:
War da was?
Steel:
Er nimmt sich von Steinbaum das Opernglas.
Eine kurze Frage. Wenn Herr Johns gerade auch noch einmal nachgefragt hat, was wir eigentlich herstellen…Was hat er dann dem amerikanischen Markt verkauft?
Langsam richten sich alle blicke auf Johns.
Von Schichthausen:
Mister Johns, what had you in mind, we produce?
Johns:
You really want to know?
Von Schichthausen:
Mister Johns, what have you sold to America?
Johns:
Invisible air.
Die anderen schauen verwirrt und holen Wörterbücher unter dem Tisch hervor. Sie blättern darin und finden etwa zeitgleich, was sie gesucht haben.
Alle, außer Johns:
Ah – invisible air! Hä?
Wieder schauen alle verwirrt zu Johns.
Von Schichthausen:
Hat er versucht, unsichtbare Luft nach Amerika zu verkaufen?
Johns:
Yes, I tried so…
Von Plast:
Haben sie auch was verkauft?
Johns:
No.
Steel:
Wäre es nicht besser, sich mal auf ein gemeinsames Produkt zu einigen?
Von Schichthausen:
Er zeigt enthusiastisch auf Steel.
Gute Idee! Ja, sie haben es drauf! Ich wusste doch, dass es gut war, sie einzustellen.
Die anderen, außer Steel, applaudieren lebhaft.
Drang:
Bravo Chef, ihre Ideen sind einfach unübertroffen!
Von Schichthausen:
Ja, ja, schon gut. Irgendwelche Produktvorschläge?
Sebastian nimmt einen Eimer unter dem Tisch hervor und setzt ihn auf seinen Kopf.
Oh verdammt, das hatte ich vergessen!
Steel:
Was ist denn los?
Drang:
Wenn jemand das Wort Produktvorschlag sagt, setzt sich Herr Sebastian einen Eimer auf den Kopf und schläft ein.
Steel:
Wie bitte? Dann wecken sie ihn!
Von Plast:
Das ist leichter gesagt, als getan.
Sie holt ein dickes Buch unter dem Tisch hervor und schlägt es irgendwo in der Mitte auf. Dann liest sie laut daraus vor.
„Ihr heißer Atem schlug ihm entgegen und eine neue Welle der Wollust rollte durch seinen Körper. Oh, du schönste Sodomie…“
Sebastian nimmt den Eimer vom Kopf.
Sehr schön, dann kann es ja weitergehen.
Von Schichthausen:
Also, was könnten wir herstellen?
Steel:
Nun – wie wäre es denn mal mit Uhren und Fischsalat?
Von Schichthausen:
Nein, ich möchte mich langsam mal auf neues Terrain begeben. Ich will, dass wir etwas herstellen, was es noch nie gegeben hat! Ich will, dass es absolut nützlich ist! Ich Wilhelme!
Die anderen nicken.
Steel:
Wir stellen also Helme her?
Von Schichthausen:
Was? Nein, das war nur ein Wortspiel. Was braucht die Welt? Was können wir ihr geben? Und wie viel Geld machen wir damit?
Steel:
Wollen wir vielleicht in die IT-Branche einsteigen? Dort kann man mit der richtigen Idee Unsummen an Geld verdienen.
Bei dem Wort „Unsummen“ kippt Drang vornüber mit dem Kopf auf den Tisch.
Oh, mein Gott!! Was ist denn jetzt passiert?
Johns:
Oh, why did you say that?
Steel:
Say what?
Von Plast:
Sie dürfen zu Herrn Drang nicht “Unsummen” sagen. Er versucht, sich die Unsummen als Zahl vorzustellen.
Steel:
Aber Unsummen sind doch gar keine richtige Zahl!
Von Schichthausen:
Richtig. Sein Hirn überlastet sich einfach. Er wird nur kurz in Ohnmacht bleiben.
Johns fällt vom Stuhl.
Oh, stimmt ja – das hätte ich nicht sagen sollen!
Steel:
Was ist denn nun schon wieder los?
Von Plast:
Er adoptiert gerne das Verhalten anderer Menschen. Und bei „Hirn überlastet“ fällt er halt auch in Ohnmacht.
Steel:
Ja, ist denn hier gar keiner normal? Es ist ja kein Wunder, dass diese Firma vor die Hunde geht, wenn hier nur die Idioten regieren!
Steinbaum:
Er schreit auf.
Nein, dieser Stress!
Er fällt auch vom Stuhl.
Steel:
Verdammt noch mal! Hier kann nicht mal jemand ein ordentliches Produkt vorschlagen!
Sebastian setzt sich den Eimer auf den Kopf.
Von Schichthausen:
Also, jetzt hören sie mal, Herr Steel! Nur weil sie Top Referenzen haben, können sie nicht einfach so eine Schimpftirade über meine Firma loslassen! Wo haben sie denn…ihre…
Er redet immer langsamer und wirkt immer müder.
…Manieren…gähn…ge…lassen?
Er schläft auf seinem Stuhl ein.
Steel:
Er schüttelt den Kopf und blickt zu von Plast.
Und was war das jetzt?
Von Plast:
Es ist Narkoleptiker. Wenn er sich zu sehr aufregt schläft er ein.
Steel:
Ach, er schläft ein? Na das ist ja mal was ganz Neues! Und was haben sie? Malaria?
Von Plast:
Ich habe nur meine Tage.
Steel:
Ach so.
Licht aus, Ende.
Anmerkung von Dart:
Wie immer sind Zwischenrufe erlaubt.