Prägendes Amt?

Persiflage zum Thema Respekt

von  loslosch

Magistratus virum indicat (Erasmus von Rotterdam, ~1467 bis 1536; Adagia, Sammlung antiker Sprichwörter und Redewendungen). Ein Amt zeigt, was ein Mann ist.

Mehrdeutig. Zuerst: Das Amt und seine Entourage formen den neuen Amtsinhaber. Gut gefällt auch die Deutung "Kleider machen Leute". Nach dem gleichnamigen Bestseller von Gottfried Keller (1819 bis 1890). Da war es ein Schneidermeister mit Versagensängsten, der eher unfreiwillig in seine Rolle hineinwuchs.

Noch besser gefällt der historisch einmalige Auftritt des Schustergesellen Friedrich Wilhelm Voigt (1849 bis 1922), der 1906 in Klamotten, die er auf Trödlermärkten aufgetrieben hatte, die Rolle des Hauptmanns von Köpenick bravourös inszenierte. (Leider hatte er es nur aufs Bare der Stadtkasse abgesehen.) Doch ließ ihn preußischer Respekt vor dem Militär allmählich über sich und seine intellektuellen Fähigkeiten hinauswachsen.

Ein Weltbestseller, filmisch und literarisch. Das Amt zeigt unverfroren (jawohl, auch das Amt ist unverfroren!), was ein Mann ist. Der nie erwachsen gewordene Kaiser Wilhelm II. gewährte ihm Strafrabatt. Respekt auf Augenhöhe.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (30.08.12)
Lothar, was ist eine Amtsautorität, die doch mal in Deutschland und Österreich ehrfurchtsgebietend war, heute noch wert? Seit Fritz Teufel es wagte, das hohe Gericht zu verspotten, ist sie erheblich gesunken.
Heute, scheint mir, gibt es nur noch Schmeichler, die mit vorgeblicher Verehrung einer Amtsautorität versuchen, das Beste für sich herauszuholen.
Deine beiden Verweise auf humorvolle Literatur zeigen, dass wenigstens diese beiden deutschen/deutschsprachigen Dichter schon lange vor Teufel einen Arsch in der Hose hatten.
(Kommentar korrigiert am 30.08.2012)
AronManfeld (43) meinte dazu am 30.08.12:
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 loslosch antwortete darauf am 30.08.12:
wer kennt die gruppendynamischen prozesse? er war ein antreiber und wohl auch ein getriebener.

vorsicht vor den germanisten, aron:

"Sein Lebensweg zeigt, was er sich unter einem Dichter vorstellte: Einen Menschen, der die Poesie nicht in Gedrucktem festhält, sondern sie in subversiver Absicht auf das Leben los läßt. Der rote Faden, der die unterschiedlichen Phasen von Teufels Leben zusammenhält, wurde in der frühen deutschen Romantik konzipiert, von Dada und dem Surrealismus gesponnen und von den Situationisten in die 60er Jahre geschmuggelt: die Befreiung der Poesie aus dem Käfig des Kunstwerks, ihre Entlassung in den Alltag mit dem Auftrag, die Welt zu verändern." (Eckhard Siepmann, vermutlich jg 1932!!) lo, fürs interesse allseits dankend.

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 30.08.12:
Kluges Kerlchen, dieser Eckhard Siepmann!
AronManfeld (43) äußerte darauf am 30.08.12:
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 loslosch ergänzte dazu am 30.08.12:
kleinkrimineller? sein ansatz war kein solcher, zunächst. er wollte vorführen, hat sogar einmal ein alibi für seine unschuld verspätet vorgelegt. dann aber gab es die tatbeteiligung, der besitz von brandsätzen. und er schlitterte ins kriminelle.

das steckt in meinem satz "er war ein antreiber und wohl auch ein getriebener." nun ist es klargestellt.
AronManfeld (43) meinte dazu am 30.08.12:
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 loslosch meinte dazu am 30.08.12:
darf ich dich wieder aufrichten? antreiber und getriebener. und gut ist.
(Antwort korrigiert am 30.08.2012)
AronManfeld (43) meinte dazu am 30.08.12:
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 ViktorVanHynthersin (30.08.12)
Mundus vult decipi (Die Welt will betrogen werden), denkt sich so mancher Hochstabler und tritt mit völliger Selbstsicherheit und absoluter Ahnungslosigkeit Ämter (z.B. Arzt) an, die ihn und andere Kopf und Kragen kosten können. Wenn das nicht prägend ist?
Herzlichst
Viktor
AronManfeld (43) meinte dazu am 30.08.12:
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 loslosch meinte dazu am 30.08.12:
so wie baron zu guttenberg ...;-)

 loslosch meinte dazu am 30.08.12:
@viktor: ... und absoluter chuzpe, denke ich. es gab schon gefakte medizinmänner, die bei ihren patienten sehr beliebt waren. mundus vult decipi. aus dem munde eines papstes. merci, viktor lo
AronManfeld (43) meinte dazu am 30.08.12:
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 loslosch meinte dazu am 30.08.12:
ja. passt zu den gefakten medizinern, die sehr beliebt waren.

und an der schwarmintelligenz ...
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