Flüchtig

Sonett zum Thema Abendstimmung

von  Irma

Die grauen Wolkenmonster rasen, reißen
rasch auf. Ein rotes Feuerrad rollt raus.
Der Abendhimmel blutet langsam aus,
ergießt sich über einer schläfrig weißen

Umgehungsstraße. Vor der letzten Kehre
beschleunigt der Ferrari kolossal.
Der Fahrer tritt mit Kraft aufs Gaspedal.
Ein dummes Wildschwein kommt ihm in die Quere.

Es bringt ihn ins Schleudern! Schon fliegt er raus zur Linken
und sieht noch kurz ein rotes Auge blinken
bevor es knallt. - Am Waldrand kreisen Raben.

Der Radler liegt im tiefen Straßengraben;
man findet ihn im frühen Morgengrauen.
Die wilde Sau ist einfach abgehauen.

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Kommentare zu diesem Text


 niemand (23.09.14)
Sehr gut, besonders die Doppeldeutigkeit der "Wildsau".
Eine Frage noch. Muss dieses "und" (3. Strophe, 1.Zeile)
sein.? Ich glaube nicht, dass der Leser einen solchen Bruch
im Fluss braucht um sich die Katastrophe zu verdeutlichen.
Mit herzlichen Grüßen, Irene

 AZU20 meinte dazu am 23.09.14:
Das "und" stört wirklich.

Bei uns sind es "Umgehungsstraßen", an "Umfahrung" musste ich mich erst gewöhnen.
Gut geschrieben. LG

 Irma antwortete darauf am 23.09.14:
Es geht beides, Armin. Aber ich nehme deine "Umgehungsstraße" dankbar an, weil ich damit die Doppelung mit dem "Fahrer" zwei Zeilen weiter umgehen kann.

Dass ihr im neunten Vers ins Schleudern kommt, ist ja durchaus beabsichtigt. Aber es irritiert mich ein wenig, dass ihr das "und" hierfür verantwortlich macht. Im Grunde beginnen ja alle Verse mit Auftakt.

Zum Rutschen sollte man erst drei Wörter später kommen (beim "ins"), weil an dieser Stelle das jambische Metrum kurz in ein daktylisches wechselt. Mmh. Ich werde mal eine kleine Änderung vornehmen. Wird es dadurch besser?

Lieben Dank euch beiden! LG Irma

 AZU20 schrieb daraufhin am 23.09.14:
Es geht eigentlich bei dem "und" um den Rhythmus, der unterbrochen wird. LG

 Irma äußerte darauf am 24.09.14:
Wenn es glatt ist, geht nicht immer alles glatt, Armin. Da fliegt man schon mal aus der Kurve! LG Irma

 Didi.Costaire (23.09.14)
Schon beim flüchtigen Lesen stößt man auf Doppeldeutigkeiten. Eine üble Geschichte, aber gut verreimt.
Liebe Grüße, Dirk

 Irma ergänzte dazu am 24.09.14:
Danke schön, lieber Didi. Ich freue mich, dass du dich an die Spur dieser wilden Sau geheftet hast. LG Irma

 plotzn (23.09.14)
Saugut, liebe Irma!
Die Doppeldeutigkeiten und Bilder (flüchtig, wilde Sau, rot - blutet - Ferrari, etc.) und den Metrumsschleuderer hast Du sehr geschickt eingebaut.
Nur mit der Betonung von "einmal" auf der letzten Silbe hadere ich etwas (vielleicht: kolossal?).
Trotz des (tod)ernsten und traurigen Hintergrundes ein Genuss zu lesen.

Liebe Grüße, Stefan

 Irma meinte dazu am 24.09.14:
Dein plotzn-protzendes "kolossal" ist kkklasse, der Sound passt kolossal zum Ferrari! Ganz lieben Dank, Stefan! LG Irma

 irakulani (23.09.14)
Klasse, wie du hier Bilder ananeinanderreihst, die unter der Pseudoabendidylle noch krasser wirken. Ein flüchtiger Moment der Schrecken und Idyille gleichermaßen umfasst und durch die Doppeldeutigkeiten noch verschärft.

L.G.
Ira

 Irma meinte dazu am 24.09.14:
Lieben Dank, Ira. Es heißt ja, dass die wilden Schweine mancherorts regelrecht zu einer Plage werden ... LG Irma

 monalisa (24.09.14)
Tolles Sonett, liebe Irma, da kann ich den VorkommentatorInnen nur zustimmen; ist ja nun schon fast alles gesagt:
Der Schlenker bei 'schleudern' kommt gut und lässt den Vers ebenfalls 'rausfliegen'. Passt wunderbar an dieser Stelle.
Die 'abgehauene, wilde Sau' ist leider real und kein Einzelfall, lässt mich am Ende mit einer Gänsehaut und einem Stoßgebet zurück. Hoffentlich ... nie!

Liebe Grüße,
mona

 Irma meinte dazu am 24.09.14:
Schweine sollen eigentlich ziemlich intelligente Tiere sein, Mona. Da kann man nur hoffen ... Ganz lieben Dank und Gruß, Irma
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