Der Buddha der Foren

Gedicht zum Thema Literatur

von  toltec-head

I.

Als Rudolf Steiner - vom Bahnhof kommend - von weitem
den Drudenfuß am Marktkirchenturm erblickte
machte er auf der Stelle kehrt
und verließ mit dem Zug fluchtartig die Stadt
Hannover, so der Facharzt für Geschlechtskrankheiten Dr. Benn
der in Berlin auch den stetigen Rückgang der Syphilis zu beklagen hatte
ist die aristokratische Form der Emigration
Mein Beruf hatte mich nie beschäftigt, hier gar nicht
Schlechtes Klima, keine Landschaft, flach alles, riesig öde
wochenends manchmal die Autobahn entlang ist alles Lüneburger
Heide, lila und unfruchtbar. Gerade an der Stelle, wo feingeistige Männer sich und ihre Arbeit
aufgenommen sahen, brach mein Berufsinteresse ab
Schrieb hier aber seine besten Gedichte,
z.B. Anemone oder Einsamer nie.

II.

Auf der Bierterasse der Stadthalle auf einer Speisekarte notiert
die Bierode
Juli! Frieden!
O Lebensmittag, feierliche Zeit
O Berliner Kindl! Edles Bräu
vergleichbar den Hannoverschen Besonderheiten:
Härke, Gilde, Lindener Spezial
Wülfeler und das Ricklinger Kaiserbier!
der Sommer steht und sieht den Rosen zu
und so weiter.
Er selbst: Nicht gut. Aber man muss werfen, einmal trifft man
Die FAZ: Die Ode ist ein Versuchentwurf, der ahnen lässt
zu welchen bedrückend schwachen Gedichten Benn in der Lage war
Du Juli, Frieden feierliche Zeit
im edlen Bräu
Welch gewaltiger Schritt der Natur
bis zum Gerstensaft!
Von Bier zu Bier
die grosse Linie der Menschwerdung
Hallelujah, Pröstchen!

Du, Buddha von Hannover
willkommen in den Foren!

III.

...Sommer lächelt erstaunt und matt/ in den sterbenden Gartentraum. /Lange
noch bei den Rosen bleibt er stehn/, sehnt sich nach Ruh...

Raffiniert, virtuos, ohne Zentrum, nur Selbstzweck
Hermann Hesse vermisst in der musikalischen Vertonung von Strauss
die echte Umsetzung seiner lyrischen Wahrheit (sic)
Vielleicht die großartigste Musik des gesamten Jahrhunderts
Ihn hingegen vertonte nur ein Hindemith
Umsetzung seiner lyrischen Wahrheit (sicker?)
Ist es nicht erstaunlich, wie nicht nur die der Foren
sondern auch die wahre Dichtung in ihren schwachen Momenten
ganz fatal nach Hermann Hesse klingt?
Melancholie, verfehlte Kräfte, tragisch angebahnt: man sage nicht
der Geist kann es erreichen, er gibt nur manchmal
kurzbelichtet Zeichen

Na, Hauptsache der Dienst lässt Zeit zum Trinken und Schreiben.


Anmerkung von toltec-head:

 Drudenfuß am Marktkirchentum

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Kommentare zu diesem Text


 Regina (23.12.14)
"Drudenfuß am Marktkirchenturm". Erstaunlich, wie offen die Kirche hier das auf dem Kopf stehende Pentagramm präsentiert, das seit eh und je als Symbol für Schwarze Magie gilt.

 toltec-head meinte dazu am 23.12.14:
Das dachte der Meister auch.

 Dieter Wal (26.12.14)
Ditte is sowas von unlyrisch, aber es hat etwas. Den Titel find ich doof.

 toltec-head antwortete darauf am 31.12.14:
Sehr dichterisch, Dieter.
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