Die Berufungsgeschichte des Orakelpriesters von Dungkar Gompa

Essay zum Thema Besessenheit

von  Bluebird

Govinda berichtet in seinem Tibet - buch, dass am Tage nach der erlebten Orakelbefragung das  Fest des ersten Vollmonds  stattfand, was in etwa unserem Heiligabend vergleichbar ist. Alle Menschen in Tibet sind in einer fröhlichen Festtagsstimmung.
Govinda fragte während  eines lockeren Zusammenseins im Klosterhofdes Tempels  einige Mönche , ob denn nicht auch der Orakelpriester am Fest teilnähme, worauf er auf eine Person hingewiesen wurde, die mitten unter all den Leuten stand: 

...wir konnten es kaum glauben, dass dieser einfache Mönch die gleiche Person sein sollte, die wir einige Stunden zuvor auf dem Thron des Orakels gesehen hatten. (S.291)
In den darauf folgenden Wochen gelang es ihm sich mit jenem Mönch anzufreunden und mit ihm über seine Rolle als Orakelpriester zu sprechen. So fragte er ihn beispielsweise, ob er sich an irgendetwas erinnern könne, was während der Befragung geschehe:
Nein, ..., ich habe keine Ahnung was während meines Trancezustandes geschieht. Aber wenn ich in meinen normalen Zustand zurückkehre, schmerzt mein ganzer Körper. Ich brauche immer viele Tage um mich zu erholen

Und er erzählte weiter, dass er ein ganz normales Leben mit Frau und Kindern gelebt hätte, bis er eines Tages todkrank geworden sei. Ein Lama kam und las Gebete vor um ihn auf den Tod vorzubereiten. Und während er die Anrufungen (Invokationen)der Schutzgeister Tibets rezitierte, passierte es

  ... wurde ich plötzlich von ihnen besessen ... und als ich endlich wieder zu mir kam, sagte der lama zu mir, dass mein Leben gerettet werden könne, wenn ich bereit wäre den Göttern zu dienen, die mich als ihr Werkzeug ausersehen hätten
So legte er ein Mönchs - Gelübde ab und binnem kurzem war er vollkommen genesen:
Doch immer wenn diese Invokationen rezitiert wurden, fiel ich in Trance und die göttlichen Kräfte nahmen von mir Besitz
Dies wurde als Zeichen der Berufung angesehen und so begann dann eine lange Ausbildung zum Mönch und Orakelpriester. Gerade als er sie beendet hatte, wurde dann der Orakel-Platz in Dungkar Gompa frei und er dort hingeschickt.

Gedankenimpuls:
Persönlich sehe ich keinen Grund warum ich an dieser Berufungsgeschichte zweifeln sollte. Sie  - wie das aus den vorigen Abschnitten - ist für mich allerdings ein erschreckender Hinweis auf die Aktivitäten dämonischer Geister im tibetischen Buddhismus ... und sicher nicht nur da!


Anmerkung von Bluebird:

Folge 4 des Govinda-berichtes

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (27.09.16)
"Sie ist für mich allerdings ein erschreckender Hinweis auf die Aktivitäten dämonischer Geister im tibetischen Buddhismus"
Da Du Govinda zitierst und dieser ja eine Hinwendung zum tibetischen Buddhismus Vajrayana (Diamantfahrzeug)vollzog, nehme ich an, das Ganze nimmt ein gutes Ende.
Da ich aber einem Christen wie Dir aus gutem Grund nicht ganz traue, will ich als Vajrayanabuddhist etwas dazu sagen:
Bei den Orakel-Gottheiten und anderen handelt es sich um ehemalige Dämonen, welche zu Dharmaschützer wurden. Dh. sie wurden gebannt oder verpflichtet, sich in den Dienst des Buddhadharma zu stellen. Ob freiwillig oder unter Zwang, hängt von den Wesenheiten ab. Dh. weiter, es geht von ihnen keine Gefahr mehr aus, sondern das Gegenteil. Ein Beispiel dazu: Als die Chinesen beschlossen, Tibet zu besetzen, erfuhren das die Tibeter eben durch das Orakel frühzeitig und wer konnte, floh über die Grenze nach Indien.
Man muß auch die Besonderheit des Vajrayana berücksichtigen: während im Theravada, der ursprünglichen Lehre Buddhas in Indien, ein durchschnittlicher Praktizierender noch viele Inkarnationen bis zur Erleuchtung (Buddhaschaft) vor sich hat, zielt das Diamantfahrzeug darauf ab, es in nur einem einzigen Leben zu verwirklichen. Das bedarf nun einmal Maßnahmen, die außerordentlich extrem sind und dem durchschnittlichen Christen ganz und gar abwegig erscheinen müssen.

 Bluebird meinte dazu am 28.09.16:
Da ich aber einem Christen wie Dir aus gutem Grund nicht ganz traue
Dies hat doch ein Lächeln heute Morgen auf mein Gesicht gezaubert ... zur Sache: Mir ist durchaus die Sichtweise der besiegten Dämonen als "Dharma-Helfer" bekannt ... aber wie heisst es so schön: "Die Dinge müssen nicht so sein wie sie zu sein scheinen!" ...

Ich sehe auf jeden Fall klare Anzeichen von (dämonischer) Besessenheit bei den "Orakelpriestern" ... wie das im Kontext des tibetischen Buddhismus zu deuten ist. lasse ich erst einmal offen ... und freue mich auf einen fruchtbaren und freundlichen Dialog
(Antwort korrigiert am 28.09.2016)

 Dieter Wal (27.09.16)
Stelle dir vor, ein Mensch mit Sonnenbrille geht in den Keller und beklagt sich über nahezu völlige Dunkelheit. Du solltest die Bibel-Brille ablegen und nicht aus einem Standpunkt des biblizistischen Volldeppen über fremde Kulturen urteilen. Dann klappts auch mit dem Verständnis des tibetischen Buddhismus.

 Bluebird antwortete darauf am 28.09.16:
Du solltest die Bibel-Brille ablegen und nicht aus einem Standpunkt des biblizistischen Volldeppen über fremde Kulturen urteilen.
Ich analysiere - vorsichtig - Texte, bringe Auszüge und stelle meine Deutung zur Diskussion. Im Übrigen bauen die Texte logisch aufeinander auf ... schrittweises Vorgehen
(Antwort korrigiert am 28.09.2016)

 Dieter Wal schrieb daraufhin am 04.10.16:
Würde ein Frosch ein Aquarium erklären, käme etwa dasselbe dabei heraus.
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