Nicht ohne Folgen

Kurzprosa zum Thema Traum/ Träume

von  Moja

Über unseren Köpfen kreisen Geier, während Ilse und ich den leeren Platz vor der Haftanstalt überqueren. Ich bereue bereits, dass ich mich von ihr zu diesem Besuch überreden ließ, und gehe rascher. Erst hinter dem massiven Steinrondell sehen wir die lange Schlange von Ausländern. Wir wissen Bescheid und reihen uns ein. Endlich führt uns ein Beamter in den Besucherraum. Beklommen sehe ich mich um. Am Tisch sitzt schon die junge Frau. Sie ist sterbenskrank. Leise redet Ilse auf sie ein. Auf einmal wird die Frau laut. Ob wir denn wüssten, was das Urteil bedeutet? Todesstrafe! Wovon redet sie? Kommunist, Hochverrat, schreit sie. Ich begreife nichts. Ilse verliert das Bewusstsein. Und als sie wieder zu sich kommt, ist ihre Tasche weg. Wütend rennt sie zum Aufseher. Warum sind wir überhaupt hier? Ich eile hinaus. Von hoch oben, aus Höhe der Geier, sehe ich mich über den gekiesten Vorplatz laufen – meine Schritte, sehe ich alle Schritte, es wimmelt nur so von Schritten, ohrenbetäubend das Knirschen der Schritte.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (23.12.19)
Hallo Moja,
ein geheimnisvoll kafkaesker Traumtext, der vielfältig gedeutet werden kann..
Ich wünsche dir ein frohes Fest.
Ekki
Sätzer (77) meinte dazu am 23.12.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Moja antwortete darauf am 23.12.19:
Danke, Ekki!
Dein Aphorismus "Unvergesslich" brachte mir die Erinnerung an diesen Traum.

Dir auch frohe Festtage,
herzlich
Moja

 Moja schrieb daraufhin am 23.12.19:
Danke, Sätzer, Dir auch frohe Feiertage!
Moja

 AchterZwerg (23.12.19)
Liebe Moja,
es handelt sich hier offenbar um ein Gefängnis, das als Zwischenstation vor der endgültigen Abschiebung dient.
Dafür sprechen auch die Ausrufe der Inhaftierten (Hochverrat, Todesstrafe etc.)
Das Interessante ist für mich der Taschendiebstahl, der gleichsam ein Vorurteil bestätigt, das eine der Besucherinnen eh schon hatte:
"Warum sind wir überhaupt hier?"

Tatsächlich wimmelt es von Schritten. Hörbaren und unhörbaren.

Liebe Grüße und natürlich das Übliche
der8.

 Moja äußerte darauf am 24.12.19:
Liebe 8.,

der Traum selbst war wie ein Gefängnis, in dem sich Splitter -skurrile Bilder, Situationen, Emotionen - mischten, hervorgerufen durch reale Erfahrungen, vermutlich weiter zurückreichend als meine eigene Lebensgeschichte es zulässt; beklemmend allemal.

Danke Dir!

Wünsche eine wunderbare Zwergen-Weihnacht,
Moja
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