In guter Lage

Szene zum Thema Begegnung

von  Moja

Die Zugabteile sind voll bis auf einen Fensterplatz. Das ältere Ehepaar mir gegenüber wirkt seriös, arglos und den schönen Dingen des Lebens zugewandt. Die Frau blättert in der Zeitung, liest Klatsch und Tratsch aus dem Königshaus. Sie nickt und muss lachen und tippt auf einen Artikel. Sie bekommt fast keine Luft mehr und kann nicht aufhören zu lachen. Die Meldung war durch die Boulevard-Presse gegangen, ein spektakulärer Einbruch eines jungen Mannes; der Dieb saß im Kamin fest, musste von Feuerwehr und Polizei befreit werden. Ihr Lachen ist ansteckend. Sie sehen sich nach einer Grabstelle um, erfahre ich. Heutzutage wäre es schwierig, eine gute Lage zu finden. Aber sie wären ja noch jung, so wichtig wäre es noch nicht, sagt sie lächelnd. Und während ich in Gedanken ein Inserat verfasse: Grabstelle gesucht, verkehrsgünstig, zentral gelegen, sonnig und ruhig – fährt der Zug an einer Wiese unter Lichterketten vorbei, vom Wasser wehen Klänge eines Akkordeons und Singsang herüber. Der Mann nimmt plötzlich die Brille ab und reibt sich die Augen, er lächelt komisch.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Jorge (24.02.20)
So etwas verpassen die unzähligen Autofahrer. Ähnliches erlebe ich in öffentlichen Verkehrsmitteln und freue mich, dass ich gerne und leicht ins Gespräch komme.
LG
Jorge

 Moja meinte dazu am 25.02.20:
Sowie man rausgeht und ein wenig offen ist, kann man schon Geschichten erleben, mehr als ich oft danach notieren kann.

Lieben Gruß,
Moja

 TassoTuwas (24.02.20)
Du bist eine scharfsinnige und gleichzeitig hintergründige Beobachterin
Liebe Grüße
TT

 Moja antwortete darauf am 25.02.20:
Danke, schön!
Grüße schmunzelnd zurück,

Moja

Antwort geändert am 25.02.2020 um 08:13 Uhr

 Dieter_Rotmund (24.02.20)
Etwas arg sentimental zum Schluss.

 Moja schrieb daraufhin am 25.02.20:
Tja, wenn Du meinst...

Guten Morgengruß,
Moja

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 25.02.20:
...an einer Wiese unter Lichterketten vorbei, vom Wasser wehen Klänge eines Akkordeons und Singsang
Sätzer (77)
(24.02.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Moja ergänzte dazu am 25.02.20:
Moin, moin, Sätzer,
da kannst Du mal sehen, wie ich Deine Empfehlung aufgriff - eine Bühne für die "Szenerie" meiner überquellenden Tagebücher.

Frische Seegrüße,
Moja
Sin (55)
(24.02.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Moja meinte dazu am 25.02.20:
Wie enttäuschend, Sin, leider gab ich das Inserat nicht auf, damals hätte ich nur eine Grabstelle in unmittelbarer Nähe meiner Wohnung "gebucht", zentral gelegen für An- und Abreisen ,
inzwischen sehe ich das pragmatischer, die Wege verkürzen sich ohnehin mit fortschreitender Zeit.

In diesem Sinne,
sei gegrüßt,

Moja

 Artname (24.02.20)
fährt der Zug an einer Wiese unter Lichterketten vorbei, vom Wasser wehen Klänge eines Akkordeons und Singsang herüber.

Ich kann mir leider nicht vorstellen, wie man das entfernte
Akkordeon und den Gesang aus einem fahrenden Zug hören kann. Das stört mich sehr!

lg

Kommentar geändert am 24.02.2020 um 17:26 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 24.02.20:
Heute kann man wohl in keinem Zug mehr die Fenster öffnen; aber vielleicht spielt die Geschichte in früheren Jahren.

 Artname meinte dazu am 24.02.20:
Früher fuhren laute Bimmelbahnen... Also, falls ein Zug nicht hält, hört man vermutlich in einem vollen Zug kaum ein entferntes Akkordeon..,

Was meint denn die Autorin?

lg

 Moja meinte dazu am 25.02.20:
Die Autorin erlebte diese Geschichte in den 90ern, da konnte man noch mit einem Ruck das Zugfenster öffnen und das Draußen wahrnehmen, bis einem Hören & Riechen verging, die Strecke verrate ich nicht - und die Züge fuhren wesentlich langsamer, aber wem sage ich das! Manche Gleise führten dicht an Wiesen vorbei, an Gärten sogar, hach, seufz, nie wieder...

Ein paar langsame Grüße & Dank
an Artname und Graeculus!

Moja

 AchterZwerg (24.02.20)
O.T. (kann es nicht aufhalten)

Meine herzensgute Zahnärztin schaute mich unlängst ebenfalls komisch an, als ich nämlich beim Begriff "Gebisslage" schrill auflachte. Von einer solchen Lage hatte ich zuvor noch nie gehört! - Kann sein, dass sie mich nun für bekloppt hält. Macht aber nichts. Mit irren Zwergen geht man sicherlich noch einen Tic vorsichtiger um ...
Ansonsten war alles wie bei dir: Die Zeitschriften, das Denken an einen verfrühten Tod und der Singsang des Bohrers.

Gepeinigte Grüße
der8.
Sin (55) meinte dazu am 24.02.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Moja meinte dazu am 25.02.20:
O weh, o weh, liebe geplagte, zerschmerzte Achte!

Zahnarzt, was für ein schlimmes Wort - und dann noch diese klitzekleinen spitzen Zwergenzähnchen, mein tief empfundenes Mitgefühl! - auch ich schrumpfe "in "Stuhllage" zur Zwergin.

Naheliegende Grüße,
Moja

 EkkehartMittelberg (24.02.20)
Hallo Moja., die Kamine sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Früher gestatteten sie nur Nikoläusen in ihnen festzusitzen.
Ich habe deinen Sinn für Komik entdeckt.
Liebe Grüße
Ekki

 FrankReich meinte dazu am 25.02.20:
Nikoläuse, Ekki? Sind das nicht die, die immer so entsetzlich jucken?
Ciao, Frank

 Moja meinte dazu am 25.02.20:
Lieber Ekki, Dir kann ich nur beipflichten, die guten alten Zeiten sind hin, fürwahr!

Wer Bild-Zeitung liest - wie in diesem Fall, sollte sich nicht wundern, wenn's juckt, Frank!

Dank Euch beiden,
heitere Grüße,

Moja
aliceandthebutterfly (36)
(27.02.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Moja meinte dazu am 27.02.20:
Vielen Dank für Deinen Kommentar und die Empfehlung, Stefanie.
Gefällt mir, was Du über Euer kleines Dorf schreibst und die friedliche Atmosphäre dort.

Liebe Grüße,
Moja
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram